Rakshazar, das Riesland, für DSA. Das Eherne Schwert – Götter- und Drachenberge

 

Götterberge – Die göttergezogene Grenze

 

Infobox

Grenzen: Eisberge, die Hohen Therau und Cromors Firnwälder im Norden, das Ödland und das Tal der Klagen im Osten, der Unbezwingbarer Ozean im Süden, Bornwyn und Ifirns Ozean im Westen.

Landschaft: höchste Gebirgsmassive Aventuriens und Rakshazars, bis zu zwölftausend Schritt hoch, unwirtlich und lebensfeindlich.

Klima: ganzjährig kühl, eisig kalt mit starkem Niederschlägen in den Höhen.

Bewohner: Blaue Mahre, Agrim, Brobim, Nivesen, Drachen, Riesen, Trolle, Nedermannen, Weißpelzorks, Hagrim.

Flora: Atan-Kiefern, Fichten, Krüppelkiefern, Schwerttannen, im Frühjahr allerlei Bergblumen, Dimmerflechten in den Höhlen.

Fauna: Steinböcke, Wallbergwidder, Murmeltiere, Hasen, Bergadler, Goldadler, Rote Marane, Riesenalken (gelegentlich), Drachen, vor allem Horndrachen, Gletscherdrachen und Lindwürmer (selten), Schneelaurer, Mantikore, Chimären (sehr selten)

Städte: Feste Mornfest, Riesenstadt Sumutul

Besondere Orte: Tore im Eis, das Reich der Blauen Mahre, der Sternenhang, Korrun

Handel: Die Riesen handeln untereinander und mit den Trollen mit Edelsteine und Sklaven

Mysteria et Arcana: der Mammutfriedhof, die Gebeinbrücke von Tar’Belosh, die Dämonenzitadelle, Schlachtfeld von Korrun, die Reste der alten Riesenstraße, Lonriäs Eiskristallpalast, Hinterlassenschaften alter Zeiten

 

Thema der Region

„Der wichtigste Gedanke auf dem Gipfel gilt dem Weg runter“

Firunhold A. Maßner

 

 “Ich bin Hasso Perloff, Geselle Ingerimms und hier endet Eure Reise, ihr Frevler! […] Denn sie ist ein Frevel wider den Willen des himmlischen Schmiedes! Wisst Ihr nicht, dass er einst sein Schwert niederfahren ließ, um die Kinder Aventuriens vor den Schrecken des Namenlosen, die in den Öden im Osten warten, zu schützen? Jeder, der es wagt, sein Reich zu betreten, ist dem Untergang geweiht, und auch Ihr seid verdammt, wenn Ihr’s wagt, auch nur einen Fuß auf die Gletscher, die meines Gottes Schwert überziehen, zu setzen! Brennen sollt Ihr […]”

— Neuzeitlich

 

„[…] hat Br‘m‘l uns unter das Schwert geführt, nachdem unsere Brüder uns ausgestoßen hatten! Unsere schwächeren Brüder blieben zurück, schafften es nicht hinüber! Wahrscheinlich graben sie noch immer wirre Schächte in die Tiefe und verehren Ankroju! Wir aber wandten uns anderen Mächte zu und machten sie uns untertan, zu unseren eigenen Bedingungen!

Deshalb graben wir, um ihnen einen Weg an die Oberfläche zu bahnen! Deshalb verachten wir die Irrogliten, in ihrem Irrglauben, Ankrojus Gnade herbeibeten zu können, indem sie um Vergebung betteln! Wir erniedrigen uns nicht, sondern pressen den Bergen und der Welt unser Recht ab!“

— Der Erleuchtete Cendradraschlosch, Predigt am Firnkalten Höllenschlund

 

Die Götterberge sowie die Drachenberge, die den südlichen Teil des Gebirgsmassivs bilden sind eine Weltengrenze. Kaum ein Aventurier hat es je über die Berge geschafft und seit dem zehnten Zeitalter, als Riesen, Trolle, Orks und andere Ungeheuerlichkeiten dem Ruf eines finsteren Gottes folgten, das Gebirge überquerten und in Aventurien einfielen, hat auch kein Rakshazarer mehr die Berge überschritten. Weder die Aventurier noch die Riesländer verfügen über ausreichend entwickelte Technik oder fortschrittliche Magie, um die Grenze zu überschreiten. Zudem steht Überquerungsversuchen auch göttliches Wirken entgegen. Nicht umsonst gilt es auf beiden Seiten der Berge als Götterfrevel, das Gebirge überwinden zu wollen. Und doch… immer wieder wagen einzelne Individuen einen Überquerungsversuch, denn derjenige, der es schafft findet auf der jeweils anderen Seite (je nach örtlichen Legenden) das Paradies (Nivesen), das Reich der Theaterritter (Bornländer), Reichtum und Glück (Norbarden), das Heilsland Bornwyn (Cromor) oder die liebe Verwandtschaft (Riesen).

 

Das Auftürmen des Ehernen Schwertes

 

 

»Und es waren Zeiten, in denen ein Kampf und Gemetzel mit dem Lande der Riesen herrschte, ein Krieg so erbittert und verheerend, dass unzählbar war die Zahl derer, die schon vor das ehrwürdige Väterchen Angrosch hatten treten müssen. Doch Dieser ließ die Sterblichen gewähren, denn es war Ihm recht, was sie taten. Doch siehe, aus dem Lande der Riesen kamen Dämonengezücht und der Untoten viele, zu fechten in der Schlacht. Und es geriet Angrosch so in Zorn ob dieses Frevels, dass Er diesem unheiligen Kampfe ein Ende zu setzen trachtete. Da entschied der Herr der Gebirge und Felsen, einen Wall aufzutürmen, der ewiglich würde verhindern das Geschlachte der beiden Völkerscharen. Und Angroschs Tag kam, zu erschaffen ein Werk strahlend so hoch über allen anderen Dingen, so unermesslich weit von aller Vorstellung. Groß war die Anstrengung, doch nimmer verzagend schuf Er das größte und erhabenste der Gebirge, das je ein Angroscho geschaut. Klingengleich spaltete es die Landmassen und setzte dem Zwist ein Ende. Gottgewollt ist also die Teilung der Welt.«

— aus Der Weltenschmied, dem heiligen Buch des Angrosch; Xorlosch (Zitiert naach “Rauhes Land im Hohen Norden”, grüner Band, S. 15.)

Zu den Götterbergen siehe Dnalors Blog unter der URL:
https://dnalorsblog.wordpress.com/2016/01/20/werkstattbericht-die-goetterberge/ .

 

Im Riesland bemühte sich der Namenlose gegen Ende des Zehnten Zeitalters um eine neue Armee, um erneut gen Aventurien ziehen zu können. Jetzt, wo alle Feinde geschlagen waren und vor allem mit Tie’Shianna die letzte Elementarstadt der Hochelfen gefallen war, schien der Weg in die Sala­man­der­­steine ein Kinderspiel zu sein. Doch wiederum hatte er die Rechnung ohne Marhyna gemacht, denn diese hatte im zurückliegenden Krieg begriffen, worum es dem Widersacher eigentlich ging. Als sie es den Göttern eröffnete, fassten diese den Entschluss, das Riesland von Aventurien und den anderen derischen Kontinenten zu separieren.

Damit der Widersacher nie wieder seine Truppen über das Eherne Schwert nach Aventurien senden könne, beschlossen die Götter, das Kalkgebirge in eine unüberwindbare Barriere zu verwandeln. So erging der Befehl an den Drachen Fuldigor, dieses Vorhaben auszuführen, dem zu diesem Zweck eigens vom Elementarherren des Erzes der Erzschlüssel ausgeliehen wurde. Mit seiner Hilfe wirkte Fuldigor ein Ritual, durch welches das gesamte Gebirge derartig zusammengeschoben wurde, dass seine Gipfel in unglaubliche Höhen gedrückt wurden. Nach rund einhundert Jahren war der Prozess, in dessen Rahmen das Tal der Klagen entstand sowie die Riesenstraße, die Feste von Karmador und die Städte der Drachen im Ehernen Schwert zerstört wurden, abgeschlossen. Die Hoffnung der Götter, dass dadurch auch die Dä­mo­nen­zi­tadelle vernichtet werden könnte, erfüllte sich aber nicht. Daher erging an Fuldigor die Weisung, im Ehernen Schwert zu bleiben und die Zitadelle zu bewachen. Auch den Seeweg versperrten die Götter mit Stürmen wie Gebelaus und Kauca, ungünstigen Strömungen und Monstren. Erneut tobte der Namenlose voller Zorn, denn von nun an war seinen Truppen der Weg nach Aventurien versperrt.

 

Die Überlieferung der Goblins

Ob sich auch die goblinische Überlieferung auf diese Ereignisse bezieht, ist zumindest fraglich. Wahrscheinlicher ist, dass die Legende auf eine Zeit vor dem Auftürmen des Schwerts auf seine heutige Höhe datiert.

“[…] vor langer Zeit waren Mailam Rekdai, die Mutter Sau, und ihr Gefährte Orvai Kurim, der Herr der Jäger, noch nicht alleine, so wie heute. Damals schlich das Böse, das […] Nacka Rachti, um den Rand der Welt, und wollte Mailam Rekdais Weisheit finden und verschlingen. Doch die Große Mutter und ihr Gefährte waren stark und klug, und sie kämpften gegen das Böse! […] Und der Herr der Jäger nahm einen Felsen, größer als jedes Haus, größer als jeder Berg, und schlug ihn dem Bösen auf den Fuß, und wie er fiel, da spuckte Mailam Rekdai ihm in die Augen, so dass er nichts mehr sehen konnte. […] Dann türmten sie Steine über Steine, so viele wie sie tragen konnten, und begruben das Böse darunter… für immer […]”

— Goblinsche Weise über die Entstehung des Ehernen Schwerts (zitiert nach Drachenchronik 2 – Handouts)

 

»Anscheinend glauben die Wildschweinreiter, dass es früher neben ihren beiden Götzen Mailam Rekdai und Orvai Kurim noch das Böse, eben ‚Nacka Rachti’ gab, das in einem welterschütterndem Kampf von eben jenen Mailam Rekdai und Orvai Kurim besiegt worden war und, um es auf ewig unschädlich zu machen, mit den Felsen des Ehernen Schwertes ‚begraben’ wurde. Aber ‚Nacka Rachti’ lebe immer noch und versuche, vermittels seines Speichels die Felsmassen aufzulösen und abzutragen, auf dass es eines Tages befreit sein werde.«

— Die Goblins der Roten Sichel sind die letzten, welche diese Sage noch kennen. Ihre marodierenden Brüder haben, wenn überhaupt, weitestgehend die menschlichen Erklärungen übernommen. (Zitiert nach “Rauhes Land im Hohen Norden”, Grüner Band, S. 15.)

 

Im Goblin-Glauben heißt das personifizierte Böse Nacka Rachti. In den Namenlosen Zeiten sollen Imithridai (Mithrida) und Suukram (Sokramor), Töchter von Mailam Rekdai, von diesem Bösen ermordet worden sein. Mailam Rekdais Tränen, so heißt es weiter, seien eins geworden mit dem Blut ihrer Kinder, und ihre Kraft eins mit deren Körpern. So seien ihre Kinder zu den lebenden Bergen geworden, die noch heute die Heimat vieler Goblins sind, zur Gelben und zur Roten Sichel.

Die Sage berichtet, Nacka Rachti sei von Orvai Kurim und Mailam Rekdai erschlagen und unter dem Ehernem Schwert begraben worfen, wo es mit seinem Speichel die Felsmassen auflösen wolle, um sich dereinst zu befreien. Wenn damit nicht schlicht der Dämonenbaum gemeint ist, der auch diesmal unzerstört blieb und noch immer als Dämonenzitadelle über die Gipfel hinauswuchert, könnte sich hinter dieser Vorstellung ein Hinweis verbergen, dass sich unter dem Ehernen Schwert ein Teil des Omegatherions befindet. Manch Eingeweihter nimmt an, dass mit dem Bösen der Namenlose, eins seiner herausgerissenen Körperteile oder einer der Buchstaben des verlorenen Namens des Widersachers bezeichnet wird.

 

Die Schlucht der Madalosen Nacht

Genauso ist möglich, dass hier der Erzdämon Belshirasch in die Glaubenswelt der Goblins Einzug gefunden hat. Immerhin entspringt der nach seinem Alternativnamen bzw. seiner Domäne benannte verfluchte Fluss Nagrach in der Schlucht der Madalosen Nacht tief im Inneren des Ehernen Schwerts. Es handelt sich um eine tiefe Klamm, die auf einer direkten Geraden östlich von Bjaldorn liegt, drei Tagesritte praios- und zwei rahjawärts von Notmark entfernt. Sie ist so tief, dass weder Sonnen- noch Mondlicht auf ihren Grund scheinen, und gilt als dämonisch verfluchtes Gebiet, das womöglich über eine Pforte des Grauens mit Nagrachs Domäne verbunden ist. Der Fluss tritt an Umdoreels Fall, einem mächtigen Wasserfall, aus einem schroffen Fels von schwarzem Marmelstein, welcher den Rand der Schlucht markiert, aus und stürzt sich über hundert Schritt in die Tiefe.

 

Bjaldorn. Verwendung des Bildes geschieht mit freundlicher Genehmigung durch Ramona von Brasch

 

In Überlieferungen wird dieser Ort so oder so ähnlich beschreiben: “So wunderschön er anzuschauen sein muss – vielschrittlange Zapfen, herabtropfende Stalaktiten, emporwachsende Stalagmiten, schillernde Brücken, fein gedrechselte Säulen, gleißende Gewölbe, hauchzarte, filigrane Figuren, wo das wirbelnde Nass im sprudelnden Fall gefriert, und all dies aus Eis, dazu wallende Nebel, da das kristallene Wasser sprüht, und über alldem ein farbenfroher Tsabogen –, so böse ist seine niederhöllische Seele! Wüchse nicht Tsas schillernde Himmelstreppe, über die Mond für Mond Ifirns Schwanentöchter nach Dere herabsteigen, um die Bosheit des Flusses zu bannen, so wäre seine Wesensart noch viel heimtückischer. Bevor aber der namenlose Fluss an jenem Wasserfall in die Tiefe stürzt, fließt er verborgen vor dem Antlitz der Götter und Menschen tief unter dem Fels, was auch gut ist, denn sein Quell entspringt noch viel höher und weiter im Ehernen Schwert: entspringt am Ende jener lichtlosen schwarzen Schlucht, die sich so tief hinabfrisst zwischen zwei gewaltigen Berggipfeln, dass weder Praios‘ noch Madas Auge ihren Grund jemals zu erblicken vermochte, und die wir darum die Schlucht der Madalosen Nacht nennen.” (Zitiert nach dem Roman “Steppenwind” von Niels Gaul.)

Weitere Flüsse, die ihren Ursprung im Gebirge finden, sind der Brograch und der Sempl, zwei Nebenflüsse des Walsach.

 

Mythen über das Eherne Schwert

Ganz gleich, wie die goblinische Überlieferung zu interpretieren ist, das Schwert verwandelte sich vor mehr als dreitausend Jahren in eine unüberwindliche Barriere. Kaum ein zweiter Landstrich Aventuriens oder Rakshazars wurde so reich mit Mythen, Sagen und Legenden bedacht wie das gewaltige Gebirgsmassiv, hinweg über alle Völkergrenzen. Den meisten Erzählungen ist gemein, dass es das Ende der bekannten Welt markiert, nicht überquert werden darf und auf der anderen Seite bestenfalls Wahnsinn, Tod und Verderben lauern. Viele Riesländer denken diesbezüglich kaum freundlicher über ihren jenseits der Weltengrenze gelegenen Nachbarkontinent im Westen, als es Aventurier über Rakshazar tun.

Nicht alle Sagen beziehen sich bloß auf die Unüberwindlichkeit des Gebirges. Das unwirtliche und weithin menschenleere Areal bietet reichlich Anlass zu Spekulationen über Mysterien und Geheimnisse, die man dort vermutet. Gern erzählt man von vergessenen Tälern, in denen schieres Gold auf dem Boden liegt oder die Erzdämonen tanzen, so wie im dämonischen Tal der Rache. Manche Legenden postulieren unzugängliche Hochlande mit geheimnisvollen Völkern, andere einen sagenhaften Mammutfriedhof, auf dem so viel Elfenbein zu finden sein soll, dass nicht einmal Stoerrebrandt genügend Wagen hätte, um diesen Schatz abzutransportieren, könnte man den Ort nur entdecken. Wie es die behaarten Verwandten der Elefanten geschafft haben sollen, mit ihren gewaltigen Körpern das unzugängliche Massiv zu überqueren, darüber schweigen sich die Berichte aus. Eventuell gehen sie auf Zeiten zurück, als das Schwert noch ein Drittel seiner heutigen Höhe aufwies und deutlich zugänglicher war. Phantastisch mutet auch die Erzählung über den Edelsteingarten des Gnomenkönigs an, der tausend Meilen unter dem Schwert liegen soll, nahe dem ehernen Herzen der Welt. Der See der blauen Salamander ist ebenfalls unbestätigte Legende.

 

Shanasala und Tuluum

Nachweislich existent ist Sanasala, ein Eispalast Firnelfen. Er ist vor über 5.000 Jahren nach der Eroberung des Himmelsturms durch Pardona in einer Schlucht des Ehernen Schwerts als Zufluchtsort der Firnelfen erbaut worden und wird heute von der Lichthüter-Sippe bewohnt, einer der größten Firnelfensippen. Der Begriff Shanasala entstammt dem Isdira und bedeutet Heimat der Lichter.

Ebenfalls nachgewiesen ist das Bestehen des Goblindorfs Tuluum (“schützende Hecke”) in einem durch einen benachbarten Feuerberg aufgeheizten Tal im Westen des Gebirges.

 

Die Dörfer im Vorgebirge

Andere Orte, die das Auftürmen des Ehernen Schwertes überstanden oder sich dadurch überhaupt erst herausgebildet haben, sind deutlich greifbarer. Beginnt man die Reise im Süden auf der aventurischen Seite des Gebirges, muss man zunächst die Vorberge des Ehernen Schwerts passieren, die leicht die Höhe der irdischen Alpen erreichen. Hier gibt es einige menschliche Siedlungen. Die Dörfler leben vor allem von dem, was sich der kargen Landschaft abtrotzen lässt, von der Jagd auf Niederwild und vom Abbau der reichhaltigen Bodenschätze des Gebirges, darunter Eisenerz, Kupfer, Marrmor, Mindorium, Obsidian, Schwefel und Zinn.

Ein typisches Bergdorf im Ehernen Schwert besteht aus einer Handvoll niedriger Steinhäuser, deren Flachdächer man mit kleinen Felsbrocken beschwert, damit die Winterstürme die Hütten nicht abdecken, oder, wie manch unverschämter Südländer behauptet, der Mief im Inneren nicht die Decke anhebt. Ziegen, Schafe und die wenigen Gepürgsküh werden gemeinsam mit den menschlichen Bewohnern in den Behausungen untergebracht. Zwar gibt es einen Stall, der aber nur durch eine einfache Bretterwand vom Wohnraum getrennt wird. Sofern es überhaupt Fenster gibt, sind diese klein und können nur durch Läden verschlossen werden. Glas gibt es hier oben keines. Türen werden mit schweren Riegeln gesichert, da sie der Sturmwind ansonsten aufdrücken würde.

Viele Dörfler arbeiten in den Bergwerken. Nach dem Durchqueren des Vorgebirges bildet eine Notmärker Mine den ersten Anlaufpunkt. Hier werden Kupfer und Zinn abgebaut. Im Brograchtal bricht man außerdem Marmor. Dort finden sich nicht selten merkwürdige Einschlüsse, zu Stein gewordene Feuersalamander und Erzkäfer, die bei der Entstehung des Gebirges ihr Leben ließen. All paar Jahrzehnte werden im Marmor versteinerte Kreaturen aus dunkelster Vorzeit gefunden. Anscheinend hat hier eine elementare Katastrophe Wesen gefangen, die an Schlangen oder Skorpione erinnern, aber auch gewiss menschenähnliche Züge aufweisen. Nördlich der Bograchquelle gehen Schwefelbrecher ihrem Tagwerk nach.

Die Erträge jeglicher Bergwerksarbeit werden an den Grafen von Notmark abgeführt, der besonders mit dem überaus reinen Schwefel aus dem Ehernen Schwert gute Geschäfte mit Alchimisten macht. Für die Bergleute bleibt nur eine karge Entlohnung. Zudem ist ihre Arbeit gefährlich, obschon sich die Bergleute mit Eisenhelmen und ledernem Knie-, Ellbogen- und Schulterschutz panzern. Diese jedoch nützen wenig bei einstürzenden Stollen, wenn tausende Quader Gestein auf die Arbeiter herabregnen. Die Schwefelsammler haben zudem mit ätzenden Dämpfen und Stäuben zu kämpfen, gegen welche selbst die Vermummung ihrer Gesichter während der Arbeit kaum Schutz bietet. Die meisten von ihnen sterben in jungen Jahren an Krankheiten, welche die Arbeit im Bergwerk mit sich bringt. Unter den Bergleuten herrscht der Aberglaube, der frühe Tod durch Siechtum oder Grubenunglücke sei die Strafe dafür, dass sie Sumu vor der Zeit ihre Früchte entreißen. Die meisten von ihnen würden ihre Tätigkeit, die ihnen selbst als frevelbehaftet gilt, nur allzu gerne aufgeben, doch haben sie diesbezüglich kaum eine Wahl.

Schwertprospektoren, die oft dem Volk der Zwerge entstammen, sind stets auf der Suche nach neuen Vorkommen. Sie erhalten von ihren Herren, Grafen, Kaufleuten oder Minengesellschaften, guten Lohn, jedenfalls wenn sie erfolgreich sind. Die Prospektoren sind eine verschworene Gemeinschaft, die ihr Wissen gegen Außenstehende zu schützen weiß. Ihre entfernten Verwandten, die Wilden Zwerge, sind ebenfalls im Gebirge zu finden.

Einige wenige Spezialisten verdienen ihren Lebensunterhalt damit, dass sie die heilkräftige Rinde der Atan-Kiefer sammeln. Ein Stein davon bringt gutes Geld, ist aber auch nur unter erheblichem Aufwand zu ernten. Der Aufstieg zum Fundort allein braucht mindestens einen Tag, und dort steht dann meist nur ein einzelner Baum, dem man nicht all zu viel Rinde nehmen darf, will man nicht, dass er abstirbt und die Quelle damit für immer versiegt. Ein Rindensammler braucht zwei oder drei solcher Fundorte, und er hütet das Wissen über ihre Position eifersüchtig. Dennoch kommt es vor, dass jemand anderer “seinen Besitz” findet und die Ernte einfährt, bevor ihm dies selbst gelingt. Doch selbst, wenn er als erster vor Ort ist, braucht der Abstieg zurück ins Dorf einen weiteren Tag, und dann muss die kostbare Rinde zum Verkauf in eine der Städte Notmark oder Paavi gebracht werden, was eine Reise von wenigstens einer Woche Dauer bedeutet, die ihrerseits nicht ungefährlich ist, zumal manch Räuber versucht, dem Sammler seinen Besitz anzujagen.

Entsprechend bleiben auch die meisten Bergkristallsammler zeit ihres Lebens arm. Nur selten hat einer von ihnen Glück und findet ein Exemplar des firungefälligen Kristalls, das groß und schön genug ist, dass ihm der Verkauf einen bescheiden Wohlstand ermöglicht.

In den entlegenen Waldtälern des Schwerts findet man Pelztierjäger und Fallensteller. Die eigenbrötlerischen Gesellen unterscheiden sich kaum von ihren Kollegen aus dem Stelltoder Kvilltal. Angenehme Konversation hat eine Wanderer bei ihnen nicht zu erwarten. Hinter den Notmärker Minen findet sich ein Jagdlager der Nivesensippe Nuanaä-Lie.

 

Die Reise durchs Eherne Schwert

Geht man weiter, schließen sich zwei Berge an, welche die Notmarker Türme genannt werden und 4.000 Schritt emporragen. Der einzige Bewuchs dieser Region wird bis auf eine Höhe von 1.500 Schritt durch Krüppelkiefern und niedriges Strauchwerk gebildet, jagdbares Wild wird seltener, nur gelegentlich sieht man scheue Gebirgsböcke. Die gewandten, flinken Tiere zeigen sich meist an unzugänglichen Stellen und erklimmen die steilsten Wände schneller und sicherer, als dies ein Mensch könnte. Sollte es überhaupt die Gelegenheit zu einem erfolgreichen Blattschuss geben, ist die Jagdbeute oft nur unter Lebensgefahr zu bergen. Oberhalb der Baumgrenze finden sich kaum noch für Menschen genießbare Kräuter und Beeren, und wenn doch, dann nicht in ausreichender Menge. Verlassen Reisende den Wald, finden sie keine Nahrung mehr und müssen fortan vom mitgebrachten Proviant leben.

Je nach Wetterlage mal unter strahlend hellem Himmel und mal unter düsteren Unheilswolken, stehen hier gigantische Steinriesen Schulter an Schulter. Ein Felsmassiv geht in das nächste über. Auf fast eintausend Meilen erstreckt sich eine karge, felsig zerklüftete Landschaft. Nur in wenigen Tälern speisen Gletscher mit kleinen plätschernden Rinnsalen karges Grün.

Dem Ehernen Schwert entspringt der Drachenodem, ein unregelmäßig auftretender, aber stetiger Wind im Nordosten Aventuriens. Er gilt als einer der Zwölf Winde und weht vom Gebirge aus Richtung Südwest. Wenn er aus den Walbergen heranbraust, bringt er Asche und Brandgeruch mit sich. Die Bauern verstopfen sich dann die Ohren mit Bienenwachs, denn die Legenden behaupten, dass im Heulen des Sturms die Stimmen der verdammten Theaterritter zu hören seien, die auf ihrem Weg ins Riesland scheiterten, und wer ihre Rufe höre, müsse ihnen bis ins eigene Verderben folgen.

Wohl auch dem Drachenodem ist es zu verdanken, dass sich auf einer Höhe von 2.000 bis 3.000 Schritt die Luft bereits merklich kühl präsentiert. Die Atan-Kiefer, eine Krüppelkiefer, die ausschließlich im Ehernen Schwert vorkommt, auch wenn man sie nur schwer von anderen Kiefern unterscheiden kann, wächst erst ab hier. Die Matten gehen in einer Höhe von etwa 2.500 Schritt in niedere Moose über. Der Weg führt vorbei an einem winzigen Dorf mit vier Hütten und 25 Bewohnern, bis man den Pass erreicht, der zwischen den beiden Bergen hindurchführt. Ab jetzt bewegen sich Reisende oberhalb der auf rund 3.500 Schritt Höhe gelegenen Schneegrenze. Der Untergrund besteht aus frischem Schnee, Eisflächen oder nacktem Fels. Das Eis kann Dicken von über hundert Schritt erreichen und ist in aller Regel milchig weiß. An manchen Stellen erscheint es auch so klar, dass man das Gestein darunter erkennen kann, oder gar einen gefrorenen Abenteurer. Von der Eisgrenze aus sind noch etwa einhundert Meilen Luftlinie bis zu den Passhöhen zurückzulegen. Da man dem Verlauf der Täler folgen muss und immer wieder steile Felswände oder tiefe Schluchten den Weg versperren, können daraus leicht dreihundert Meilen tatsächliche Wegstrecke werden. Jagdbares Wild, essbare Pflanzen oder Brennmaterial gibt es nicht mehr, und das Errichten eines Lagerplatzes stellt eine Herausforderung dar.

In der Nähe einer zerklüfteten Felswand, die aussieht, als hätten sich hier Riesen mit Hämmern einen Weg durch den Stein gebahnt, findet sich das Grab des Fendral von Ferdok, der vor sechs Jahrhunderten auf der Suche nach Fuldigors Hort ums Leben kam und 512 BF von der Expedition der Niobara von Anchopal bestattet wurde. Darunter befindet sich eine von Höhlenmenschen angelegte Schädelhöhle. Die Totenruhe der hier Begrabenen wurde durch Niobaras Expedition gestört, sodass hier eine auf Thargunitoths Wirken zurückgehend Präsenz namens Yaq-Hai umgeht und die Schädel beseelen kann.

Die Tagesstrecke, welche Wanderer zurücklegen können, liegt bei optimistischer Schätzung in der Größenordnung von fünf bis zehn Meilen. Ganz abgesehen von der Gefahr, durch eine Wächte, also ein überhängendes Schneebrett, zu brechen und abzustürzen, von einer Lawine begraben zu werden oder schlicht im Schneesturm zu erfrieren, sind das dreißig Tage Marsch durch Eis und Schnee, ohne die Möglichkeit, den Proviant zu erneuern.

Tage später wird die Luft dünn. Das Atmen fällt schwer, wenn es überhaupt noch möglich ist. Körperliche Anstrengung ist so gut wie ausgeschlossen. Von der Höhenkrankheit befallene Reisende reden oft vom Fluch des Ehernen Schwerts, dessen wahre Ursache sie nicht erkennen. Je höher man nun steigt, desto kälter wird es und desto dünner wird die Luft. Die höchsten Gipfel des Schwerts ragen 12 bis 13 Meilen auf, was bedeutet, dass die Pässe in einer Höhe von etwa sieben bis acht Meilen liegen. Im Süden, östlich der Walberge, verschieben sich die Vegetations- und Eisgrenzen ein wenig in größere Höhen, was aber keine wesentliche Erleichterung bringt. Das Gebirge ist in aller Regel nur mit Hilfe eines sehr mächtigen, zauberkundigen Verbündeten, etwa eines Drachen, möglich.

Es drohen Begegnungen mit Nymphen, die in klaren Bergseen hausen, oder Angriffe von Riesenalken. Laut den Chroniken von Ilaris stammen die Riesenalken des Ehernen Schwerts von den Zugtieren gescheiterter Expeditionen aus Uthuria ab. Auch die Fjarninger, die Eisbarbaren des Nordens, könnten dem Reisenden über den Weg laufen.

 

Die Höhle Saäriko

Etwa in Höhe von Eestiva soll eine von den nivesischen Wolfsjägern Saäriko genannte Höhle liegen. Es heißt, dass dort das lodernde Feuer, welches im Gebirge schlummere, an die Oberfläche trete und ein Lavastrom den Pfad in den Berg kreuze. Die Hitze dort sei unerträglich, doch gerade deshalb werde dieser Ort von Nuanaä-Lie aufgesucht, die ihre Kraft beweisen wollen. Die Nuanaä-Lie, die Wolfsjäger, sind ein Nivesen-Stamm des Ehernen Schwertes. Sie sehen sich als Nachfahren Gorfangs und leben in ständigem Wettstreit nach dem Recht des Stärkeren mit den Wölfen, in welche sich viele von ihnen verwandeln können. Einige der Tapferen, die sich weit vorgewagt haben, berichten, dass man dort auf die Überbleibsel eines alten Feuerkultes stoßen könne.

 

Ingerimms Esse

Zuweilen finden sich Andeutungen, Saäriko sei lediglich der Zugang zu einem wesentlich größeren, lavaüberfluteten Areal, das “Ingerimms Esse” genannt und von mindestens zwei Vulkanen gespeist werde. Die Namensgleichheit mit dem Zwölfgöttlichen Paradies des Feuer- und Schmiedegottes ist dabei kaum ein Zufall. Der Drachenkundige Pher Drodont glaubte, dass die Glut aus Ingerimms Schmiedefeuer stamme. Der Geruch von Asche, Rauch und Schwefel trüben die Luft. Im Vorhof dieser brennenden Hölle sollen Orte zu finden sein, an welchen Gletscher auf Vulkanglut treffen und in dampfenden, kochenden Seen ineinander übergehen, bevor die Vulkane und Magmafelder das Weiterkommen fast unmöglich machen. Hier, am Übergang zwischen den Elementen, spielen sich unheimliche Schauspiele ab, so wie Streitigkeiten zwischen Nymphen und Elementargeistern.

 

Der Sternenhang

Einmal durch den Hochofen des Schmiedegottes hindurch, kommt man bald an den Sternenhang. Dieser ist nicht nach echten Gestirnen benannt wie dem Sternbild Held, das zuerst über dem Ehernen Schwert aufgeht, wenn seine Zeit gekommen ist, auch wenn sich diese seit dem Sternenfall verschoben hat. Vielmehr handelt es sich um einen gewaltigen Geröllhang, bedeckt von schwarzer Asche, auf welchem fremdartige Pflanzen namens Sterndahlien des Nachts ein faszinierendes Lichterspiel bieten.

 

Reste der Riesenstraße

Weiter nördlich wird die “Kohlenpfanne Ingerimms” bald wieder von Firuns grimmen Griff abgelöst. Stürme und stetiger Schneefall, dünne Luft und trügerische Schneeverwehungen legen hier ein nur scheinbar idyllisches Winterkleid aufs Land. Mit Glück kann man auf Überbleibsel der alten Riesenstraße stoßen, die in der Zeit vor Tie’Shiannas Fall über den Drachenpass führte.

Ab hier droht Gefahr durch die Blauen Mahre, die erst nach dem Auftürmen des Ehernen Schwertes in ihre alte Stammheimat zurückgekehrt sind. Ihre neue Heimat A’Tall war drei Jahrzehnte vor Pyrdacors Fall vernichtet worden. Einen anderen Ort, an dem sie sich niederlassen konnten, kannten sie nicht, also gingen sie dorthin, wo sich ihre Wurzeln befinden. Zugleich spekulierten sie darauf, durch die nahegelegene Dämonenzitadelle Rettung und neue Macht zu erhalten.

 

Die Dämonenzitadelle

Die Zitadelle der Dämonen ist aber neben der Letzten Kreatur – der Vielleibigen Bestie – die erste endgültige Waffe des Dämonensultans und größte Bedrohung der gesamten Schöpfung. Denn die grauenerregende Wahrheit ist, dass dieses gewaltige, berggroße Ungebilde nur die oberste Spitze des Dämonenbaumes ist, der sich seinen Weg durch die Sphären bricht.
Denn siehe! Während der Gigantenkriege konnten die Dämonen in die Sphären einsickern. Die Gartenmeister des Dämonensultans, Abyssmaroth, Abyssabel und Abyssandur, legten in der Zweiten Sphäre Widharcals Saat des Bösen. Als sie aufging, wucherte der Dämonenbaum hervor und empor – dort, wo nach Madas Frevel ein Siebtel der Schöpfung ungebunden und zwischen den verbliebenen sechs Elementaren Zitadellen Raum war. Die Götter, Hohen Drachen und Himmelswölfe sahen, wie das Gewächs des Dämonensultans trachtete, die Sphären zu sprengen, und hießen Ingerimm zu handeln. Der Gigant schmiedete mehr als ein Äon lang die bislang gewaltigste Waffe, größer als jede zuvor geschaffene, und nannte sie ‘Kientalka‘ – das Eherne Schwert. Doch indessen war der Dämonenbaum in die Dritte Sphäre eingebrochen. Nochmals vergingen Ewigkeiten, in denen sich um die Weltenwunde Reiche wie das der Blauen Mahre bildeten. Da ließen die Götter mit vereinter Macht das Eherne Schwert habsausen, spalteten den Kontinent und begruben Agrimoths Samen unter dem Erz.
Dennoch war einem geringen Teil der Macht der Niederhöllen bereits Bahn gebrochen. Die Wurzeln des Baumes sind inzwischen in Sumus Herz gedrungen, bis vor das adamantgleißende Bollwerk der Ersten Sphäre, die Stillstand heißt. Die Spitze hat sich während der folgenden Zeitalter um und durch die Waffe gewunden, die sie hemmt. Schon lange ist die Zitadelle der Dämonen nicht mehr nur eine Pforte des Grauens: Sie ist Portal und Schlüssel und Kerker in einem, um Niedere Dämonen, Gehörnte, ja selbst die Erzdämonen zu rufen. In den Schwarzen Landen haben Limbusdurchbrüche die Magie spürbar verändert. Vielfache Durchdringungen haben Teile des Güldenlandes sowie Wajahd und Lahmaria verwandelt und vor die Schwelle einzelner Domänen gehoben. Doch neben dem Riss, den die Dämonenzitadelle seit Jahrtausenden vergrößert, werden all diese Dämonenreiche verblassen. Schon jetzt hat sie die nötige Schwachstelle erzeugt, damit sich Belshirashs Klaue bleibend in Aventurien festkrallen konnte …
Zwölf Gipfelriesen haben die Zitadelle umzingelt, um sie wenigstens großräumig zu zügeln. Zwölf Kraftlinien, die singende ‘Götterharfe’, vereinigen sich hier, darunter die Linie durch Bosparan und Gareth, auf der die Prophezeiung der Dritten Hauptstadt beruht, die Konzilslinie den Flusslauf des Nagrach hinunter ins Regengebirge, die große Schwertader, die Überwalslinie, jene, die die ausgezeichneten Punkte der Grimmfrostöde und des Yetilands bis zum Ifirnspfeiler verbindet, und mehrere riesländische zum Meer der Schatten und nach Marhynia. Der Zugang durch den Limbus wird bewacht durch Abyssmaroth, Abyssabel und Abyssandur, die so einzigartig und unbeschwörbar sind wie alles, was vom Dämonensultan kommt. Für die Götter hielt einer von Praios’ Greifen Wacht bei der Zitadelle, bis ihn Borbarad als Zeichen seiner Machtübernahme tötete. Für die Giganten harren stets ein Himmelswolf aus und der Alte Drache Fuldigor, der weiß, dass im Karmakorthäon, dem Wechsel der Zeitalter, die Dämonenzitadelle stets Ziel von Übergriffen größenwahnsinniger Sterblicher und Unsterblicher wird.
In jedem Zeitalter gelang es nur einer Handvoll Lebewesen, die Zitadelle zu betreten, und die meisten davon gelten als unverwundbar oder unsterblich: Greifen, Sphingen, Jharhra, Srkhrsechim, Leviatanim und Spezies, deren Namen heute keiner mehr kennt. Die Überreste derer, die scheiterten, sind heute Teil dessen, was sich suchten: von innen geborstene Drachenskelette, Trolle, die vorzogen, sich selbst zu versteinern, verkohlte dreizehnbeinige Spinnen und dämonisch enthäutete Shinthr. Alleine die verstreuten Titanenpanzer, Flügelrüstungen, Zauberstäbe und Schlüsselartefakte machten ein Dutzend veritable Drachenhorte aus. In der nördlichen Brecheisbucht wartet ein eisernes Schiff bis heute vergeblich auf zurückkehrende Zyklopen. Die Blauen Mahre und die Necker sind nur noch verblassende Erinnerung der zerschlagenen Reiche an der Grenze zum Riesland und im fernen, versunkenen Lahmaria. Expeditionsflotten güldenländischer Beschwörer fuhren vor über zwei Jahrtausenden in solcher Macht götterhöhend über das Meer der Sieben Winde, bis Efferd einen Dämonenbann darauf legte. Von den Zugtieren gescheiterter Flugschiffe aus Uthuria stammen heute die Schwärme der Riesenalken ab. Im Zweiten Drachenkrieg führte die Riesenstraße das Riesenheer des bestialischen Kazak an der Zitadelle vorbei in den Kriegswahn gegen die Städte der Hochelfen. Und selbst wer beinahe unwissend den wurzelnden Gewölben der Zitadelle begegnet wie der Zwergenstamm Brogar in Brumils Stieg, den Tunneln ins Riesland, fällt der Verdammnis anheim.“

— aus einer neuzeitlichen Abschrift der berüchtigten Chroniken von Ilaris, angeblich in Shafirs Hort unter Verschluss und Bewachung (Zitiert nach “Firuns Atem”, S. 78 f.)

 

Als die Namenlosen Zeiten zurückkehrten, brach der Dreizehnte in den Sternenwall die Namenlose Sternenleere. Er trug die Siebengehörnte Dämonenkrone, als er die Dritte Sphäre zu erobern trachtete, und in seinem Schatten tobten Dämonen sonder Zahl. Abyssmaroth, Abyssabel und Abyssandur drangen bis in die Erste Sphäre vor, die Stillstand heißt. Hier, in Sumus Herz, legten sie die Saat des Bösen. Da sie aufging, wucherte der Dämonenbaum hervor und brach in die Zweite Sphäre, die Feste heißt.
Als die Götter sahen, wie das Gewächs des Dämonensultans trachtete, die Sphäre zu sprengen, hießen sie Ingerimm zu handeln. Der aber schmiedete ein Äon lang eine Waffe, größer als jede zuvor geschaffene, und nannte sie das Eherne Schwert.
Der Dämonenbaum war indessen in die Dritte Sphäre gedrungen, die die Lebende heißt. Die den Erzdämonen Verfallenen stürmten heran, in deren Namen die Welt zu erobern. Da ließ Ingerimm das Eherne Schwert herabsauen, spaltete den Kontinent und begrub unter dem Erz den Dämonenbaum.
Doch einem kleinen Teil der Macht der Erzdämonen war bereits Bahn gebrochen, und Belshirash hetzte zuvorderst heran, seinen Fuß in die Drite Sphäre zu setzen. Und bis heute sind manche Gipfel und gewisse Täler des Gebirges, das wir Ehernes Schwert nennen, überaus geeignet, die Daimoniden – nicht nur aus Belshirashs Reich – zu rufen.

— Aus dem Arcanum, mindestens 1.800 Jahre alt, Urschrift des Hesindetempels zu Kuslik, Übersetzung aus dem Bosparano (Zitiert nach “Rauhes Land im Hohen Norden”, grüner Band, S. 15.)

 

Die Zitadelle, so heißt es, sei von den zwölf höchsten Gipfelriesen des Gebirges umgeben, um sie wenigstens großräumig zu zügeln. Dennoch verschwinde sie in vom Chaos bestimmten Zeitabständen in den Limbus, um nach Ablauf einiger Zeit an einem anderen Ort innerhalb des von den zwölf Gipfeln eingerahmten Gebiets zu erscheinen. In den Schluchten des Ehernen Schwerts kann eine Versetzung um zehn Meilen eine Suche von rund einer Woche bedeuten. Innerhalb weniger Stunden beginnen sich über dem neuen Standort schwarz-violette Wolken zu sammeln, während die Elemente sich zurückziehen müssen.

Bei der Dämonenzitadelle sollen sich zwölf Kraftlinien zur “Singenden Götterharfe” bzw. “Zwölfsaitigen Götterharfe” vereinigen, von der Zitadelle durchbrochen wie eine Lanze, sodass das von ihnen gebildete Netz verzweifelt um seine Weiterexistenz kämpfen müsse. Dazu gehören das Hexenband einschließlich der Überwalslinie, die Konzilslinie, die Schwertader, der Strick des Schwarzen Mannes, die Strobanoff- bzw. Sumpflinie und die Marhynialinie, die einst bei der Hauptstadt des Imperiums endete, wo sich ebenfalls zwölf Kraftlinien – zu Zeiten der Herrschaft des Namenlosen möglicherweise dreizehn – an einem Nodix vereinigten, der beim Kometeneinschlag vollständig zerstört worden ist. Pyriander Di’Ariarchos beschrieb dies 1022 BF als größten ihm bekannten Frevel. Von den ehrwürdigen Kraftlinien bleibe nur eine katastrophale Ansammlung von orthosphärischen Interferenzen, Perturbationen und Rupturen. Schon die Schwarzen Lande, Teile Lahmarias und Wahjads seien an die Schwelle niederhöllischer Domänen gerückt worden, doch das sei kein Vergleich zu dem Riss, den die Dämonenzitadelle ständig vergrößere und dem Erzdämon Nagrach Gelegenheit verschafft habe, sich mit dem nach ihm benannten Fluss eine dauerhafte diesseitige Präsenz zu verschaffen.

Der Zugang durch den Limbus wird von Abyssmaroth, Abyssabel und Abyssandur bewacht, den drei Limbuswächtern aus der Domäne des Heskatet, welche den Dämonenbaum, dessen Spitze die Zitadelle bildet, einst im Auftrag des Dämonensultans gepflanzt hatten. Anzeichen für eine Annäherung an die Zitadelle sind der gelbfettige Nebel Yadhret-Ylam sowie der eisige Sturm Kh’bli. Außerdem soll in ihrer Nähe ein Hain von Arkhobalim wachsen. Für die Götter hielt einer von Praios’ Greifen Wacht, der gegen Ende des Elften Zeitalters von Borbarad als Zeichen seiner Machtübernahme getötet worden ist. Neben Fuldigor behielt außerdem mindestens ein Himmelswolf ein Auge auf die Zitadelle.

In jedem Zeitalter gelingt es nur einer Handvoll Wesen, diesen Ort des Schreckens zu betreten, und die wenigsten von ihnen überstehen die Begegnung mit unbeschädigtem Körper oder Geist. Viele kommen im Inneren zu Tode. Die Lichtvogelexpedition konnte sich im Nachhinein kaum noch an die genaue Begebenheiten erinnern. Sie traf vage Aussagen über monströse Räume, Gänge und Schächte, die jedes weltlichen Vergleichs entbehren, und darüber, dass es sich eher um das Innere eines fleischgewordenen Ungedankens handele als um Geformtes oder Gewachsenes. Raum und Zeit sollen keine Rolle spielen. Von außen wirkt die Zitadelle, als sei sie eine Meile hoch, im Inneren kann ihre Ausdehnung wie tausend Meilen erscheinen, die man binnen weniger Herzschläge überwindet oder für die man einen ganzen Äon benötigt.

Die Zitadelle gilt neben dem Konzil der Geister (eine Wudu-Festung im Regengebirge) und dem Konzil der Elemente (die Drachenfeste Drakonia im Raschtulswall) als eine der Konzilsburgen, bei denen Dämonenbeschwörungen besonders leicht zu bewerkstelligen sein sollen. Entsprechend hat Borbarad hier seine wohl frevelhafteste Beschwörung vollzogen, indem er einen Dämonenschwarm entsandte, um das Auge des Allschöpfers Los, das Ei des Lichtvogels also, zu entwenden. Später residierte hier Pardona mit Gletscherwürmern, die sie planastral begleitet hatten, und nicht einmal ihre Nachalben und Harpyien konnten hier bei klarem Verstand überleben. Nach ihr nahm die Kaiserdrachin Gabijanar die Zitadelle in Besitz.

Hoch oben, im unentwegten Dröhnen und Mahlen des Dämonensturms, liegt die immerwährend keimende Dornenspitze des Dämonenbaums. Unter Erbringung der größten Opfer, die Sterbliche erbringen können, wäre es möglich, sie zu zerstören, und dies würde das Wachstum der Zitadelle für tausend, wenn nicht zehntausend Jahre aufhalten. Doch selbst ein Fuldigor bräuchte dafür sterbliche Werkzeuge, denen die Mächte, die er sich zu bannen anschickt, auf ewig unbegreiflich bleiben müssen.

Die Zwerge aus Brogars Stamm, die zu den Faulzwergen wurden, sollen durch die Dämonenzitadelle verdorben worden sein, als sie den Stollen namens Brumils Stieg gruben, der von Aventurien aus ins Riesland führt, und dabei dem verderbten Ort zu nahe kamen. Auch heißt es, dass in Stollen unter dem Gebirge nach wie vor Brobim leben, Wilde Zwerge, die ebenfalls von Brogar abstammen.

Borbaradianer sprechen von einer Prophezeiung einer Dritten Hauptstadt, die das Zwölfte Zeitalter beherrschen wird. Sie bringen als solche die Dämonenzitadelle ins Spiel, die auf der geographischen Verlängerung der Linie Bosparan bis Gareth liegt.

 

Glaail’Mhuoarr, das Reich der Blauen Mahre

Als den wenigen Blauen Mahren, die im Riesland noch am Leben waren, die Gründung eines neuen Mahrenreichs der Glaail’Mhuoarr an der Weltenwunde zu Ohren kam, pilgerten sie in Scharen dorthin und ließen sich ebenfalls dort nieder. So kommt es, dass es heute im Riesland, abgesehen von den Sonnenanbetern unter dem Yal-Hamat-Gebirge, höchstens noch eine Handvoll der Mahre gibt, wenn überhaupt. Alle anderen leben im Ehernen Schwert. In den Höhlen, wo die Mahre residieren, künden uralte Malereien von der tragischen Geschichte ihres Volkes.

Die Höhlen der Glaail‘Mhuoar sind schummrig, nur mäßig erhellt von grün und bläulich leuchtenden Moosen und Algen. Neben dem steten Tropfen von Wasser und dem Heulen ferner Winde durchbricht nur die leise Sprache der Mahre die Stille, eine Aneinanderreihung von Vokalen, unterbrochen von Knacklauten und Schnalzgeräuschen.

Die Eingänge ins Höhlensystem liegen an den höchsten Hängen und sind für Angehörige anderer Völker nur unter großen Gefahren zu erreichen. Einfache Höhlenmalereien, drei Mahrenköpfe in einem Dreieck angeordnet, einer über den beiden anderen, markieren die Pforten in das unterirdische Reich, welche von den Mahren rund um die Uhr bewacht werden. Breite, natürliche, Gänge führen ins Kavernensystem. Seitlich fächern sie immer wieder in kleinere Nebenstollen auf, bevor sie in eine große Halle münden, welche sicher 200 auf 200 Schritt und 30 Schritt in der Höhe misst.

Schmale, bunt gebänderte Felssäulen stützen den Felsendom, einem bizarren Wald gleich. Gespickt mit Flecken leuchtender Dimmerflechten, in deren Mitte Kristalle glühen, erhellen diese Säulen die Höhle. Viele Nischen und kleinere Grotten haben eine Direktverbindung zur Haupthalle. In ihnen leben die Mahre in kleinen Gruppen.

Jene Korridore, die weiter in die Tiefe führen, enden bald in weiteren Höhlen. Dort werden bunte, pelzige Moose an den Wänden, schwächer leuchtende Algen in undurchsichtig schwarzen, flachen Teichen und bizarre Pilze in feuchten Nischen gezüchtet. Sie alle dienen als Nahrung.

In den abgelegensten, oft länglichen Höhlen verewigen die Mahre Generation um Generation ihre Geschichte in Form von einfachen, aber stetig erneuerten Wandmalereien. Die Bedeutung der ältesten Zeichen und Bildergeschichten kennen sie zwar schon lange nicht mehr, halten sie aber dennoch in Ehren.

Die Jäger der Mahre, welche gleichzeitig als Grenzschützer fungieren, nehmen auf ihrem Weg in die Obere Welt einen Umweg über diese Höhlen. Dabei tauchen sie ihre Hände in Pfützen leuchtender Algen und hinterlassen einen Handabdruck, zur Erinnerung, falls sie nicht wieder heimkehren. Mehr zu den Blauen Mahren ist im Abenteuer „Drachenerbe“, S. 65 ff., zu finden.

 

Fuldigors Hort am Horndrachenthron

Jenseits des Mahrengebiets regiert Fuldigor vom Berg Horndrachenthron aus im Namen der Götter über das Gebirge. Ob neben ihm dort, wie die Legende behauptet, auch der Horndrachenkönig residiert, oder ob es Fuldigor selber ist, der für den Tierkönig dieser Drachenspezies gehalten wurde, lässt sich nicht genau sagen. Die Wohnstatt des Großen Drachen ist einer von zwölf Bergen, welche die höchsten Gipfel des Schwertes bilden. Die anderen heißen Himmelspfeiler, Faust des Nordens, Titanenhorn, Fürstin im Weißen Mantel, Silberherrin, Hohe Wacht, Elfenbeinturm, Sternhöhe, Schimmernder Herzog, Kupfergleißender und Himmels Anfang. Diese Berge umgeben die Dämonenzitadelle und haben als Versuch der Götter, deren Macht einzudämmen, zu gelten.

 

Der Tannenkönig

Das Eherne Schwert ist als einer der Orte im Gespräch, an denen der Baumkönig der Tannen leben soll. Womöglich handelt es sich bei ihm um einen von mehreren Tannenkönigen, die verschiedenen Tannenarten angehören. Es könnte sich zum Beispiel um einen Vertreter der Schwert- bzw. Schwarztannen handeln, die im Gebirge heimisch sind.

 

Der Norden

Schon zum Riesland zählende Orte wie das Schlachtfeld Korrun nebst Efferds Garten, die Stadt der Riesen Sumutul, die Zitadelle der Luft und die Agrimbinge Mornfest, näher beschrieben im Band für die Spielleitung der Spielhilfe Das Tal der Klagen, liegen sehr viel weiter im Norden. Mit Ausnahme Mornfests, das über Brumils Stieg erschlossen wurde, lassen sie sich über die Nordpassage erreichen, welche durch die Tore im Eis und die Heulende Klamm nebst Lonriäs Eiskristallpalast führt.

 

Die Drachenberge

Der wahre Grund, warum die Götter die Kontinente Riesland und Aventurien räumlich voneinander abschot­te­ten, der Kampf um das Sphärenportal von Sala Mandra, ist den weitaus meisten Sterblichen verborgen geblieben. Vielen ist allerdings aufgefallen, dass die Drachen das neue Hochgebirge als idealen neuen Lebensraum für ihre Art erkannten, darunter viele große Drachen wie Kaiserdrachen, Riesenlindwürmer, Gletscher- und Purpurwürmer sowie elementare Drachen des Feuers. Etliche von ihnen bezogen dort Quartier, richteten gut verborgene Horte ein und verzichteten künftig darauf, das Riesland ihrer Kontrolle unterwerfen zu wollen. Entsprechend nennen die Riesländer einen geographisch nicht ganz klar abgrenzbaren Teil des Nordens bzw. Ostens des Schwertes nicht die Götter-, sondern die Drachenberge.

 

Kriege im Ehernen Schwert

Für Rakshazar bedeutete das Auftürmen des Gebirges, dass der uralte Konflikt zwischen Drachen und Riesen, der den Kontinent so lange in Atem gehalten hatte, allmählich abebbte und die beiden urgewaltigen Völker eine nie gekannte Ära relativen Friedens einläuteten. In der Gegenwart sind nur noch die Nordebenen und Teile der Vaestfogg Schauplatz monumentaler Machtkämpfe zwischen den Vertretern der beiden Spezies. Bei den Sterblichen hat dies zuweilen zu der Überzeu­gung geführt, die Götter hätten Drachen und Riesen voneinander trennen wollen. Diese These beruht auch auf der im Detail nicht ganz korrekten Annahme, ein Konflikt zwischen dem Goldenen Drachen der Elemente und den riesenhaften Truppen des Widersachers hätte das Anwachsen der Götterberge ausgelöst. Daraus gingen zahlreiche Legenden und Erzählungen hervor, darunter die von den streitenden Götterkindern Sylyos und Scarte, welche nach dem Hochtürmen des Gebirges Drachen und Riesen in eine neue Ära des Friedens führten:

“Ingror ward beschämt in seinem Versagen, seine Kinder, die ihm unterstanden, vom ewigen Streit zu trennen. Da schickte er Sylyos mit den Drachen gen Westen und Scarte mit den Riesen nach Osten. Er ließ Steine regnen, hundertmal Hundertausende; und ein Wall türmte sich auf, um die Streitenden zu trennen.”

— von Salyim, einem Mystiker aus dem Lager des Propheten

 

Das Motiv von den streitenden Götterkindern findet sich in vielen rakshazarischen Erzählungen, welche die bewegte, oft von Krieg geprägte Vergangenheit Rakshazars spiegeln. Die Legenden halten die Streitenden allerdings nicht zwingend für Ingrors Abkömmlinge. In einer sanskitarischen Schöpfungsgeschichte sind Scarate und Syclos Sprösslinge des Namenlosen:

„Und als das All-Eine sich wand sieben Male, da wurde es Wirklichkeit. Da gebar es aus sich selbst seine Kinder, um die Wirklichkeit mit Leben zu erfüllen. Doch suchten die Brüder und Schwestern des ersten Lebens nicht den Frieden. Sie stritten und kriegten lieber um ihren Eigennutz. Erst nach einem langen Äon der Zeit wurden sie des Krieges müde. Da wurde neues Leben geboren aus den fruchtbaren Händen jener Götter, jene Wesen, Pflanzen und Geschöpfe, die wir heute kennen. Doch schon bald suchten sie erneut den Streit; und fanden ihn mit ihrem erstgeborenen Bruder, den sie verbannten aus ihren Reihen. Seine Schöpfung, seine Kinder – ihm ein Ebenbild –, welche genannt Marmyn, Sumur, Scarate und Syclos, nahmen sie zu sich und tilgten seinen Namen und seine Werke. Chalwayn gab Obhut Sumur, dem Urvater unserer Väter, und schützte sein Leben und das seiner Kinder, bis zu ihrem und seinem Tode durch die Echsenbrut. Unsere Väter und Mütter aber zogen durch die grauen Pfade und flohen vor all dem Grauen, in das fruchtbare Grün Rakshazars.“

— Verbreitete Version der Schöpfungsgeschichte aus Yal-Kalabeth; vermutlich abgeleitet aus einer marhynianischen Variante

 

Mit dem Auftürmen des Ehernen Schwerts fand auch der Krieg des Feuers, der ohnehin nur noch von versprengten Resten der einst so mächtigen Armeen beider Kontinente weitergeführt wurde, sein endgültiges Ende. Als die Trolle erkannten, dass die Riesenstraße der Zerstörung anheimfiel und eine Rückkehr nach Hause bald nicht mehr möglich sein würde, stellten sie den Kampf gegen die Zyklopen und ihre Verbündeten ein und machten sich schleunigst in Richtung Riesland davon. Da der Westen des Kontinents noch immer wüst und unbewohnbar schien, zogen sie zusammen mit anderen Artgenossen auf vielen Umwegen ins Marhamal-Gebirge, das sie wegen seiner Lage am Rand der Aschewüste die Feuerberge nannten, und vermischten sich dort mit den Ascheogern. Schließlich ging aus ihnen das Ge­schlecht der Schwarzen Bergriesen hervor. Deren Anführer war Sjutusch der Jüngere, Sohn seines gleichnamigen Vaters. Die Zyklopen indes kehrten auf die Reste der Zyklopeninseln zurück. Ihre aventurische Heimat war jetzt einstweilen sicher vor den Invasoren aus dem Osten.

In einem apokryphen Zusatz namens „Von der Zyklopenzeit oder Feuer versus Wasser“ zu den Annalen des Götteralters wird das Auftürmen des Ehernen Schwertes nebst dem Krieg des Feuers wie folgt geschildert: „Und so hieb Ingerimm sein ehernes Schwert in den Grund, dass die Welt erzittere, und dass die Zyklopen auf der einen und die Trolle auf der anderen Seite ob der Erschütterung von SUMUs Leib zu Boden fielen. Und als sie aufblickten – siehe! –, erhob sich ein Wall zwischen ihnen, höher als 3.333 Trolle und höher als 4.444 Zyklopen. Und da sie sich nicht sahen, endeten die Kinder Ingerimms ihre Streitereien. Und die Zyklopen wand­ten sich gen Westen zum Wasser hin und die Trolle wandten sich gen Osten in die Feuerberge, wo sie sich bei den Schwarz-Ogern Weiber nahmen. So aber entstand in zwölf mal zwölf mal zwölf Jahren das Geschlecht der Schwar­zen Bergriesen und Sjutusch ward‘ ihr Anführer.“ (Zitiert aus der „Geographia Aventurica„, S. 98.)

 

Die Truppen des Namenlosen

Der Widersacher indes platzierte künftig seine Truppen entlang der gesamten Ostgrenze der Götterberge, wie man weite Teile des Ehernen Schwerts im Riesland nunmehr nannte: Im Tal der Klagen, im Ödland(t), in Cromor, und natürlich in seinem Heiligtum Astana, stets darauf lauernd, eine Passage über das Gebirge zu finden, um endlich das Portal von Sala Mandra einnehmen zu können, und um die Drachen der Götterberge und der Drachenberge aus Rakshazar fernzuhalten.

 

 

Tore im Eis

 

 

Hoch im Norden, wo Ifirns Ozean praktisch ganzjährig gefroren ist, erreichte einst die Seefahrerin Efferdane Süderstrand aus Brabak eine Bucht östlich der Bäreninseln, von der aus sie einen Pass entdeckte, der über das Eherne Schwert ins Riesland führt. Auf ihrer Rückfahrt versteckte Efferdane eine Karte mit den genauen Koordinaten dieser Nordpassage ins Riesland auf einer der Bäreninseln. Sie selbst konnte die Fahrt leider nie wiederholen .Bei ihrem zweiten Versuch kenterte ihr Schiff in einem Sturm bei Havena.

Das erste Abenteuer der Anthologie “Auf blutigen Pfaden” behandelt die namensgebenden “Tore im Eis”.

Von den aventurischen Bäreninseln hart gen Firun schälen sich aus Schnee und Nebel riesenhafte Gestalten. Sie tragen Knüppel, welche sie sie scheinbar erbost gegen Fremde aus dem Westen schwingen. Erst beim Näherkommen zeigt sich, dass es sich um frostüberzogene Felsformationen handelt, die echten Riesen nur ähnlich sehen. Vielleicht sind es Denkmäler, vielleicht Warnungen, oder es handelt sich um gefrorene Krieger aus einer anderen Zeit.

 

Die Heulende Klamm

Hinter ihnen öffnet sich eine Schlucht im Götterwall, eine fast ebenerdige Flucht quer durch die Berge links- und rechtsseitig, fast wie eine Straße: Das Tor der Welten. Fast einhundert Meilen reicht diese Heulende Klamm ins Gebirge, bevor sie an einem seit Urzeiten vereisten Wasserfall endet. Ihn zu erklimmen ist ein Kampf, der Stunden oder Tage dauern kann.

Auf der Oberseite des Eisfalls führt der ebenso gefrorene Fluss, welcher ihn einst speiste, bis nach Efferds Garten oder Korrun, wie die Gegend in Rakshazar genannt wird. Viele Gletscher ragen in den vereisten Flusslauf. Sie zu erklimmen ist der beste Weg, die Reise fortzusetzen. In den Tiefen der Heulenden Klamm nämlich toben ganzjährig Schnee- und Eisstürme. Östlich der Klamm liegen zwei Täler. Eines ist von nivesischen Nuanaä-Lie bewohnt, das andere von Agrimoth verflucht. Ein nur auf den ersten Blick einladendes Wäldchen lockt Fremde in eine Falle von aggressiver, tödlicher Flora und Fauna. Sogar der Berg selbst bildet gigantische, steinerne Tentakel aus.

 

Lonriäs Eiskristallpalast

Im Herzen der Heulenden Klamm schützt die Hochelfe Lonriä mit Hilfe von zwei Dutzend Eisfeen, die in ihren Diensten stehen, das Land vor namenlosen Umtrieben. In mehr als fünfhundert Jahren sind Körper und Geist der Elfe zu Eis gefroren, Einsamkeit und Langeweile treiben sie um. Eindringlinge in “ihre” Klamm hasst sie außerordentlich. Sie schickt Schneestürme, Eisregen, Dschinne oder ihre Eisfeen gegen unwillkommene Besucher aus. Wer allerdings ihre Prüfungen besteht und bis ins Herz ihres Reiches vordringt, der findet dort ihren kristallenen Palast.

Dort soll es möglich sein, sie zu besänftigen. Sie schätzt elfische Artefakte und rahjagefällige Angebote. Allerdings soll bisher noch kein Normalsterblicher das Liebesspiel mit der Eiskönigin lebend überstanden haben. Wer dieses Opfer bringt und überlebt, so erzählen die Legenden, dem schenke sie ihre Gunst. Sein Weg werde einfacher werden, die Stürme abflauen und Eisfeen den Wanderer mit Köstlichkeiten versorgen.

 

Das Schlachtfeld von Korrun

Korrun ist eine weitläufige Region, die hauptsächlich das Tal der Riesen und Efferds Garten umfasst. Im Zweiten Drachenkrieg stellten Hochelfen und Drachen die Horden des Aikar Kamesh in einer Klamm nahe Korrun. Skelettierte Schädel markieren das uralte Schlachtfeld: Drachen, Trolle, Elfen und vor allem Orks sind hier gefallen. Viele Riesen versteinerten, andere zerfielen zu Staub, von einigen wenigen sind nur noch die Knochen geblieben.

Ein Pfad führt zu einem Riesenschädel, welcher am Eingang der sehr engen Klamm liegt. Der Boden der Schlucht ist mit Knochen und Waffenbruchstücken übersät. Am Ende der Klamm thront ein Orkskelett auf den Überresten einer unbekannten Bestie. Dies ist die Ruhestätte des Aikar Kamesh, der dem namenlosen Gott und Kazak watet-in-Blut diente. Er war es, der einst Weiß- und Schwarzpelzorks aufstachelte, und sein Erbe ist noch heute für Glaubenskriege innerhalb der Orkvölker verantwortlich.

Donarikrieger bewachen noch heute dieses Schlachtfeld, denn dämonische Winde und eine sich immer wieder in der Nähe materialisierende Dämonenzitadelle erheben auch heute noch gelegentlich die Leichen der Kämpfer zum Unleben. Sogar der Aikar Kamesh selbst soll sich alle dreizehn Jahre wieder regen, um seine lange verstorbenen Krieger aus ihrem Todesschlaf zu wecken und wieder in den Krieg zu führen.

 

Rondorrun, das Tal der Riesen

Mitten in den Drachenbergen liegt als ein Teil von Korrun ein gigantisches Tal, welches das Auftürmen des Ehernen Schwerts nahezu unbeschadet überstanden hat. Das alte Schlachtfeld liegt nicht weit entfernt, jener berüchtigte Ort, an dem während des Zweiten Drachenkriegs zahlreiche Riesen, die Nachschub und Versorgung der Goldenen Horde sicherstellen sollten, in einen Hinterhalt der Drachen und Elfen gerieten und getötet wurden. Die Ausläufer des Kampfes reichten bis ins Tal hinein. Die Kräfte, die dabei entfesselt worden sind, waren dermaßen gewaltig, dass das Tal noch viel tiefer in die Berge hineingefräst wurde.

Nachdem der Krieg des Feuers ein Ende fand und Aldinor den Frieden zwischen Drachen und Riesen erzwang, traten die beiden so lange verfeindeten Völker in zähe Verhandlungen ein. Besonders der bereits damals uralte Riesenzauberer Surtamar bestand darauf, dass Rondorrun im Besitz seines Volkes bleiben sollte. Er sah darin eine Chance, den Einfluss der Riesen bis weit in das von Drachen dominierte Gebirge auszudehnen und zugleich eine Pufferzone zwischen der Drachenmacht und dem Riesland zu schaffen, welche die Schuppigen dauerhaft aus Rakshazar fernhalten sollte. Am Ende setzte sich Surtamar durch. Rondorrun wurde den Riesen zugesprochen und von ihnen in Besitz genommen. Den Drachen ist es seither verboten, sich hierher zu begeben.

Danach kümmerten sich einige riesenhafte Zauberer unter Surtamars Führung und zahllose Helfer darum, das Tal wieder aufblühen zu lassen. Die versteinerten Riesen ließen sie als ewiges Mahnmal dort stehen, wo der Tod sie ereilt hatte. Die Knochen wurden in Gebeinhöhlen bestattet. Die Riesen verbanden das Tal über weitläufige, teils natürliche, teils künstlich angelegte Höhlenkomplexe mit Sumutul. Mächtige Magie, die Aspekte der Verwandlung von Lebensformen und der Heilung beinhaltete, verwandelte es in einen prachtvollen Garten voll von blühendem Leben.

Seither ziehen sich die Riesen zum Entspannen hierher zurück. Sie genießen die Ruhe, auch geben sie sich wesentlich hemmungsloser als im restlichen Riesland ihrer Sexualität hin. So kommt es, dass die meisten der überaus seltenen Schwangerschaften riesländischer Riesinnen an diesem Ort ihren Anfang finden. Zudem kommen die Frauen hierher, wenn die Zeit zum Gebären naht.

 

Efferds Garten

 

 

Auch das weitläufige Areal, welches “Efferds Garten” genannt wird, gehört zu Korrun. Seine geographischen Grenzen bilden das Tor der Welten und das Zwischengebirge im Norden, das Eherne Schwert bzw. der Götterwall im Süden, das Gebiet von Mornfest im Südosten, das Tal der Riesen, Sumutul und der Jagdgrund (eine bewaldete Ebene) im Osten und Nordosten sowie das Eherne Schwert im Westen.

Der Name “Efferds Garten” rührt daher, dass der Großteil des Areals durch ein riesiges Süßwasserbinnenmeer bedeckt ist, welches von den großen Gletschern im Westen gespeist wird. An den Gebirgshängen gibt es etliche Geysire. Vulkanaktivität lässt immer wieder kleinere Inseln entstehen, die nach und nach von Gras und Gestrüpp bewachsen werden und Vögeln oder Drachen als Nistplätze dienen. Letztere bevorzugen dabei Gegenden mit noch aktivem Vulkan. Am West- und Südrand findet sich spärliche Vegetation, darunter Latschenkiefern, Almgras und Atan-Kiefern. Auf dem Jagdgrund im Osten wachsen Tannen, Gingko, Föhren und Lärchen. Der Jagdgrund im Norden entspricht einer nördlichen Tundra, wie man sie auch in Aventurien findet.

Dank der Vulkane und der geschützten Lage ist es um den Ingerimm-Monat, also im Sommer, hier angenehm kühl mit Durchschnittstemperaturen von etwa 15 Grad. Im Winter ist es dagegen eiskalt und schneereich. Mitte Firun friert das Binnenmeer weitestgehend zu, nur im Zentrum bleibt es eisfrei.

Die Fauna ist eine bunte Mischung aus der bekannten aventurischen Tierwelt, darunter Mammut, Mastodon, Höhlenbär, Höhlenlöwe, Säbelzahntiger, Schneehuhn, Schneehase, Ratten, Murmeltiere, Walbergwidder und Gebirgsböcke, und exotischen sowie riesländischen Tieren, darunter Rieseneichhörnchen, Riesenadler, Wertigore, Harpyien, Horn- und Glutdrachen. Besonders das Ostufer und der Jagdgrund werden oft von Riesen durchstreift. Zudem finden sich Trolle und Yeti, die vor allem im Winter im gesamten Garten anzutreffen sind, im Sommer meist nur im Norden.

Südlich des Meeres, westlich des Jagdgrundes liegt eine Höhle, in der aus dem aventurischen Teil des Ehernen Schwertes eingewanderte Affenmenschen leben. Im vorderen Teil der Höhle lagern die Affenmenschen an drei Feuerstätten, im hinteren Teil der mit farbenprächtigen Materialien verzierten Behausung liegt ihr Knochenheiligtum. Die Neuankömmlinge beanspruchen den Jagdgrund für sich, vor allem der südliche Teil ist fest in ihrer Hand. Die Gruppe besteht aus rund fünfzig Individuen, fünfzehn von ihnen sind erfahrene Jäger und Sammler, einer ein Schamane.

Im Zentrum des Jagdgrundes liegt das Sommerlager der riesländischen Nedermannen, welche im Ehernen Schwert unterwegs sind. Im Sommer halten sie sich meist in weiter östlich gelegenen Regionen auf, wo sich alte Siedlungen befinden sollen, die angeblich auf ihre Vorfahren, die Nederer, zurückgehen. Bis vor wenigen Jahren hatten sie im Winter den Jagdgrund für sich allein. In den Wintermonaten zieht die Sippe, die mit an die vierzig Köpfen ungewöhnlich groß ist, in eine Höhle in den nahegelegenen Bergen. Für die Sippe war es ein wahrer Schock, als sie feststellen mussten, dass Konkurrenz für die Wintermonate in Korrun aufgetaucht war. Anfangs versuchte die Sippe noch, den Neuen aus dem Weg zu gehen, doch seit diese den Schamanen der Sippe ermodeten, herrscht Krieg zwischen den beiden entfernt verwandten Völkern.

Zwischen der Heulenden Klamm und Efferds Garten befinden sich Orte wie das Verfluchte Tal, wo dämonische Präsenz die Landschaft pervertiert, der Wandernde Berg, eine Eishöhle, in der Shakagra über Gletscherwurmlarven wachen, der Schädel eines Riesen, der eine Art Höhle bildet, ein Rondraschrein, einst errichtet von den Theaterrittern, ein in einem Eisblock eingefrorener Elf, eine Region, in der gelegentlich Grolme zu finden sind und Schwarzes Eis. Außerdem sorgt die Nähe der Dämonenzitadelle für das Auftreten von Spuken, Skeletten, Eismumien und anderen widernatürlichen Erscheinungen.

Südlich von Efferds Garten findet sich ein zwergisches Relief mit Szenen aus der Überlieferung der Brogarzwerge (Angrosch als blinder, wahnsinniger Schöpfergott, der Auszug der Zwerge aus Xorlosch, die Ankunft von Brumils Tross in Notmark, ihr unterirdischer Tunnel durch das Eherne Schwert, der Tod vieler Zwerge und die Offenbarung einer von Flammen umgebenen Gottheit mit Widderhörnern. Das Relief markiert einen der Belüftungsschächte des Stollensystems, das die Brogarzwerge unter dem Schwert hindurchgetrieben haben. Zuweilen kann man hier den Agrim Muxorosch antreffen, der seit halben Ewigkeiten versucht, die Geschichte seiner Vorfahren und des Fluchs der Fäule zu erforschen. Er durchforstet die alten Tunnel und Zwergenbingen auf der Suche nach Hinterlassenschaften der Vorfahren, die helfen, Antworten auf seine Fragen zu finden. Aventurier hält er meist für Nordländer oder Sanskitaren. Die alten Schächte an der Belüftungs- und Festungsanlage sind inzwischen zur Heimat von Trogglingen geworden.

Zur den übergroßen Bewohnern der Region zählt der verschlagene Horndrache Pyrii. Er haust in einem Nest, unter dem sich zwei Kraftlinien kreuzen, was seine Intelligenz beflügelt. Dazu gesellt sich der Frostriese Graak, der in einem Tal in der Nähe des Jagdgrundes haust und das Meer gern zum Baden nutzt.

 

Das Gräberfeld im verborgenen Wald von Teren-Dur

Das Gräberfeld im verborgenen Wald von Teren-Dur ist sogar für hiesige Verhältnisse ein mystischer Ort, von dem selbst die meisten Riesen nicht sagen können, ob er existiert oder nicht. Es soll sich um den Austragungsplatz einer seit langem vergessenen Schlacht handeln, in der zahlreiche Riesen den Tod fanden, ersatzweise um einen Ort, an den verstorbene Riesen vergangener Äonen von ihren Angehörigen gebracht worden sind, damit sie dort eine standesgemäße Grabstätte finden. Je nach Lesart werden hier mächtige Waffen, Rüstungen und andere Hinterlassenschaften der Schlacht vermutet oder alternativ wertvolle Grabbeigaben, welche die Riesen ihren Angehörigen mit auf den Weg in die Ewigkeit gegeben haben sollen.

 

Angorhast, die Stadt des großen Schmieds

Noch weniger greifbar sind Geschichten der Riesen über Angorhast, die Stadt des großen Schmieds, die irgendwo in den nordöstlichen Ausläufern des Gebirges liegen oder jedenfalls gelegen haben soll. Sie berichten von einem mächtigen Zauberschmied namens Angor, der seinen Artgenossen tödliche Waffen und hervorragende Rüstungen schmieden oder geschmiedet haben soll. Die Erzählungen überbieten sich mit Details, welche magischen Fähigkeiten diese Werke aufweisen, vom Schutz vor jeglicher Art von Magie über mächtige Kampfzauber bis zu einem beinahe dämonisch zu nennenden Eigenleben. Um die stattliche Werkstatt herum soll sich eine ganze Stadt gebildet haben, in der von Angor bezahlte Lakaien sich Tag und Nacht um die Erfüllung all seiner Anforderungen, Wünsche und Bedürfnisse kümmern oder gekümmert haben, finanziert durch den Verkaufserlös seiner Schöpfungen.

Es ist weder klar, ob Angorhast je existiert hat oder womöglich immer noch existiert, noch wo genau es zu finden sein könnte. Im Grunde geben die Legenden nicht einmal eine Aussage darüber her, in welchem Zeitalter der Riese gelebt hat und wann genau die Stadt errichtet worden ist. Das Ganze könnte mehrere Äonen zurückliegen, aber genauso gut könnte Angor auch noch immer dort leben und seiner Arbeit nachgehen.

 

Der Weg nach Sumutul

Man trifft zwischen Sumutul und Korrun in den Bergen auf viele Riesen, und es liegen noch etliche hundert Meilen zwischen den nördlichen Ausläufern Korruns und der Riesenstadt. Allerdings können Teile dieses Weges in – nichtsdestotrotz gefährlichen – Höhlensystemen zurückgelegt werden. Die Berggipfel werden zunehmend niedriger, je näher man Sumutul kommt. Aus zunächst noch hochaufragenden Bergriesen werden mit der Zeit flachere Gebirgsketten von nur noch etwa 7.000 Schritt. Vor Erreichen Sumutuls führt der Weg die Reisenden wieder in Regionen unterhalb der Schneegrenze. Im Norden kann man einen grünen Teppich erkennen, die Firnwälder Cromors, während im Osten eine ebene Einöde bis zum Horizont reicht, über der stets düstere Gewitterwolken donnern.

 

Sumutul – Stadt der Riesen und Ratten

 

 

Jene Riesen, welche in Karmador gelebt hatten, errichteten etwa dort, wo sich ihre frühere, jetzt unter dem Gebirge begrabene Hauptstadt befunden hatte, eine neue Ansiedlung und nannten sie Sumutul. Der Ort liegt seit dem Auftürmen des Ehernen Schwerts in den Ausläufern des Gebirges, nördlich der Drachenberge, in den nordwestlichen Ausläufern des Ödland(t)s.

Die Riesen erzählen sich zuweilen heute noch von den Tagen vor den Veränderungen:

“Meine Großväter Adawadt und Wolkenkopf waren großartig, von Raschtul selbst erschaffen! Früher war da eine Straße, von hier nach dort, aber das ist lange her, bevor die Welt sich wandelte. Aber davon versteht ihr Ratten wenig […]”

— Der Riese Erzbart

 

Mit ihrer alten Festung hat diese Ansiedlung keine Ähnlichkeit mehr. Das heutige Sumutul fügt sich eher harmonisch in die Gebirgsland­schaft ein, und als Außenstehender begreift man zunächst gar nicht, in einer Stadt zu stehen. Es handelt sich um ein großes Bergtal mit etwa zwei Dutzend Seitentälern. Erwärmt von Geysiren, durchzogen von etlichen Höhlen, kleinen Wäldern und Bergseen, ist dies die Heimat der Riesen. Nur die wenigsten Vertreter kleinerer Völker erkennen eine Stadt, können sie doch oft tagelang laufen, ohne auf irgendjemanden oder irgendetwas zu stoßen. Den einzigen Hinweis auf die Natur dieses Ortes liefern ihnen große Stelen, zusammengefügt aus Bäumen, Schieferplatten und den Knochen riesiger Tiere, sogar von Drachen. Dies sind die verzauberten Grenzsteine Sumutuls, welche gemeinsam einen Drachenbann bilden.

Für die Riesen ist Sumutul ihre Heimat, von der aus sie gerne zum nahegelegenen Korrun spazieren. Sie leben an und in den das Tal säumenden Berghängen, wo sie die Höhlen ihrer Ahnen erhalten oder aus gewaltigen Steinen unverwüstliche Hütten errichtet haben. Straßen gibt es keine, denn die Riesen finden keine Verwendung für sie. Neben ihrem Wohnraum haben die Stadtbewohner Werkstätten eingerichtet, in denen sie fertigen, was sie zum Leben brauchen. Aber sie sammeln auch nützlichen oder unnützen Tand. Ähnlich wie ihre drachischen Erbfeinde horten sie allerlei Schätze, darunter handgemachte Kleinode, welche lange verstorbenen Herrschern und untergegangenen Reichen gehörten.

Die Gemeinschaft der Riesen lag nach dem Untergang des alten Reiches und ihrer früheren Heimstatt für Jahrtausende darnieder. In letzter Zeit jedoch wachsen sie allmählich wieder als ein Volk zusammen. Die ältesten Riesen lehren alle einhundert Jahre handverlesenen jüngeren Riesen wissen über die Geschichte ihrer Vorväter, Handwerks- und Zaubertechniken und von der restlichen Welt vergessene Erkenntnisse. Dazu gehören auch Anweisungen, wie die Zauber der Stelen, welche Sumutul beschützen, zu erneuern sind. So wird das spirituelle Erbe der Riesengesellschaft aufrechterhalten.

Im Schatten der Riesen, manchmal gar in ihren Möbeln, in den Ritzen ihrer Höhlenwände oder in den Tiefen der Höhlensysteme, welche für die Herren Sumutuls selbst zu klein sind, leben die „Ratten“. So bezeichnen die Riesen Menschen, Orks, Nedermannen, Tharai, Brokthar und die Vertreter anderer ”kleiner Völker“, die in ihren Gefilden hausen. Viele von ihnen sind Nachkommen von Leuten, die einst aus einer Riesenlaune heraus verschleppt und dann vergessen worden sind. Sie leben von den Abfällen der Riesengesellschaft, nagen die Knochenreste von Riesenmahlzeiten ab und raffen zusammen, was sie an Verwertbarem finden können.

Manchen der Ratten, wie etwa dem Propheten Sirek, gelingt es sogar, ein offenes Zusammenleben mit den Riesen zu organisieren. Andere steigen zu „Haustieren“ oder Dienern der Riesen auf, halten zu ihrer Belustigung her oder helfen ihnen bei der Körperpflege. An den Fußpilz unter dem Zehennagel kommt man als zehn Schritt großes Wesen eben nur schlecht heran. In der Regel aber ignorieren die Riesen die Ratten. Ein Wesen von der Mindestgröße einer alten Tanne und der Lebensspanne von mehreren Zeitaltern stört sich kaum an der Anwesenheit von ein paar hundert Kleinwüchsigen in einer Stadt, die sich über mehrere Täler erstreckt. Nur manchmal, wenn die Ratten zu sehr zur Plage werden, schließen sich zwei oder drei Riesen zusammen und jagen die Mitglieder der kleineren Völker. Dies bedeutet nicht, dass die schwerfälligen Giganten sie auch erwischen. Die Ratten selbst organisieren sich in kleinen Gruppen, bekriegen einander, ignorieren sich gegenseitig oder kooperieren bei ihren Raubzügen, je nachdem, ob die eigene Gruppe davon profitiert oder nicht.

Die Einwohnerzahl Sumutuls lässt sich nur schätzen. Womöglich handelt es sich um etwa 50 Riesen und mehrere tausend “Ratten”.

 

 

Terenor, Feste der Riesen

In grauer Vorzeit, so wissen Legenden der Trolle zu berichten, hätten die Riesen statt zu wenigen Dutzend zu hunderten, wenn nicht gar zu tausenden in dem Gebirge gelebt, das sich dort erhob, wo sich heute das Tal der Klagen befindet, und seien dann nach und nach im Kampf gegen ihre drachischen Feinde dezimiert worden. In einigen Varianten dieser Erzählungen heißt es, das geheimnisvolle Wesen Ridorim habe die Riesen vor der vollständigen Vernichtung bewahrt und den Rand der Götterberge als die Grenze markiert, welche nur wenige Drachen zu überschreiten wagen. In Zeiten ihrer Hochblüte sollen die Riesen mit Terenor über eine gewaltige Feste geboten haben, zehnmal so groß wie heute das trollische Gamkaltor. Beweise gibt es dafür keine. Die Talbewohner haben nicht einmal eine Idee, wo eine derartige Feste gestanden haben könnte, geschweige denn dass jemand Ruinen oder auch nur Mauerreste gefunden hätte – vermutlich hätte die Katastrophe, welche das Eherne Schwert ansteigen und das Tal der Klagen entstehen ließ, sie auch vollständig zerstört. Die Riesen danach zu fragen erscheint wenig aussichtsreich, erachten die meisten von ihnen bereits die Annahme, sie könnten einmal so viele gewesen sein, als reichlich abwegig.

 

Die mythische Nordostpassage

Seefahrer, die nichts von dem unüberwindlichen Gebirge wussten oder vom Ewigen Eis des Hohen Nordens, haben wiederholt nach einer über das Meer führenden Nordostpassage ins Riesland gesucht und sind dabei stets auf steinerne oder eisige Barrieren gestoßen.

Aber auch der Versuch, das Gebirge auf dem Weg durch das Ewige Eis zu umrunden, erwies und erweist sich als nahezu aussichtslos. Es ist dort zu kalt und zu unwirtlich. Nur Pardonas Shakagra und den Schneetrollen, also den Yetis, soll die Passage hin und wieder gelingen. Ansonsten stammen sämtliche Berichte über Expeditionen, welche das Schwert weit im Norden umrundet haben sollen, aus uralter Zeit, und betreffen mythisch verklärte, historisch kaum greifbare Helden wie die Hochelfe Iantana Klingen-Hand oder den bosparanischen Admiral Sanin III., der ein Meer unter dem Riesland gefunden haben soll.

Selbst im Süden stößt man bei dem Versuch, das Gebirge zu umgehen, auf oft unüberwindbare Hindernisse, darunter die mächtigen Lavaströme, die sich ins Meer ergießen und dem Reisenden den Weg abschneiden.

 

Die Brücke von Tar’Belosh

1030 BF erhielt Salpikon Savertin einen Brief mit Erkenntnissen über das Eherne Schwert:

Tief im Ehernen Schwert befindet sich eine verfluchte Brücke, von der manche behaupten, Thargunitoth selbst habe sie errichtet. Alte Quellen nennen sie Tar’Belosh, sie ist wohl an die 100 Schritt lang und führt über ein schmales sichelförmiges Tal, welches stets von einem grauen, undurchdringichen Nebel bedeckt ist. Die Brücke ist gefertigt aus den Knochen von Menschen, Elfen und anderen intelligenten Wesen, und sie ist ständig von einem unheimlichen blauen Glosen umhüllt. Wenn es windet, ist das Klappern und Knirschen der morschen Gebeine weithin vernehmbar – eine grauenhafte Kakophonie des Todes. Die Endverankerung der Brücke besteht aus zwei gigantischen Oberschenkelknochen einer unbekannten Kreatur, deren obere Enden von zwei verwachsenen Totenschädeln gekrönt werden. Es heißt, dass nur Untote und Dämonen aus der Domäne Thargunitoths die Brücke überqueren können. Alle anderen Wesen werden hingegen von aus dem Nebel emporsteigenden Toten ergriffen und in die ewige Verdammnis hinabgezogen. Niemand weiß, wohin die Brücke führt, denn die andere Seite ist wie das Tal selbst in dichten Nebel gehüllt. Es wird jedoch behauptet, dass die Brücke geradewegs in die Niederhöllen führt, und dass die Erzdämonin stets auf diese Weise, begleitet von ihrem niederhöllischen Hofstaat und getragen in einer Sänfte aus fahlen Knochen und Gebeinen, die Dritte Sphäre betritt.

— Aus einem Brief des Schwarzmagiers Talorius von der Esche an Salpikon Savertin, 1030 BF (Zitiert nach “Von Toten und Untoten”, S. 17.)

 

Auch im Riesland hat man von diesem Ort gehört:

„Dort oben in den Bergen gibt es eine lange Brücke. Also wirklich lange Brücke. Aus Knochen und so. Es heißt, um sie zu überschreiten, braucht man ein halbes Leben lang. Man erzählt sich, die Brücke führe direkt ins Reich der Toten und an deren Ende würde der Gott Uthamar auf die Mutigen warten, die den Weg dorthin finden. Wenn du ihm dann ein würdiges Opfer bringst, dann darfst du einen Wusch äußern, der dir umgehend erfüllt wird, egal ob es Ewiges Leben, der Tod eines Feindes oder ein Blick in die Zukunft ist. Wehe aber, dein Opfer ist zu gering! Dann reißt er dir die Seele aus dem Leib und deine Knochen werden Teil der Brücke.“
„Die Geschichte kennt Quetzerú Acamapichtli auch. Dort wartet aber Tarixlal auf dich, der deine Seele prüft und wenn du würdig bist, sie in sein Reich holt.“
“Auch bei uns in Kurotan kennt man die Geschichte. Da heißt es, Kuros hätte seine Axt von Teithros, der dort oben haust.“

— Aufgeschnappt an einem Lagerfeuer im Ödland(t), kurz vor der Schlacht am Vulkan Astana.

 

Hinterlassenschaften alter Zeiten

Im Ehernen Schwert, wo Kälte und Eis mit ihrem eisigen Griff vieles für die Ewigkeit bewahren, lassen sich immer wieder Überbleibsel und Spuren längst vergangener Tage finden. Brutal zertrümmerte Riesenschädel oder Rondra-Schreine aus der Zeit der Theaterritter oder in Eisblöcken tiefgefrorene Elfen in edlen Gewändern, für die Ewigkeit erstarrt, den Bogen noch in Händen haltend, die Augen aufmerksam geöffnet und der Körperhaltung nach zu urteilen zum Kampf bereit.

Schließlich finden sich auch immer wieder gewaltige Belüftungsschächte, mit schweren Toren versiegelt, die hinunter in lang vergessene Tiefen führen, welche die Kinder Brogars einst auf ihrem Weg durch das Schwert gruben. Hier harren alte Fallen auf unvorsichtige Abenteurer.

 

Klima

Die Götterberge strahlen überall eine passive, indifferente Lebensfeindlichkeit aus – denn Naturgewalten töten ziellos. Im Reich der Agrim wird diese Lebensfeindlichkeit aber zu einer regelrecht eigenständigen, bösartigen Kraft: Geröllhänge sind mit Fallen gespickt, rauchende Schlote vergiften die Luft und Sklavenjäger treiben ihre Beute in dämonisch pervertierte Schluchten.

An kaum einem anderen Ort Deres sind die unvereinbaren Gegensätzlichkeit der Elemente Feuer und Eis deutlicher zu spüren als hier im Götterwall. Hier, wo ein paar Gebirgszüge und wenige Meilen Luftlinie für den einsamen Wanderer bereits wochenlange kraxlerei bedeuten können, tosen eiskalte Winde. Ganzjährig herrscht Firunskälte, nachts und in den langen, dunklen Wintermonaten gar noch viel tiefere Temperaturen. Blizzards brechen oftmals ohne auch nur die geringste Vorwarnung über das Land herein und überziehen die Berge und Täler mit einer dutzende Schritt dicken Schneedecke, ausreichend stark, um ganze Städte darunter zu begraben.

Trotzdem kann schon im nächsten Moment plötzlich Windstille herrschen und schon im übernächsten peitschen heiße Winde von Ingerimms Esse oder den Schwefelklippen her dem einsamen Wanderer Asche ins Gesicht. Am Angenehmsten ist das Klima noch in den Tälern, die sich oft tief in die Bergwelt einschneiden. Dort ist es, von eisigen Winden geschützt und von heißen Vulkanquellen gewärmt, oft warm genug für Pflanzenwuchs und reiches Tierleben. Wohl jenen Kulturen, die im Göttergebirge leben und einen solchen Ort ihr Eigen nennen. Gegen fremde Jäger jedoch wird so ein Schatz erbittert verteidigt.

 

Tier- und Pflanzenwelt

 “Immergrüner Tannenwald in den Vorgebirgen, später Föhren, Lärchen, Fichten, höhersteigend lichter werdender Bewuchs. Baumgrenze markiert durch Krüppelkiefern, danach dicke Gräser, schließlich, knapp unterhalb der Schneegrenze, Moose. Frühjährliches Farbenspiel vieler Bergblumen, viele Enziane, aber auch Silberdisteln.”Teferi von Belhanka, Reisetagebücher eines Magiers

Neben allerlei Widdern und Steinböcken sind im Gebirge dutzende Drachenarte beheimatet, aber auch Mantikore, Schneelaurer, Chimären und Daimoniden. Meist nur Gäste in dieser Region sind Riesen aus Sumocol, wobei ein Besuch Korruns bei ihnen gut und gerne ein paar Jahrhunderte dauern kann.

 

Personen

 

Erzbart, junger Riese

Für einen Riesen ist Erzbart relativ jung: Er kam ungefähr 20 Jahre nach Pyrdacors Fall zur Welt und lebte bis vor kurzer Zeit mit seiner Mutter Eisenfaust und seiner kleinen Schwester Goldlöckchen in Sumutul. Richtig prominent für Riesenverhältnisse sind seine Vorfahren: Er ist ein Enkel Adawadts mütterlicherseits und Wolkenkopfs väterlicherseits. Wer immer ihm von seinen Großvätern zu erzählen weiß, dem wird Erzbart wohlgewogen sein.

Der Riese ist von freundlichem aber naivem Gemüt und etwas intelligenter als andere Vertreter seiner Art. „Ratten“ also kleineren Völkern, steht er mit der Einstellung eines Haustierhalters oder Hirten gegenüber: Wenn sie nützlich sind, dann behält er sie gerne und beschützt, pflegt und versorgt sie auch. Im Gegenzug besorgen sie ihm Nahrung und Getränke, vorzugsweise Alkohol, pflegen seinen wunderbaren Bart oder reinigen ihm die Zehennägel. Ein andermal erfreut er sich einfach an ihrem possierlichen Verhalten.

Vor 500 Jahren schloss der Riese einen Pakt mit einem Erzelementar, das seither in seinen Haaren haust und diese in ein sattes Rostrot taucht. Ein Nebeneffekt ist auch, dass der brustlange Bart und das Kopfhaar wie eine eiserne Rüstung wirken. Das Elementar ist übrigens nicht erfreut, wenn Fremde „sein“ Haar berühren. Wenn Ratten auf Erzbart reisen, dann lässt es manchmal Haare, an denen sich die Kleinen festhalten, einfach ausfallen.

Erzbart ist auf Brautschau, und sehnt sich nach der Geborgenheit einer Riesin. Von Sumutul bricht er deshalb regelmäßig zu Reisen in das Umland auf. Mehr über ihn kann man dem Abenteuer „Ingerimms Rache“ in der Anthalogie „Auf blutigen Pfaden“ entnehmen.

 

Cendrad‘Raschlosch, Erleuchteter Prophet N‘Gracholoschs

Gehetzt von Räubern und Sklavenjägern verirrte sich Cendrad’Raschlosch in den Götterbergen. Aufgrund seiner Sippenzugehörigkeit war von vorneherein klar, dass die Seele des jungen Agrim dereinst dem Höllenfürsten N‘Gracholosch gehören würde, und so war es nichts ungewöhnliches, dass er als Erwachsener loszog, um seinen ersten richtigen Pakt mit eben jenem Dämon zu schmieden. Sein Schicksal schien ihm hierbei zunächst einen Strich durch die Rechnung zu machen, als es ihm auf seinem Pilgerweg zur Finsterbinge vom Pfad abbrachte und ihn in die Berge trieb. Dort allerdings konnte ihm die Kälte wenig anhaben und Cendrad war zu stur aufzugeben: Eiskalte Zwergenlogik trieb ihn an und seine Weigerung zu kapitulieren brachte ihn durch die Berge.

Zwar erreichte er nie Aventurien, wohl aber die Ausläufer des Schwarzen Eises am Rande von Gloranas reich. Angetrieben wurde er von Visionen einer wunderschönen, schwarzhaarigen Frau auf einem gefrorenen Thron. Schließlich traf ihn ein niederhöllisch kalter Windhauch und raubte ihm um ein Haar das Leben. Cendrad war im Delirium, halb erfroren, fast verhungert und zu Tode erschöpft nach wochenlangem Irrweg, als er seine Seele verpfändete. Der Dämon antwortete auf sein Rufen und belohnte seine Ergebenheit mit Visionen von ewiger Kälte, welche die ganze Welt zum Stillstand bringen und seine Diener zu Herrschern bestimmen soll.

Cendrad fand seinen Weg zurück nach Rakshazar und beendete auch seine Pilgerreise zur Finesterbinge erfolgreich, so dass er schließlich endlich heimkehren konnte, um die Lehre seines “Gottes” unter seinen Brüdern und Schwestern zu verbreiten. Seine Anhängerschaft besteht aus einem Dutzend echter Fanatiker und noch einmal genau so vielen Agrim, die ihm aus purem Kalkül und Berechnung folgen, ohne tatsächlich eine Loyalität zu Cendrad’s dämonischem Herrn oder dessen Ideen zu besitzen. Ihm zu Diensten steht eine kleine Gruppe von Dämonen aus Nagrachs Domäne, welche wiederum unterstützt durch Cendrads Anhänger über zweihundert Sklaven zur Arbeit antreiben.

Der Firnkalte Höllenschlund ist seine große Unternehmung und soll einst eine machtvolle Pforte des Grauens werden. Für ihre Fertigstellung benötigt Cendrad viele fleißige Hände. Gleichzeitig ist dieser mit zunehmender Tiefe stets kälter werdender Schacht auch Cendra‘Raschloschs Tempel. Vor gefrorenen Statuen werden wehrlose Sklaven in eisige Irrgärten geschickt, wo sie von körperlosen, furchteinflößenden Schattenwesen zu Tode gehetzt werden, und ihr Blut und ihre Seelen dem Herrn niederhöllischer Kälte dargebracht.

Cendrad ist schon seit langer Zeit schier eingefroren, sogar sein Bart besteht mittlerweile aus Eiszapfen und statt der agrimschen Leibfäule ist seine ganze Haut inzwischen von grünlich leuchtenden Schneekristallen überwuchert, die sich wie eine Pilzinfektion stets weiter ausbreiten. Er kennt keine Schmerzen und gilt als unverletzlich, während die Bolzen der in seinen Arm eingesetzten Armbrust niemals ihr Ziel verfehlen. Schon ein einziges Wort ruft die Diener seines Herrn herbei, so dass er ein gefährlicher Gegner ist. Seine Motivation ist einfach: Den Schacht bis in die Niederhöllen zu treiben, seinem Herrn eine Pforte aufzutun und Herrscher Mornfests und Rakshazars zu werden.

Seinen Schacht hat er an vielen Stellen durch alte, vergessene Stollen von Faulzwergen und Trogglingen, sowie durch unzählige natürliche Höhlensysteme getrieben und die Bewohner dieser Kavernen in Angst und Schrecken versetzt.

 

Abenteuerideen

 

König der Nedermannen

Das Hochland Koruns eignet sich für eine Nedermannen-Kampagnie. Die Spieler erstellen je einen Nedermannen mit einer vom Meister festgelegten zusätzlichen AP-Anzahl. Die Helden sind Stammensmitglieder des Nedermannenstammens Gnaak, der nun schon seit Jahren in Korrun leben. Ziel der Helden ist es, den momentanen Häuptling Hurg *kratzt sich am Geschlecht* Hurg abzulösen und den Stamm in eine glorreiche Zukunft zu führen. Dafür muss der Stamm beeindruckt werden. Mögliche Szenarien sind:

 

  • Die Mammutjagd: Die Helden müssen ein Mammut erlegen. Dazu müssen sie erst ein Tier aus der Herde isolieren, sich dem wütenden Tier stellen und es töten, es in eine vorbereitete Fallgrube locken oder die ganze Herde kurzerhand über eine Klippe treiben.
  • Die Fremden: Fremde Wesen (Nuanaä-Lie, Goblins, ein Trupp Cromor-Wächterinnen oder gar Trolle) ziehen ins Tal und beginnen sofort damit, die Jagdgründe der Sippe zu beanspruchen. Die Helden und einige andere Stammeskrieger sollen die Eindringlinge vertreiben. Dazu müssen sie erst einmal genügend Waffen produzieren (Holzspeere, große Keulen) und einen Angriffsplan entwickeln: z.B. eine Mammutherde ins Lager der Fremden treiben, sich bei Nacht anschleichen und das Feuer der Fremden löschen* oder alternativ einen Frontalangriff wagen.
  • Feuerbringer: Das Feuer im Lager der Sippe ist erloschen, der Sippe droht im nahenden Winter der Erfrierungstod. Die Helden werden ausgesandt, Feuer aus dem Inneren eines Vulkans zu holen. Dumm nur, wenn der Vulkan von Vulkanschraten bewohnt wird oder einem Drachen als Brutstätte dient…
  • Einen Riesen vertreiben: Ein Riese taucht in Korrun auf und beginnt, Mammuts und Steinböcke zu jagen, Nedermannen zu fangen und aufzufressen, und sich auch sonst ungebührlich zu benehmen. Kurz und knapp: der Riese muss weg. Nur, wie bringt ein Nedermanne einen Riesen dazu, sich zu trollen? Vielleicht sollte man ein paar Yetis oder gar einen Yeti-Schamanen als Verbündete gewinnen und neue Waffen entwickeln (Waffen der späten Steinzeit aus dem BDK oder die Waffen der Fremden plündern).
  • Exodus: Ein langer, harter Winter kündigt sich an. Der Sippe bleibt nichts anderes übrig, als in wärmere, nahrungsreichere Gebiete auszuwandern. Entweder können die Helden die Sippe über Sumutul nach Rakshazar führen oder durch die heulende Klamm, vorbei an einer alles riesländische hassenden Hochelfe Lonriä, Richtung Aventurien ziehen.

 

Die Brogarzwerge

 

Der Auszug von Brogars Stamm

In der Zeit der Asche begann ein Volk, das bisher vom Riesland nichts wusste, eine tragische Nebenrolle in der Geschichte des Kontinents zu spielen: Die Faulzwerge bzw. Agrim. Es handelt sich bei ihnen um Nachfahren von aventurischen Zwergen, Teilen von Brogars Sippe. Brogar war einer der acht Stammväter der Zwerge. Als es dem Zwerg Calaman Sohn des Curthag gelang, ein lange verlorenes zwer­gisches Artefakt, den Kronreif Ordamons des Kühnen, aus dem Hort des verfeindeten Gottdrachen Pyrdacor zu stehlen, entfaltete die Krone, die von dem Drachen verdorben worden war, eine unheilvolle Wirkung auf die Zwerge und trieb sie im Streit gegeneinander. Rund fünf Jahrhunderte vor der Zeit des Kataklysmus, im Jahr 3.070 v. BF, zog Brogars Stamm aus der zwergischen Hauptstadt Xorlosch aus. Ein Jahr später ver­suchten sich die Brogarzwerge gewaltsamen Zugriff zu den reichen und sicheren Hallen des in den Kosch­bergen gelegenen Königreichs der Ambosszwerge zu verschaffen, wur­den jedoch rasch aufgerieben.

 

Brumil

Die Überlebenden, heimatlos und entwurzelt, konnten sich nicht einigen, wie es weitergehen sollte, und spalteten sich schließlich in zwei Fraktionen. Eine kleine Schar von Versprengten zog weiter in die Schwarze Sichel, errichtete neue Siedlungen und nahm freundlichen Kontakt zu den Hochelfen auf. Der größere Teil von Brogars Stamm, der unter der Herrschaft König Bromils bzw. Brumils stand, zog in den fernen Nordosten. Angeblich war das Ziel Bromils, dort eine besondere Waffe zu finden, die von Ingerimm/Angrosch selbst geschmiedet worden sein soll. Mit ihr wollte er zurückkehren und die zerstrittenen Zwerge einen. Doch die Legende verschwieg, dass es sich um eine wahrhaft göttliche Waffe handelte. Gemeint war das Eherne Schwert, das gewaltige Gebirge selbst, eine „Waffe“, die kein Sterblicher zu führen vermag, geschmiedet und von den Göttern in Sumus Leib gestoßen, um die Ausbreitung des Dämonenbaums zu verhindern, dessen Spitze die Dämonenzitadelle bildet. Offenbar gruben sich Brogars Zwerge auf ihrer Suche nach der Waffe der Sagen unter dem Ehernen Schwert hindurch, wobei der Stollen dort begann, wo sich später die Katakomben unterhalb des Ingra-Tempels von Notmark befinden sollten. Immer weiter nach Osten drangen sie vor – natürlich ohne die gesuchte Waffe jemals zu finden –, und als sie endlich nach rund vier Jahrhunderten wieder das Licht des Tages erblickten, hatten sie einen anderen Kon­tinent erreicht, das Riesland. Der Weg, auf dem sie kamen, wird seither „Brumils Stieg“ genannt.

 

Die Verderbnis der Brogarzwerge

Angrosch selbst hatte den Plan für die Verzweifelten ersonnen und mit der Verheißung einer göttlichen Waffe ihre Schritte unter dem Ehernen Schwert hindurch gelenkt. Ursprünglich hatte er mit ihrer Hilfe mäßigend auf die Entscheidungsträger innerhalb des Marhynianischen Imperiums einwirken wollen, doch seit klar war, dass die Zwerge das Riesland erst nach dem Fall des Kometen erreichen würden, plante ihr Gott, sie als neue, positive Kraft auf dem verwüsteten Kontinent anzusiedeln, so wie Rondra es mit den Brokthar getan hatte.

Aber die Zwerge waren in Kontakt mit dem Dämonenbaum geraten und dadurch bis in ihr tiefstes Innerstes verdorben. Aventurische Märchen berichten, dass sie das Land, das Angrosch ihnen zugedacht hatte, verschmähten und stattdessen zu einem Berg in der Ferne zo­gen, der aus purem Gold zu bestehen schien. Doch entpuppte sich der goldene Schimmer als Schwefel, und als die Zwerge enttäuscht umkehren wollten, strafte sie Angrosch ob ihrer Goldgier. Er ließ alles Land hinter ihnen zu Glutfluss werden, wies den Drachen Fuldigor an, die Zwerge in den spröden Berg zu treiben und sie zu verbrennen, und so entstanden dann die Schwarzen Zwerge von der Finsterbinge.

Nun ist es sehr unwahrscheinlich, dass der Gott des Erzes die Zwerge ob ihrer Liebe zum Gold strafen würde, und die Finsterbinge ist viel zu weit von Brumils Stieg entfernt, um sie von dort aus sehen zu können, schon gar nicht in einem Land, über dem eine Aschewolke schwebt. Indes ist die Erzählung ja auch nur eine Metapher für das, was wirklich geschah:

Während Brogars Stamm auf Brumils Stieg in Richtung Riesland vordrang, sandte An­grosch seinem Priester Cartheb Sohn des Tingrosch Visionen von der drohenden Gefahr durch den Dämonenbaum, dem Brogars Stamm sich immer weiter näherte. Cartheb gab die Warnun­gen an sein Volk weiter, konnte die Traumgesichte aber nicht genau genug deuten, um die Art der drohenden Gefahr zu benennen. König Brumil blieb daher skeptisch und entschied, die Warnung zu ignorieren, hätte ein Abweichen von der vorgefassten Route, die Brumils Stieg werden sollte, doch einen Umweg von mindestens einem Jahrhundert bedeutet. Es geschah, was geschehen musste, die Zwerge gerieten unter den Einfluss des Dämonenbaums und wurden von der Macht des Dämonen­sul­tans korrum­piert.

Als sie 2.513 v. BF im Riesland ankamen, schien etwas sie zu rufen, und sie folgten dem Ruf und erreichten schließlich mitten im Ödland(t) die Funkelnde Schlucht, eine klaffende Wunde im Sphärengefüge, kilometertief, von niederhöl­lischer Macht beseelt. Es ist unklar, was diesen Ort verflucht, ein Zweig des Dämonenbaums, der die verderbten Zwerge sofort als ihm zugehörig erkannte, Pforten des Grauens in die Domänen der Erzdämonen, Risse im magischen Gefüge der Welt, hervorgerufen durch den Kataklysmus, oder gar von jedem etwas. Die Donari berichten von einem finsteren Sog in den limbischen Pfaden, der diesen Ort für sie unerreichbar macht. Die verderbten Zwerge indes zog er unwiderstehlich an. Dort, von wo sich des Öfteren mächtige Dämonen in die Dritte Sphäre erheben, warfen sie sich den Mächten, die sie dort antrafen, zu Füßen und huldigen ihnen. Sie verrieten dadurch das Anden­ken an ihren Schöpfergott und wandten sich den Erzdämonen zu.

Voller Zorn, dass Brogars Stamm seine Warnungen in den Wind geschlagen hatte, verfluchte Angrosch die Zwerge mit Krankheit und Aussatz. In ihrer Verzweiflung wandten sich die Zwerge dem schlimmsten Wi­dersacher ihres Schöpfers zu, dem Erzdämonen Agrimoth, in der Hoffnung, von ihm Heilung zu erlangen. Seine Gesandten, ebenfalls in der Funkelnden Schlucht präsent, schickten sie gen Osten, wo sie eine gewaltige, düstere Binge finden würden, die Agrimoths Diener geschaffen hatten. Der erste Pakt – und viele weitere – wurden in dieser Binge geschlossen, welche die übrigen Bewohner des Rieslands bald Finsterbinge nannten und die seither von dem schwefligen Gestank der Niederhöllen erfüllt ist. Agrimoth löste seine Versprechen niemals ein, und der Bund mit den Niederhöllen stürzte die Zwerge nur noch tiefer ins Verderben. Doch ersannen sie unter dem Einfluss der Erzdämonen technomagische Konstrukte und Hilfsmittel, um ihre körperli­chen Einschränkungen auszugleichen. Seitdem sind diese armseligen Überbleibsel eines einst stolzen Volkes als Agrim bekannt. Die Funkelnde Schlucht wird bis heute von ihnen für dämonische Aktivitäten aufgesucht.

 

Die Finsterbinge

Die Agrim bevölkerten zunächst ausschließlich die Finster­binge, ein verzweigtes System aus Gängen und Höhlen, ganz so wie sie die Zwerge sonst selber anlegten, nur dass es von einem viel älteren Volk stammen musste, von dem aber jede Spur zu fehlen schien. Die Faulzwerge konnten nur mutmaßen, dass es in den Tiefen der Binge auf eine Pforte des Grauens getroffen war oder gar eine solche selbst aufgestoßen hatte. Dies würde die dämo­nischen Aktivitäten in den Stollen erklären und auch, warum das Volk, das die Stollen gegraben hatte, untergegangen war. Für die Zwerge eigentlich eine ideale Wohnstatt, nicht nur, weil sie ihren eigenen Bingen glich, sondern auch, weil sie hier in Kontakt mit den Nieder­höllen treten konnten und nicht weit reisen mussten, um ihre Blutpakte zu schließen. Doch waren sie noch immer Zwerge, und so kamen sie nicht um die Erkenntnis herum, dass es im Umfeld der Finsterbinge viel zu wenig Erze und Edelsteine gab, um ihren Lebensstandard auf Dauer zu gewährleisten. Die Finsterbinge war vor allem von Schwefel durchzogen, es fehlte den Zwergen an Kupfer, Zink, Eisen und glänzenden Steinen.

 

Dholen und Bholen

Die Zwerge begannen daraufhin, im Ödland(t) zu graben und dort nach Schätzen zu suchen. Tief unter der Erde stießen sie auf so grauenerregende wie gigantische wurmartige Wesen, von denen zwei Fraktionen zu existieren schienen, die einander erbittert befehdeten. Um nicht zwischen die Fronten zu geraten und einen aussichtslosen Kampf gegen die Giganten fechten zu müssen, zogen sich die Zwerge zurück und versuchten ihr Glück weiter westlich. Die Agrim fanden nie heraus, dass sie auf Mythos-Wesen gestoßen waren, die von Orten jenseits der Sphären stammen und über die Traumwelten ins Riesland gekommen waren. Es handelt sich um zwei Ausprägungen der­selben Spezies, bekannt als Dholen und Bholen. Ein ausgewachsener Dhole kann meilenlang werden und Hundert­­tausende oder sogar Millionen von Quadern wiegen. Dholen können im Magma tief unter der Erde überleben und erzeugen mächtige Tunnel und Erdbeben, was zu unvergleichlichen Zerstörungen führt. Die Welt wird dadurch nach und nach ausgehöhlt und letztendlich zerstört. In Aventurien gibt es keine ausgewachsenen Dholen, wohl aber im Ehernen Schwert und in angrenzenden Regionen im Riesland. Dholen-Junge kommen auf Dere nicht vor, sie wachsen in den Traumlanden auf und kommen erst dann nach Dere. Bei den Bholen verhält es sich umgekehrt. Bhole-Junge sind in rie­sigen Gebirgen wie dem Ehernen Schwert, dem Raschtulswall, den Hohen Eternen und angrenzenden Gebieten zu finden. Ausgewachsene Bholen gibt es auf Dere nicht, nur in den Traumlanden. Anders als die Dholen sind Bholen keine Planetenfresser, sondern Beutegreifer, die im Boden lauern und irgendwann hervorkommen, wenn sie ein geeignetes Opfer ausgemacht haben. Es ist die erbitter­te Feindschaft der beiden Subspezies, die dafür gesorgt hat, dass sie Dere noch nicht zerstört oder ganze Regionen entvölkert haben. Ausgewachsene Dholen mögen deutlich größer sein als Jungbholen, die dafür jedoch in Übermacht angreifen und einer ausgewachsenen Dhole damit durchaus gefährlich werden können. Auch die Wühldrachen stehen in Konkurrenz zu den Dholen und Bholen, haben gegen sie jedoch kaum eine Chance. Sie versuchen daher, Gebiete mit derlei Wurmbefall zu meiden.

 

Die Gründung von Mornfest

So kam es, dass die Agrim rund ein Jahrhundert später in den Ausläufern des Ehernen Schwertes, bevor die gewaltigen Berge in den Ödlandtwall[2] übergehen, auf halbem Weg zwischen Korrun und jenem Ort, wo sich heute das Tal der Klagen befindet, ihre heutige Hauptstadt Mornfest gründeten. Dort gab es die Erze, die sie brauchten und wollten. Mornfest befindet sich in relativer Nähe zu Brumils Stieg, dessen riesländischer Ausgang weiter östlich liegt, direkt an der Grenze zum Ödland(t). Die Zwerge entschieden sich bewusst dagegen, eine Verbindung zu den Tunneln her­zustellen, durch die sie das Riesland betreten hatten. Brumils Stieg war auf Dauer vom Einfluss des Dämonenbaums durchseucht. Dieser hätte die Agrim zwangsläufig erfasst und ihre Situation noch verschlimmert. Darüber hinaus waren die Tunnel voller Monstren, die über den Westeingang eindrangen oder vom Dämonenbaum ausgespien worden oder die sich gar selbst unter dem Gebirge hindurchgruben und irgendwann auf die Zwergentunnel stießen. Die Agrim hatten kein Interesse daran, dass solche Kreaturen ständig bis in ihre Stadt vordrangen. Sie versiegelten den Ostausgang von Brumils Stieg, der auf rund 3.000 Schritt Höhe aus dem Gebirge trat, mit einem gewaltigen Tor und gaben allen Faulzwergen die strikte Anweisung, niemals in seine Richtung zu graben, schon gar nicht von Mornfest aus.

Obwohl die Population der Agrim im Laufe der Zeit immer weiter schrumpfte, was vor allem der Krankheit der Zwerge geschuldet war, die auch ihre Vermehrung erschwerte, blieb Morn­fest ein dichtbesiedelter Ort. Wo es an eigenen Leuten fehlte, dorthin trieben die Zwerge Sklaven, die für sie die Drecksarbeit erledigen mussten, vor allem die Arbeit in den Minen tief unter der Stadt. Beim Bergbau wurde unter anderen Hölleneisen gefördert, aus dem die Agrim neben Waffen, Rüstungen und Implantaten für ihre sterbenden Körper auch das gewaltige Tor schmiedeten, das den Eingang zur Stadt bildet. Es verhindert, dass Eindringlinge die Siedlung betreten, und es hindert die Sklaven am Verlassen derselben. Denn hinter dem Portal legten die Zwerge die Große Halle an, wo sich der Großteil ihres öffentlichen Lebens abspielt und wo stets größere Mengen an Wächtern postiert sind. In den oberen Bereichen der Binge wurden Werkstätten angelegt, deren Schlote über Meilen wie Pilze aus den Bergflanken sprie­ßen und die Luft verpesten. Jede Zunft und jeder Clan konnte seine eigenen Werkstätten und Sklavenkontingente beanspruchen bzw. anlegen.

In den tieferen Bereichen errichteten die Agrim Wohnstätten und Stollen für jeden Clan und befestigten sie mit eisernen Gattern und schweren Toren. Anfangs waren sie dicht bevölkert, doch mit dem zunehmenden Aussterben der Agrim verwaisten sie mehr und mehr. Noch tiefer gelegen sind Sklavenquartiere und Bergwerksstollen. Hier werden unentwegt neue Schächte in die Tiefe gegraben. Dabei besteht die Gefahr, dass in die neuen Stollen Magma einbricht. Solche Sackgassen müssen dann versiegelt werden, bevor ganz Mornfest über­flutet wird. Einige der Schächte führen in eiskalte Tiefen, in denen wahnsinnige Agrim Dämonengunst zu erringen trachten. Der tiefste unter diesen Schächten ist der berüchtigte Firnkalte Höllenschlund.

Militärisch sind die Agrim Mornfests bis in die Gegenwart erstklassig aufgestellt. Mit Hilfe von Dämonen, mit dunkler Alchimie und wahnsinnigen Mechanikern haben sie ungezähltes, aber­­witziges Kriegsgerät geschmiedet. Wie es Zwerge seit jeher waren, sind auch die Faul­zwerge wehrhaft, und auch wenn sie oft furchtbare Individualisten sind und um jede Einigung ringen müssen – droht ihnen Gefahr, bewaffnet sich die gesamte Binge.

 

Mornfest

In den Ausläufern des Ehernen Schwerts, bevor die gewaltigen Berge in den Ödlandwall übergehen, auf halbem Weg zwischen Korrun und dem Tal der Klagen, liegt der Ort, an dem Brogars Zwerge ihre Stollen einst bis ins Riesland trieben.

Mornfest, die große Binge der Agrim, wo rund 3.000 Agrim leben, ist eine Festung, die ihresgleichen sucht: Aus Hölleneisen geschmiedete gewaltige Tore, eine Armee von halbtoten Zwergen, deren Körper in Automaten verpflanzt wurden, bizarre Fallen und die technisch fortschrittlichsten Waffen des Rieslandes schützen die Binge vor jedem Eindringling und verhindern die Flucht von unzähligen Sklaven, die sich in den Tiefen der Stollen zu Tode schuften.

Das niederhöllische Tor ist der Eingang zur Stadt, ein bizarres, reich verziertes Werkstück, geschmückt mit allerlei Darstellungen aus der Geschichte der Agrim: Von ihrem Auszug, dem Weg unter dem Götterwall hindurch, ihrer Ankunft in Rakshazar und der Verfluchung durch einen gehörnten Gott, der auf seinem Amboss verkrüppelte Zwerge schmiedet, während seine Göttergeschwister teilnahmslos zusehen.

In der Großen Halle sind Märkte und Zunftstände aufgebaut. Hier findet ein Großteil des öffentlichen Lebens der Faulzwerge statt. Sie wird entsprechend gut bewacht: Jedes Jahr wird eine Handvoll sterbender Ältester zu Artomaschotox gemacht. Die Hälfte von ihnen wird hier als Wachmannschaft postiert. Stumm und stur schützen sie die Große Halle und das niederhöllische Tor. In langen Reihen, wie Statuen mit stets bereitgehaltenen Waffen, stehen sie Wacht. Die andere Hälfte wacht in den Minen und Schächten. Kein Sklave entkommt ihrer mörderischen Aufmerksamkeit.

In den oberen Bereichen der Binge liegen Werkstätten, deren Schlote über Meilen wie Pilze aus den Bergflanken sprießen und die Luft verpesten. Jede Zunft und jeder Clan hat seine eigenen Werkstätten und Sklavenkontingente.

Die tieferen Bezirke gleichen Kerkern. Jede Wohnstatt und die Stollen jedes Clans sind schwer befestigt mit eisernen Gattern und schweren Toren. Die meisten dieser Stollen und Kammern allerdings sind leer, ist das Volk der Faulzwerge doch seit Jahrtausenden im langsamen und schleichenden Niedergang begriffen.

Noch tiefer gelegen sind die Sklavenquartiere und Bergwergstollen. Hier werden unentwegt neue Schächte in die Tiefe getrieben. Während mancherorts erfolgreich nach Metallen geschürft wird, bricht in andere Grabungen regelmäßig Magma ein. Einige wenige Schächte aber führen in eiskalte Tiefen, in denen wahnsinnige Agrim Dämonengunst zu erringen trachten. Der tiefste unter diesen Schächten ist der berühmte Firnkalte Höllenschlund.

Militärisch sind die Agrim Mornfests erstklassig aufgestellt: Mit Dämonenhilfe, dunkler Alchimie und wahnsinnigen Mechanikern haben sie ungezähltes, wahnsinniges Kriegsgerät geschmiedet. Ähnlich ihren aventurischen Vettern gilt auch für Agrim, dass fast jeder der Faulzwerge wehrhaft ist, und im Ernstfall bewaffnet sich fast die gesamte Binge.

 

Iznamor

 

 

Die Faulzwerge der Agrim betreiben eine befestigte Postenkette auf den Pfaden nach Mornfest, ihrer Hauptstadt. Den äußersten Punkt dieser Anlagen stellt der Wachturm Iznamor dar, ein schwarzer Koloss von fünfzehn Schritt Höhe, der die Auen des nordwestlichen Tals weit überblickt. Die Anlage ist umgeben von einem gut zwei Schritt hohen Steinwall. Ruinen und Trümmer in der Umgebung zeugen davon, dass der Agrim-Außenposten früher entweder sehr viel größer war oder die Zwerge ihn einem anderen Volk entreißen konnten. Tatsächlich stammen die Ruinen von einer alten Befestigung der Theaterritter. Der Wachturm misst sechs auf sechs Schritt in der Grundfläche und wird ständig von einem guten Dutzend schwer bewaffneter Agrim bewohnt; am Fuße des Turms und in einer kleinen unterirdischen Anlage finden aber auch Expeditionstrupps Obdach, die von hier aus ins Tal der Klagen aufbrechen. Auf der verbreiterten Turmspitze stehen drei Geschütze: Zwei Morfus (BdK, S. 140), die eine große Anzahl von Feinden auf eine Viertelmeile eindecken können, sowie eine schwere Ballista (BdK, S. 143), die sogar dem einen oder anderen Riesen oder Drachen Respekt einflößen sollte.

 

Weitere Bingen

Als weitere Bingen der Agrim werden Koschimbas, Granosch und Igrabor genannt.

 

Der verhasste Gott Ankroju

Ihrem einstigen Gott Ankroju zürnen die Agrim ob des Fluches, mit denen er sie gestraft hat. Er gilt ihnen als Erzfeind ihres Volkes und als der Ursprung allen Übels. Aber die Agrim wissen auch, dass einige von ihnen, die heutigen Irrogoliten, bei ihm Vergebung gefunden haben. Folglich gibt es immer wieder Faulzwerge, die es auf diesem Wege versuchen. Wird ihre Hin­wendung zu Ankroju in den Bingen entdeckt, werden von den anderen Agrim als Verräter auf­ge­knüpft, deshalb verlassen sie meist die Bingen und versuchen ihr Glück an der Oberfläche, wo sie meist nur einen elenden Untergang finden. Größere Erfolge erzielen da wahnsinnige Wissenschaftler ihres Volkes, de­ren Forschungen selbst den anderen Agrim nicht geheuer sind. Sie sind inzwischen zunehmend an der Oberfläche zu finden, wo ihnen keine Einschrän­kun­gen drohen.

So kommt es, dass eines der wehrhaftesten, mächtigsten und am besten bewaffneten und ge­rüsteten Völker des Rieslands ständig am Rande seiner Auslöschung steht und seit Jahr­tausenden mit Mitteln dagegen ankämpft, gegenüber denen anderen Völkern der Tod als die gnädigere Variante erschienen würde. Bei den Agrim indes bedeutet Tod nichts weiter, als dass ihre Seele der Verdammnis der Niederhöllen anheimfällt, haben sie doch ihre Seelen durch die Pakte an die Erzdämonen verpfändet. Deshalb versuchen die Agrim, die doch dem Tod so nahe scheinen, um jeden Preis ihr Leben so weit wie möglich auszudehnen, oftmals weit über die Grenzen des Erträglichen hinaus.

Das seltsam anmutende Verhältnis der riesländischen Zwerge zu Leben und Tod geht aber auch auf alte Glaubenssätze von Brogars Volk aus der Zeit des Exodus zurück. Diese hingen einer archaischen Form des Angrosch-Glaubens an, der zeitweise von den Nivesen übernommen wurde, als es zum Kontakt zwischen den beiden Völkern kam. Sie verehrten Ingra, den Herrn der Flammen, und priesen das lodernde Element als Licht- und Wärmebringer. Der archaische Feuerkult wich im Laufe der Jahrhunderte wieder dem Wolfsglauben, düstere Tempelbauten bei Tjolmar und Notmark und die Steinruinen in der Tundra blieben jedoch bis in die Gegen­wart erhalten. Im nivesischen Ingra-Kult wie in der Glaubenswelt der Bobrim, der Wilden Zwerge des Ehernen Schwertes, die von den Brogarzwergen abstammen, welche es zunächst in die Schwarze Sichel verschlagen hatte, gilt die Welt als die erkaltete Asche des Urfeuers, das sich in den Bauch der Erde zurückgezogen hat, bis der Weltenschöpfer Ingra wieder Funken schlägt und alles Bestehende in Flammen aufgeht. Die Wilden Zwerge interpretieren die hohe Vulkandichte in den Eiszinnen und im Ehernen Schwert als Nähe zu Ingras Reich und sind stolz, so nah bei ihrem Schöpfer zu leben. Auf der Suche nach Ingras Flamme Glost – der zerstörten Sonne der Hohlwelt Tharun – und ihren Vettern unter der Scholle – den Zwergen Tharuns und jenen, die ins Ries­land zogen – treiben sie senkrechte Schächte in die Erde und sehen es als Prüfung ihres Schöp­fers an, wenn sich diese mit heißem Magma füllen. Ingra selbst gilt den Wilden Zwergen als verrückt geworden und nicht mehr fähig, die Welt zu behüten, an seiner Statt beten sie verstor­bene Ahnen als Mittler der Wünsche an. In ihrer Hingabe zum Feuer beenden viele von ihnen ihr Leben freiwillig in den Flammen. Die Agrim fürchten das Neu-Entzünden der Welt als den drohenden Weltuntergang, der noch zu ihren Lebzeiten über sie hereinbrechen kann. Auch die Irrogoliten kennen die Überlieferung, betrachten sie jedoch als Endzeitlegende, die sich in ferner Zukunft ereignen wird. Denn natürlich wird die Welt, die Ankroju geschaffen hat, eines Tages auch wieder beendet. Das lodernde Urfeuer ist in ihren Augen kein Feuer der Zerstörung, sondern eines der Läuterung. Alle zwergischen Seelen, selbst die Ahnengeister in Sholoshtan, haben Sünde und Schuld auf sich geladen. Das Urfeuer wird diese Sünden verbrennen, damit die Seelen der Zwerge rein und befreit zu Ankroju zurück­kehren können. Dauer und Leid im Urfeuer bestimmen sich nach der Schwere der Schuld, die ein Zwerg auf sich geladen hat, schließlich brennt ein Feuer umso länger, je mehr brennbares Material es gibt. Ganz schwere Fälle, so wie die Agrim, müssen sieben mal sieben­tausend Jahre in höllischer Hitze verbringen. Reine Seelen indes empfinden die Läuterung als ein Bad in wohli­ger Wärme. Schlussendlich finden die Vorstellungen der Irrogoliten ein versöhn­liches Ende: Jede Seele, egal wie viel Schuld sie auf sich geladen hat, kommt am Ende aus dem Urfeuer wieder heraus, geläutert und befreit von der Sünde, die sie belastete, und wird an Ankrojus Seite die Ewigkeit verbringen.

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Agrim als eines der verdorbensten Völker Rakshazars gelten. Doch ganz gleich ob sie in den Städten der Menschen als Boten dämonischer Mächte auftreten, als Konstrukteure erschreckender Maschinen und Erschaffer blutsaufender Artefakte in den Tiefen der Drachenberge ihr Unwesen treiben oder als Erlösungssuchende die Weiten des rakshazarischen Kontinents durchstreifen: Alles Streben der Faulzwerge dient nur einem Zweck, nämlich sich eines Tages zur Gänze von der Last ihres göttlichen Fluchs zu befreien.

Als Hauptsiedlungsgebiete der ursprünglichen Faulzwerge gelten heute die Drachenberge im Westen, die südlich des Ödlands gelegene, legendäre Stadt Mornfest sowie Teile der südlichen Schwefelklippen. Die Ausgezogenen, Heimatlosen und Suchenden findet man auch in entfernteren Gegenden, wie etwa in den Bergen des Hohen Nordens, östlich im Marhamal von Amhas oder gar unweit ihrer „geläuterten“ Verwandten, der Irrogoliten, im Yal-Hamat-Gebirge, wo sie in Zelten, Ruinen oder Kavernen hausen.

 

Die Glaubenswelt der Faulzwerge


Name

Beinamen

dahinter verbirgt sich

Kulturelle Verbreitung

Besonderheit

Aspekte

Verbreitungsgebiet

Heilige Orte

Heilige Steine, Tiere, Pflanzen Artefakte, Heilige

Opfergaben

Feindbild/Sünden/Laster

Hierarchie

Politischer Einfluss

Weltbild / Menschenbild / Stärkstes Argument

Toleranz gegenüber Andersgläubigen

Kulte

Gläubige, Anhänger, Priester

Ankroju

Ingerimm

Agrim-Kultur

Verhasster Gott der Ahnen, wird nur von der Hälfte der umherziehenden Agrim als Gott anerkannt

Schande, Wut, Gesetz, Strafe, mildes Feuer, Magiebann, Gnade, Erlösung

vor allem bei umherziehenden A­grim

theoretisch alle Tempel, diese dürfen / können aber nicht betreten werden

Buch Emshanosh, Amrasstern (dämonische Pflanze) als Schutz vor der Gottheit

Schmerzen, Gebete, Räucheropfer, eigenes Blut, Schafe, Gold, Körperteile

dämonenbuhlende Kulturen / Sünden: (mittel) Verstoße gegen die im Buch Emshanosh geschriebenen Verbote, (schwer) Paktiererei

Damit gelten die Agrim selbst ihrem Gott als verhasst.

keine

minimal

Ankroju verfluchte alle Zwerge für ihre Untaten; Erlösung nur bei absoluter Unterwerfung

minimal (Agrim) bis hoch (Irrogoliten) je nach Kultur; umherziehende Agrim sind oft deutlich toleranter

keine; selten regionale Prägungen

häufig Wanderpriester und -prediger

 

Ankroju

Bei Ankroju handelt es sich um Ingerimm/Angrosch. Verhasster Gott der Ahnen, der vor allem bei umherziehenden Agrim bekannt ist, aber nur von etwa der Hälfte von ihnen als Gott anerkannt wird. Seine Aspekte sind Schande, Wut, Gesetz, Strafe, mildes (gezähmtes) Feuer, Magiebann, Gnade und Erlösung. Letztere findet man bei ihm nur bei absoluter Unterwerfung. Ankroju verfluchte die Faulzwerge für ihre Untaten und ist nicht bereit, den Fluch aufzuheben, ohne wirklicher Reue zu begegnen. Dämonenbuhlende Kulturen und Paktiererei sind ihm verhasst, ebenso wie Verstöße gegen die im Buch Emshanosh festgelegten Verbote. Tempel des Ankroju, die sich u. a. bei den Irrogoliten finden, gelten auch unter Agrim als heilig, doch können diese sie nicht betreten. Mögliche Opfergaben sind Schmerzen, Gebete, Räu­cheropfer, eigenes Blut, Schafe, Gold und Körperteile.

 

Trogglinge

Was ein Troggling ist? Bist du blöd? Ein Ungeziefer!

Trogglinge? Das sind doch so was Ähnliches wie kranke Irrogoliten, oder, Aaron? Wenn ihr diese Seuche kriegt, diese Fäulnis, dann werdet ihr zu Trogglingen. Darum soll man euch nicht mehr nach Sonnenuntergang Ale geben, und waschen dürft ihr euch offensichtlich auch nicht, so wie du stinkst … Aaron, warum guckst du so komisch? Was willst du denn mit der Keule?

Trogglinge sind gemeine, niedere Wesen, die zu kaum mehr als ficken und fressen in der Lage sind. Und das mit dem Troggling-König, den es hier in Kurotan geben soll, halte ich für ein Gerücht.

Sei still, Sarhana, sonst holt dich der Trogglingkönig, wie er deinen kleinen Bruder Tobii geholt hat …

— Gesprächsfetzen von den Straßen Kurotans

 

27. Tag: Schon wieder brachen sie urplötzlich aus den umliegenden Geröllfeldern hervor. Etwa sechs bis sieben Spann große, grausam entstellte Kreaturen mit Bosheit im Blick. Unser einheimischer Führer nennt sie Trogglinge. Wir konnten sie abermals zurückschlagen, aber wir haben einige unserer Söldner verloren. Mein langjähriger Freund Olm wurde schwer verletzt. Wir wissen noch nicht, ob er durchkommt. Zu allem Überfluss leidet unser Medicus unter einem bedrohlichen Sonnenstich, weshalb ich seinen Worten nicht ganz traue. Diese verdammten Trogglinge, oh ich verfluche sie! Sie verstecken sich zwischen den Felsen und greifen in unglaublichen Massen an. Einzeln sind sie keine große Gefahr, doch in großer Zahl eine durchaus ernstzunehmende Bedrohung, zumal sie keine Gnade und keinen Schmerz zu kennen scheinen. Zudem beschleicht mich der Verdacht, dass sie von einer höheren Gewalt gelenkt werden. Ich habe schon ein Dutzend Männer an sie verloren. Wer nicht im Kampf gefallen ist, wurde durch die unzähligen Krankheiten, die sie übertragen, dahingerafft. Wie vielen ihrer Angriffe werden wir noch standhalten können? Einem, vielleicht zweien? Es wird noch einige Wochen dauern, bis wir diese verfluchte Gegend hinter uns gelassen haben. Ich bete zu den Göttern …

— aus dem Bericht eines reisenden Händlers, gefunden zwanzig Meilen östlich von Kurotan neben seiner Leiche.

 

Spezies der Trogglinge

 

Herkunft und Verbreitung

Eine berüchtigte Gefahr Kurotans und anderer riesländischer Regionen sind die Trogglinge. Das Wissen darum, wer die Vorfahren dieser Spezies sind, ging im Strudel der Zeit verloren. Einem halben Dutzend verschiedenen Völkern Deres wird, meist hinter vorgehaltener Hand, diese zweifelhafte Ehre zugesprochen, darunter den Blauen Mahren und von Fruun verfluchten Nedermannen. Einige Überlieferungen sehen in den Trogglingen Abkömmlinge der Faulzwerge, wahlweise der Agrim oder der Irrogoliten. Je nach Legende hat Ankroju aufgrund ihrer Untaten ihre Degeneration noch verstärkt und sie bis zur Unkenntlichkeit deformiert, oder die Trogglingsform soll das Endstadium der Fäule sein. Belastbare Hinweise, dass solche Behauptungen den Tat­sachen entsprechen könnten, sind indessen nicht zu finden. Wahrscheinlicher ist, dass die Trogglinge von Goblins abstammen, etwa von jenen, welche mit den Theaterrittern ins Tal der Klagen gekommen sind und dort an einer mysteriösen Seuche erkrankten, oder von Goblinsklaven aus der Zeit des ersten, von Menschen beherrschten Amhas. Einige Gerüchte sprechen davon, Trogglinge seien Opfer der Aschewüste oder aus Kreaturen entstanden, die zu viel Kometenasche konsumiert hätten. Zuweilen hört man, es handele sich um ein eigenständiges, von einem urtümlichen Gott verfluchtes Volk.

Was immer auch der Ursprung der Trogglinge sein mag, die wilden, vernarbten und oft mit eitrigen Beulen überzogenen Wesen brechen immer wieder plündernd aus ihren Höhlen hervor und terrorisieren die Welt an der Oberfläche. Dabei sind weniger ihre Waffen (Faustkeile und Geröllkeulen) als ihr Biss gefährlich, überträgt dieser doch Krankheiten wie Tollwut, Wundfieber, Krätze und – vor allem für die Irrogoliten besonders gefährlich – Fäule.

Das sonderbare Volk der Trogglinge bewohnt uralte Minenschächte und weit verzweigte Höhlensysteme, die eine Reihe von Gebirgen des Rieslands durchziehen. Ewige Finsternis und die dunklen Felsen der Unterwelt sind bestimmend für ihr Leben. Viele Trogglinge werden in dieser Finsternis geboren und sterben in ihr, ohne auch nur einmal in ihrem Leben die Oberfläche gesehen zu haben. Es gibt gesicherte Berichte über Troggling-Stämme unter den Feuerbergen und unter der Aschewüste, im Götterwall und im Yal-Hamat-Gebirge. Auch vor den verborgenen Winkeln der großen Städte schrecken sie nicht zurück. So kommt es, dass sogar unter der Stadt Kurotan eine Sippe bzw. ein erstaunlich großer Schwarm dieser Wesen hausen soll. Grundsätzlich können Trogglinge überall dort auftauchen, wo es ein Loch im Boden und eine kleine Höhle gibt. Im Osten und Südosten des Kontinents und in der Vaestfogg sind sie nur selten zu finden.

 

Körperbau und Aussehen

Trogglinge sind mit im Durchschnitt 1,20 Schritt etwas kleiner als Zwerge, bleich, haarlos bis auf ein paar dünne Büschel am Kopf, bartlos, haben lange, dünne Finger, Reihen spitzer Zähne und große, katzenhafte, grüne Augen. Viele von ihnen wirken schwächlich und sind, vor allem mit zunehmendem Alter, mit Eiterbeulen im Gesicht und/oder am Körper überzogen.

Ob man einen männlichen oder weiblichen Troggling vor sich hat, erkennt man nur nach näherer Betrachtung. Sonnenstrahlen und andere helle Lichtquellen ertragen sie nur unter Schmerzen und sind tagsüber fast blind. Dafür funktioniert ihr Gehör besser als das von aventurischen Elfen.

 

 

Vermehrung und Alterung

Aus den Zyklen ihrer Vermehrung und Alterung kann man keine direkten Rückschlüsse ziehen, welchem Volk die Trogglinge entstammen, unterscheiden sich dies doch wesentlich von sämtlichen Völkern, denen man eine Verwandtschaft mit ihnen nachsagt. Schwangerschaften dauern in der Regel sechs Monate und bringen ein einzelnes Kind oder maximal Zwillinge hervor. Wie alt Trogglinge werden können, ist unerforscht, aufgrund ihrer Lebensumstände sterben sie so gut wie nie eines natürlichen Todes, sodass sich ihre maximale Lebensspanne nicht bestimmen lässt. Ihr durchschnittliches Todesalter liegt bei 30 bis 35 Jahren.

Insgesamt vermehren sie sich rasch, werden schnell zur Landplage und geraten in Konflikt mit der Oberflächenbevölkerung.

 

Die Kultur der Trogglingstämme

 

Lebensweise

Trogglinge leben in halb nomadischen Stammesgemeinschaften. Ihrem Geschlecht widmen sie außerhalb der Paarungszeit keinerlei Beachtung, schon gar nicht in Bezug auf die Aufgabenverteilung. Angeführt werden die Stämme entweder vom stärksten Troggling, der als König über einen Stamm herrscht, oder von einem mehr oder weniger zaubermächtigen Schamanen. Durch eine seltsame Singsprache und spezielle „Trommelsteine“ können Trogglinge sich innerhalb ihrer Höhlensysteme über weite Entfernungen verständigen. Für die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht bedienen sie sich hingegen pfeifender Laute, welche an jene von Hasen erinnern und für Angehörige anderer Völker äußerst schwer zu verstehen und nachzuahmen sind. Die Kommunikation mit Hilfe normaler Sprachen wie dem Gmer ist innerhalb der Trogglingsgesellschaft unüblich und wird lediglich für den seltenen Austausch mit anderen Völkern verwendet. Wenn Trogglinge einmal die Unterwelt Rakshazars verlassen, dann geschieht dies vor allem nachts, denn eigentlich wollen sie von den Angehörigen der anderen Spezies nicht entdeckt werden, da diese sich selten anders als feindselig verhalten.

Üblicher ist es, dass sie die Welt unter Tage unermüdlich auf der Suche nach Essbarem durchstreifen. Das Leben ist hart für einen Trogglingstamm. Nur der Zusammenhalt der Sippe garantiert das Überleben. Die Pilze, welche in der Tiefe wachsen, und das Fleisch von Grablöfflern ergeben eine sehr karge Kost. In den tieferen Schichten und Höhlen lauern oft Gefahren, denen man nur mit der Gemeinschaft des gesamten Stamms entgegentreten kann. Trogglinge sind wenig wählerisch, was Nahrung angeht. Sie verköstigen jede Art von Fleisch, auch das Aas von Menschen oder anderen Trogglingen. Anders als manches finstere Gerücht besagt, machen sie keine Jagd auf andere Kulturschaffende, sondern verwerten lediglich die Überreste von solchen, die bereits auf andere Weise aus dem Leben geschieden sind.

In Rakshazar gibt es die Krankheit der Fäule und die der leicht damit zu verwechselnden Pseudofäule. Während die Fäule vor allem Agrim betrifft, können an der Pseudofäule auch Orks, Steinechsen, Menschen und Brokthar erkranken. Egal welche dieser Krankheiten sie erwischt, die Erkrankten leiden an körperlichen Verfall. Wenn die Seuche in eine fortgeschrittenes Stadium eintritt, entschließen sich die Opfer nicht selten, sich Trogglingsstämmen anzuschließen. Ihr Äußeres spielt in der lichtlosen Welt unter der Erde keine Rolle, ja, zuweilen ähnelt es sogar dem der eigentlichen Trogglinge. Diese scheinen immun gegen die Infektion zu sein, was darauf hindeutet, dass das, was sie einst in ihre jetzige Gestalt transformiert hat, mit der Fäule und der Pseudo-Fäule verwandt ist und ihr Immunsystem auf die Begegnung mit ihnen vorbereitet hat. So finden Infizierte in der Regel freundliche Aufnahme und werden in den Stamm integriert. Aus diesem Grund kann man immer wieder einmal auf Trogglinge stoßen, die doppelt, dreimal oder viermal so groß sind wie ihre Stammesgenossen.

 

Weltsicht und Glaube

Dass ihre Vorfahren sehr viel weiter entwickelt waren, als sie selbst es heute sind, ist den Trogglingen nicht nur bewusst, sondern in Fleisch und Blut übergegangen. Sie betrachten ihre Ahnen aus der Zeit vor Fäule und Mutation als quasi-göttliche Wesen. Daher beten sie von diesen oder ihnen ähnlich scheinenden Wesen geschaffene Statuen an, die sie in verlassenen Bingen, aufgegebenen unterirdischen Kulträumen oder vorzeitlichen Zissmen finden. Im Westen Rakshazars, vor allem rund um das Göttergebirge und das Ödland(t), sind dies vor allem Zwergenstatuen.

 

Magie

Einige Trogglinge sind mit den magischen Prinzipien des Schamanismus vertraut. Man behauptet außerdem, die Trogglinge würden Zauber mit Hilfe magischer Gesänge wirken und sich durch Stein bewegen wie durch Luft.

 

Tracht und Bewaffnung

Die Kleidung der Trogglinge besteht in aller Regel aus einfachen Tuniken und einer Kapuze aus Echsenleder. Um ihre Füße wickeln sie Lederstreifen, lassen aber Zehen und Fußkrallen frei, damit sie beim Klettern nicht behindert werden. Jeder Troggling besitzt einen aus Pilzfasern gewebten und auf spezielle Weise imprägnierten Schal, den er sich vor den Mund und die Nasenöffnungen bindet, wenn er das Aufsteigen giftiger Dämpfe befürchtet.

Wenn sie sich doch mal an die Oberfläche begeben, schützen sich Trogglinge mit langen, ledernen Kutten, Stoffstreifen und Augenbinden vor der Sonne. Durch die Augenbinden können sie zwar kaum etwas sehen, aber immerhin lindert sie den Schmerz, den das Licht sonst hervorrufen würde. Besonders wohlhabende Trogglinghäuptlinge tragen Augengläser aus Obsidian. Diese sind jedoch sehr selten und ungemein kostbar.

Ihre Waffen und Werkzeuge stellen die Trogglinge meist aus Knochen und Stein her oder stehlen sie aus Siedlungen der Umgebung. Ein einzelner Troggling mag im offenen Kampf keine Gefahr für einen Krieger eines anderen Volkes darstellen. Doch die Trogglinge haben sich darauf verlegt, in Überzahl zu kämpfen, und sind sich für keinen auch noch so hinterhältigen Trick zu schade.

 

Handwerk

Die Trogglinge sind eine primär spätsteinzeitliche Kultur und kratzen das bisschen Kupfer und Kohle, welches sie für ihren Eigenbedarf brauchen, aus den alten Höhlenwänden. Trogglinge verstehen sich durchaus noch auf einige Techniken der Metallverarbeitung, doch unermesslich viel von dem, was ihre Vorfahren einst wussten, haben sie vergessen. Kupfer ist das einzige Metall, das sie selbst verarbeiten können. Da das weiche Metall kaum für Waffen taugt, werden daraus Ritualgegenstände oder Schmuck gefertigt. Andere Metallgegenstände, die die Trogglinge besitzen, stammen entweder aus den geheimen Schatzhorten oder sie wurden Oberflächenbewohnern abgekauft oder gestohlen.

 

Sitten und Gebräuche

Das Geschlecht eines Trogglings ist nur schwer feststellbar, selbst wenn er nicht von Kopf bis Fuß in Lumpen gehüllt ist. Da es im Alltag keine Rolle spielt, bemühen sich die anderen Trogglinge auch nicht darum. Erst wenn sie in die Paarungszeit eintreten und die jährlichen Paarungsrituale beginnen, schenken sie ihm plötzlich Beachtung.

Ist diese Zeit gekommen, treffen sich zwei oder mehrere befreundete Sippen in einer großen, sicheren Höhle, um den Nachwuchs zu zeugen. Ehen kennen die Trogglinge nicht, Kinder werden stets von der ganzen Sippe aufgezogen.

Sind alle Trogglinge im paarungsfähigen Alter eingetroffen, beginnen die einleitenden Gesänge. Gesang kommt in der Trogglingskultur eine herausragende Bedeutung zu, nicht nur während der Paarungszeit. Mangels Schrift überliefern die Trogglinge mit ihrer Hilfe ihre Legenden und Traditionen. Eine spezielle Singsprache ermöglicht es ihnen, sich in den verzweigten Stollen und Höhlen über weite Entfernung zu verständigen. Trogglinge können sich außerdem anhand von Echos in der Finsternis orientieren. Diese Kunst hat außer ihnen keine andere kulturschaffende Spezies gemeistert. Ungeachtet ihres unansehnlichen, blassen Äußeren haben Trogglinge eine wunderschöne Stimme, die sie bei den Sanskitaren als Unterhaltungssklaven sehr beliebt macht.

 

Darstellung

Trotz ihres unheimlichen Äußeren und der harten Umgebung, in der sie leben, sind Trogglinge erstaunlich sanftmütige Geschöpfe. Ihre Aggressionen gelten vor allem Beutetieren, Eindringlingen oder Gefahren aus der Tiefe. Trogglinge leben nach dem Prinzip: „Jeder bleibt auf seiner Seite des Zauns, dann sind alle zufrieden.

Dies bedeutet, dass sie im Regelfall nicht angreifen, wenn sie nicht selbst attackiert werden. Potenzielle Gefahren versuchen sie vielmehr durch Einschüchterung zu vertreiben. Neuerdings bröckelt diese Überzeugung, die die Trogglinge wiederholt durch amahsische Sklavenjäger in ihren lichtlosen Tiefen attackiert worden sind. Dies schürt ihr Misstrauen und ihren neuen Pessimismus, der bei Besuchern von oben zunächst einmal feindliche Absichten unterstellt.

Bewegen sich Trogglinge an der Oberfläche, erschienen sie anderen Kulturschaffenden meist reichlich weltabgewandt. Die Oberwelt ist ihnen unbekannt und ihrem Wesen überaus fremd. Ausgerechnet die Trogglinge der lebensfeindlichen und abgelegenen Aschewüste erweisen sich dabei als am weltgewandtesten. Sie kommen sporadisch in Kontakt mit den “Lichtlingen”, wie sie die Oberflächenbewohner nennen. So plagen sich die Trogglinge selbst, aber auch ihre Gesprächspartner mit Unmengen an gegenseitigen Ressentiments herum. Legenden über die Bewohner der Tiefen sind düster und zeugen von immenser Unwissenheit über das Trogglingsvolk. Umgekehrt sieht es kaum anders aus.

Die meisten ihrer Sitten und Riten erscheinen Außenstehenden fremdartig und unmenschlich. Dies erleichtert die Kommunikation über die Völkergrenzen hinweg nicht gerade. Ein Troggling fühlt sich an der Oberfläche normalerweise allein und isoliert. Es ist daher sein Bestreben, so schnell wie möglich in die Unterwelt zurückzukehren. Es drängt ihn also, seine Angelegenheit rasch und tunlichst ohne jede Verzögerung zu erledigen. Dennoch zieht es ihn nicht selten wieder zurück in die unbekannte Welt “dort oben”, wird er doch, wie es der Art seines Volkes entspricht, von penetranter Neugier getrieben. Dieser Widerspruch sorgt für ein permanent zwiespältiges Verhältnis eines Trogglings zur Welt an der Oberfläche.

 

Typische Namen

Huji, Höa, Jam, Kaa, La, Pia, Phiat, Phileet, Quan, Qal, Tam, Tyleet, Ujlla, Ya

Trogglinge unterscheiden nicht zwischen männlichen und weiblichen Namen und kennen auch keine Familiennamen. Zumeist bestehen Troggling-Namen aus melodischen Tönen, die für andere Wesen schwer nachzuahmen sind, und selten aus mehr als zwei Silben.

 

Was denken die Trogglinge über …

  • Oberflächenbewohner allgemein:Manche der Kleinäugigen kommen in unsere Höhlen und wollen uns die Relikte unserer Ahnen stehlen. Dann müssen wir sie vertreiben. Andere aber sind recht freundlich und wollen hartes Metall gegen glitzernde Buntsteine eintauschen.
  • Faulzwerge:Sie sind die bösen Geister und Dämonen, die unsere Ahnen töteten!“
  • Irrogoliten:Einst traf ich einen Kleinäugigen, der mir von einem Geist erzählte, der mächtiger sei als alle anderen Geister, und sagte, er wolle meine Seele retten. Wovor nur?
  • Amhasim:Sie wollen unsere Schätze, unsere Körper und auch noch unsere Felsen. Sie sind die Geister der Gier!

 

Warkash, Kamesh und die Weißpelzorks

 

 

“Die Mythologie der Weißpelze erzählt von Warkash, dem Weißen, Sohn Taugrachs und Bruder RashRaghs. Warkash liebte seinen Vater und galt als ihm treu und loyal ergeben. Als RashRagh seinen Vater Taugrach erschlug, weinte Warkash bitterlich und großer Zorn gegen seinen Bruder kam in ihm auf. Doch wusste Warkash, dass er im Zweikampf nicht gegen seinen Bruder bestehen konnte, und so blieb ihm nur, voller Enttäuschung und Scham zu fliehen. Einsam zog er durch die Weiten Deres, bis er sich nach unzähligen Jahren endlich niederließ, um selbst eine Sippe zu gründen. In jenen Tagen schöpfte er neuen Mut und schwor, Rache an seinem Bruder zu nehmen, obwohl er wusste, dass noch viele Jahre vergehen würden, bis die Zeit dafür gekommen wäre. Als es aber endlich soweit war, schlug er überraschend und äußerst blutig zu wie eine wilde Bestie. Es heißt, er habe den Aikar RashRagh, den auserwählten Champion seines Bruders, im ehrlichen Zweikampf erschlagen und sich gierig an seinem rohen Fleisch gelabt. Aber noch in der Minute seines Ruhmes rächten sich die Anhänger RashRaghs und verdammten ihn von dieser Welt. Seither wurden weder er noch der Aikar RashRagh in Rakshazar wiedergesehen.

Vom Tag des Todes ihres Stammvaters an galten die Nachkommen Warkashs als Feinde jedes RashRagh-treuen Schwarzfellorken und sie jagten die Weißpelze unermüdlich, bis diese schließlich Zuflucht fanden an einem heiligen Ort in den Bergen des Westens. Sie wurden geführt von einem Gott, der sich ihnen in ihrer Not offenbarte und den sie Kamesh den Retter nannten. Er bewahrte Warkashs Kinder vor dem Untergang. Von da an wandelten sich die alten Bräuche und Werte der Weißpelze, und alles richtete sich auf die Macht ihres neuen Gottes aus. Einige wenige aber haben sich von Kamesh losgesagt und sind davongegangen, um nach den alten Werten und Traditionen Warkashs zu suchen.“

— Vortrag eines Gelehrten aus Shahana, neuzeitlich

 

Kurz vor Ende des Zehnten Zeitalters erschien mit den Weißpelzorks bzw. Rochkotaii eine Subspezies der Orks, die sich von den Schwarzpelzorks abgespalten hatte. Wer sie verstehen möchte, muss ihre Geschichte kennen. Zwischen den riesländischen und den aventurischen Weißpelzen scheint keine direkte Verbindung zu be­ste­hen. Offenbar ist diese seltene Mutation im Erbgut der Orks angelegt und kommt unter bestimmten Umständen zum Tragen, etwa bei einem Leben in großer Kälte.

Ihre Mythologie berichtet von Warkash dem Weißen, Sohn Taugrachs und Bruder RashRaghs, und seiner Flucht vor letzterem in die Berge des Westens. Tatsächlich hat es sich wohl so abgespielt, dass Warkash, schon damals mit einem weißen Pelz ausgestattet, als Prophet auftrat und viele Schwarzpelzorks zu einem düsteren Schädelkult verführte. In der archaischen Variante seines Kultes fielen seine Anhänger über ihre Brüder her und opferten sie zu Hunderten auf ihren Altären.

Schließlich schlugen die Schwarzpelzorks, die an den Gott RashRagh glaubten, zurück und vertrieben Warkash und seine Anhänger bis in das Gebiet des heutigen Tals der Klagen. Dies geschah in der Zeit zwischen dem Kataklysmus und dem Zweiten Drachenkrieg, das Eherne Schwert war also noch nicht zu dem Hochgebirge aufgetürmt, das es heute ist, und das heutige Tal der Klagen bildete zusammen mit Ödlandwall und Schwefelklippen ein Vorgebirge des Schwerts, der heutigen Götterberge. In der schroffen Gebirgslandschaft trafen Warkash und seine Jünger auf einen Ork namens Kamesh, einen Stammesältesten, der über eine große Zahl von schwarz­pelzigen Orks befahl. Niemand weiß mehr zu sagen, wie die Verhandlungen zwi­schen den beiden Anführern verliefen, doch am Ende unterstellte Kamesh den Neu­an­kömm­ling und seine Kultisten seinem Schutz und schlug die angreifenden Schwarzpelzorks aus dem Osten blutig zurück. Warkash und seine Leute siedelten sich im Gebirge an.

Höchstens ein bis zwei Jahre später müssen sie Brakka-Arkaii, die Höhle der Schädel, erreicht haben, die ihnen als die legendäre Stätte ihrer Geburt gilt. Es ist unklar, ob Warkash und seine Anhänger diesen Ort selber fanden oder ob er ihnen von Kamesh zugewiesen wurde. Als gesichert gilt indes, dass Warkash und seine Anhänger ihn lange als ihre Wohnstatt nutzten, dass sie etwas getan haben müssen, das auch die Fellfarbe der anderen Orks von schwarz zu weiß änderte, und dass der Prophet seinen Jüngern hier die Lehre vom Crerk offenbarte. Danach wohnt dem Kopf jedes Lebewesen ein Crerk inne, sein ureigenes, ursprüngliches Tier, das ihm überhaupt erst das Leben in seinem derischen Körper ermöglicht und das Ursprung seiner wahren Natur und Instinkte ist. Jeder Weißpelz hofft, dass er nach seinem Tod wiedergeboren wird, indem sein Crerk in einen neuen Körper „gegossen“ wird, etwas, das nur die Götter bewerkstelligen können. Die Wiedergeburt, so glauben die Rochkotaii, garantiere ihnen ein dauerhaftes Überleben in der diesseitigen Welt und liefere sie nicht dem Granosh aus, dem „ewigen, traumlosen Nichtschlaf“. Wieder­ge­bo­ren werden könne ein Ork aber nur dann, wenn sein Crerk nach dem Tode dem Schädel entweichen könne. Deshalb bemühen sich die Rochkotaii darum, die Schädel verhasster Feinde nicht zu zerbrechen oder anderweitig zu beschädigen. Sie versiegeln sie vielmehr mit Ton und Steinen und glauben, die Seele des Feindes dadurch darin gefangengenommen zu haben.

Warkash wurde von den Weißpelzorks nunmehr als ihr Stammvater angesehen und mehr und mehr vergöttlicht. Sie schrieben ihm die Fähigkeit zu, ihnen die Wiedergeburt zu ermöglichen, und bemühten sich darum, sich als seiner würdig zu erweisen. Als Sohn Taugrachs und Bruder RashRaghs wurde Warkash in das orkische Götterpantheon integriert. Der Prophet indes lehrte seine Anhänger die Achtung vor allen Mitgliedern der Gemeinschaft, die in seinen Augen allein das Überleben garantierte, spezielle Jagdmethoden, Kampfriten und -strategien, grob­schläch­tig aber effektiv, und andere Gebote, vom richtigen Ausweiden von Beute und der korrekten Vorgehensweise beim Köpfen und Häuten von Feinden bis hin zur Wahl eines angemessenen Schlafplatzes. Niemand weiß mehr zu sagen, wie lang genau Warkash über seine Anhänger herrschte, doch wie es scheint, kam er eines Tages unter höchst mysteriösen Umständen ums Leben. Betrachtet man, wie die Geschichte danach weiterging, spricht einiges dafür, dass der Orkälteste Kamesh bei Warkashs Ableben gehörig nachgeholfen haben könnte. Die Weißpelze waren vom Tod ihres „Gottes“ zunächst völlig überrumpelt. Natürlich waren die Orks auch in der Vergangenheit bisweilen Glaubensprämis­sen gefolgt, die sich dann als fehlerhaft herausstellten, aber da hatte man solche Dinge durch Mythen verklärt. Wo­möglich hätte sich auch diesmal die Geschichte verbreitet, Warkash sei in den Himmel aufgefahren und zu seiner göttlichen Familie zurückgekehrt, wäre seine tiefgefrorene Leiche nicht exakt in der Mitte der zen­tralen Höhle Brakka-Arkaiis gefunden worden, für alle Weißpelze des Stamms deutlich sichtbar. Verwirrung machte sich breit, und großer Unmut. Es war wirklich sehr unhöflich von jemandem, der ein Gott war und somit unsterblich, durch sein plötzliches Ableben die natürliche Ordnung der Dinge durcheinanderzubrin­gen. Die Stimmung war gereizt, und allenthalben kam es zu Streit. Manche Weißpelzorks verteidigten ihren Stammvater und meinten, er werde schon seine Gründe gehabt haben, seinen Tod zu inszenieren, andere fühlten sich im Stich gelassen. Eine dritte Fraktion behauptete, man sei einem Schwindler aufgesessen, ei­nige wenige, die darauf hinwiesen, dass es die Orks selbst waren, die Warkash zu einem göttlichen Wesen erklärt hatten, wurden auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Einige wollten Warkashs Leiche beerdigen, an­dere sie verbrennen, wieder andere plädierten dafür, sie zu konservieren, falls Warkash sich entschließe, in seinen sterblichen Körper zurückzukehren. Zeitgleich mit dem Tod ihres Anführers entbrannte auch der Streit um seine Nachfolge, und bald schon waren es nicht weniger als fünf der stärksten Weißpelze des Stammes, die das Amt des Aikar beanspruchten. Ein Bürgerkrieg drohte die Gesellschaft endgültig zu spalten. Da erschien auf einmal Kamesh und forderte von den Weißpelzorks, sich ihm zu unterwerfen. Die Orks lachten und verspotteten ihn ob seiner Unverschämtheit, da forderte er die fünf potenziellen Anführer zum Kampf – nicht nacheinander, sondern alle auf einmal. Was nun geschah, darüber gibt es ganz unter­schiedliche Legenden, jeder der Orks wollte am Ende etwas anderes gesehen haben. Kamesh wuchs plötz­lich auf das Zehnfache seiner Größe an, heißt es, oder dass er sich in einen Drachen verwandelte. Einige behaupten, dass ein gleißendes Licht die gesamte Höhle erfüllt habe, andere, dass sein Pelz lichterloh in Flammen stand. Der Kampf indes dauerte nur Sekunden. Als sich die Weißpelze von dem Schock erholten, den das seltsame, übernatürliche Phänomen bei ihnen hervorgerufen hatte, lagen die fünf Aikar-Kandida­ten mit abgeschlagenen Köpfen am Boden, und über ihnen stand Kamesh, dessen Fell weiß geworden war wie das der anderen Orks. Seine Augen strahlten glühend rot, und er stieß ein triumphales Siegesgeheul aus. Wenig später lagen die anderen Orks am Boden und huldigen ihrem neuen Aikar, der ihnen Schutz und Führung anbot.

So beruhigten sich die Kämpfe unter den Weißpelzen, der Glaubenskonflikt indes schwelte im Unter­grund weiter. Während Warkashs treue Anhänger die Ansicht vertraten, wenn ein Ork die Wiedergeburt ver­dient habe, dann sicher der Prophet, und man müsse nach einem neugeborenen Ork Ausschau halten, der Warkashs Crerk in sich trage, spotteten andere und nannten den Propheten einen Hochstapler und einen Lügner. Kamesh nutzte jede Gelegenheit, diese Zweifel am Propheten und an seiner Göttlichkeit zu nähren. Unter den Rochkotaii begann sich die Meinung auszubreiten, Warkash habe durch seine „feige Flucht“ aus dieser Welt sein Volk im Stich gelassen. Zeitgleich wurde wieder und wieder die Geschichte von Kameshs glorreichem Kampf gegen die fünf Orkanführer erzählt, und dieser sorgte dafür, dass bei jeder Er­zäh­lung weitere Details hinzugefügt wurden, die seine Stärke und seinen Heldenmut unterstrichen. Schließlich kamen Gerüchte auf, Kamesh sei der Auserwählte eines Gottes, wenn nicht gar selbst ein Gott, et­was, das der Aikar weder bestätigte noch dementierte, er erging sich lediglich in nebulöse Andeutungen, wel­che die Orks zu neuen Spekulationen anstachelten.

Die Frage indes, wie die Weißpelze verfahren sollten, um auch in Zukunft wiedergeboren zu werden, wurde immer drängender. Treue Warkash-Anhänger schlugen vor, den Propheten um seine Rückkehr anzuflehen und zugleich nach seiner Reinkarnation Ausschau zu halten. An­de­re forderten, den Glauben an Warkash abzulegen und die Verehrung ihres alten Götterpantheons wiederaufzunehmen, das man in Teilen ohnehin noch verehrte. Da unterbreitete Kamesh ihnen einen Alternativvorschlag. Er, der Aikar Kamesh, habe die Orks nun lange beobachtet, erklärte er. Sie hätten bereits ihren tiefen Glauben, ihre Tapferkeit und ihre Stärke unter Beweis gestellt, jetzt sei es an der Zeit, den nächsten Schritt zu wagen. Er kenne einen Gott, der exakt für die Tugenden stehe, welche den Weißpelzen offenbar in solchem Überfluss zu eigen seien. Die Zeit sei gekommen, mit ihm einen Handel zu schließen, bei dem beide Seiten nur gewinnen könnten. Wenn die Weißpelze bereit seien, die Traditionen des Schwächlings Warkash hinter sich zu lassen und sich seinen Lehren zuzuwenden, welche da seien Strebsamkeit, Macht und Überlegenheit, Rache, gerechter Zorn und Hass, werde er sie zu den mächtigsten Kriegern des Kontinents machen und ihnen die Wiedergeburt schen­ken. Die Orks fragten nach dem Namen des Gottes, doch Kamesh erklärte ihnen, dass dieser Gott kei­nen Namen habe. Viele Weißpelze hegten Zweifel an den Worten des Aikar und weigerten sich, dem von ihm behaupte­ten neuen Gott zu huldigen, doch mit der Zeit nahmen mehr und mehr Orks das Angebot an, sei es, weil Kamesh sie überzeugte, sei es, weil sie nicht riskieren wollten, in der Schlacht zu fallen, ohne dass ihnen ein Gott zur Seite stand, um ihr Crerk zu retten. Die anderen wandten sich wieder Warkash zu und begannen nach dessen Reinkarnation zu suchen, die Rückkehr der Weißpelze zu ihrem alten Pantheon indes wurde nicht länger diskutiert. Die alten Orkgötter sind für die Weißpelze bis in die heutige Zeit hinein nur Nebengötter, wobei RashRagh meist verach­tet wird und andere beiläufige Verehrung erfahren.

Die Geschichten um den Kampf des jetzigen Aikar gegen seine fünf Konkurrenten begannen allmählich zu verblassen, also sorgte Kamesh dafür, dass die Weißpelze ihn bei weiteren Wun­der­dingen beobachten konnten. Hier tötete er einen Feind mit einem schwarzen Blitz aus seinen Fingerspitzen, dort entfachte er mit einem einzigen Wort ein gewaltiges Feuer, dann wiederum heilte er einen schwer erkrankten Rochkotaii. Murmeln und Munkeln machten sich unter den Weißpelzen breit, und wiederum hieß es, Kamesh sei der Auserwählte des Gottes ohne Namen, andere vermuteten gar, er selbst sei dieser Gott, und begannen einen Synkretismus aus beiden unter dem Namen Kamesh anzubeten. Erneut enthielt sich der Aikar jedes Kommentars dazu und erging sich lediglich in nebulösen Andeutungen. Offenbar kam hier ein Plan zum Abschluss, den der Aikar Kamesh schon gefasst hatte, als er der Warkash-Kultisten, verfolgt von ihren schwarzpelzigen Artgenossen, zum ersten Mal ansichtig wurde. Er hatte ihnen Schutz und Heimstatt geboten und sich damit ihr Vertrauen erschlichen, er hatte Warkashs Wahnidee von der Lebenskraft, die dem Schädel innewohnt, studiert, daraus die Lehre vom Crerk entwickelt und sie dem Propheten eingeflüstert, der sie an seine Jünger weitergab, und er nutzte nunmehr den von ihm etablierten Glauben, um die Weißpelzorks zu dem Herrn zu bekehren, dem er selber diente, und das war kein geringerer als der Widersacher.

Diejenigen, die den Glauben an Warkash nicht aufgeben wollten, wurden zunächst toleriert, unterstanden sie doch trotzdem dem Befehl ihres Aikar, auch wenn sie – sehr zu Kameshs Ärger – in dieser Zeit den ersten Schädelhüter einsetzten. Der Schädelhüter, so behaupteten die Warkash, sei die Re­in­kar­na­ti­on eines Teils von Warkashs Crerk. Der andere Teil, der nicht im Schädelhüter wiedergeboren sei, wohne im Schüler des Schädelhüters, seinem Nachfolger, so sei immer ein Schädelhüter im Amt und die Linie von Warkashs Wiedergeburten werde nie unterbrochen. Tatsächlich gelang es dem Schädelhüter, sich als zweite Autorität neben dem Aikar zu etablieren, der bald darauf sann, den lästigen Konkurrenten ein für allemal loszuwerden. Aber dazu sollte es nicht mehr kommen. Als der Güldene Drache Pyrdacor von Aventurien aus den Gott ohne Namen um Hilfe im Kampf gegen seinen verhassten Bruder Famerlor und dessen Gefolge anrief und der Namenlose seine Bitte scheinbar gewährte, um den Drachen der Elemente zu verderben und Aventurien zu unterwerfen, erging der Kriegsruf auch an Kamesh und sein Volk. Als enger Vertrauter des Daimoniden Kazak watet-in-Blut, eines Feldherrn des Namenlosen, befahl der Aikar seinen Kriegern, Seite an Seite mit Trollen aus Kazaks Gefolge das Eherne Schwert zu überqueren. Doch er kam niemals auf dem Nachbarkontinent an. Im Gebiet des heutigen Korrun stemmte sich Kameshs Tross eine Armee aus Hochelfen und Drachen entgegen. Das blutige Gemetzel kostete auf beiden Seiten unzählige Todesopfer und endete mit der vollständigen Vernichtung der Trolle und Orks. Die widernatürlichen Nachwirkungen der Schlacht suchen diesen Ort noch heute heim.

“[…] viele Riesen von Drachen ermordet, die Berge aufgewühlt, unsere Vettern versteinert. Heute noch stehen sie dort, während unsere Brüder Zauber weben, um das Tal mit dem Meer wieder grün und lebendig zu machen. Unsere Frauen bringen dort unsere Nachfahren zur Welt, und mein Volk wächst wieder, während immer neue Ratten den Weg durch die Höhlen dort nach Sumutul finden.”

— Der Riese Erzbart über Korrun

 

In Brakka-Arkaii fanden sich nur noch klägliche Reste des einst so stolzen Volkes der Weißpelzorks, die Alten, die Kranken und die Kinder, welche der Aikar nicht mit auf die lange Reise hatte nehmen können. Auf diese Weise der Degeneration preisgegeben, hofften die Orks noch Jahrzehnte später, dass ihre Familien und ihr geliebter Anführer eines Tages in die Heimat zurückkehren würden, was aber natürlich niemals geschah. Eine neue Generation von Weißpelzen wuchs heran, und die Alten erzählten ihnen Geschichten vom Gott Kamesh, der erschienen sei, um die Rochkotaii zu erlösen, und der wieder in den Himmel aufgefahren sei, als seine Mission vollendet war. Zugleich lehrten sie die Kinder alles, was Warkash ihnen beigebracht hatte. Die Kultur der Orks begann sich von den Verlusten zu erholen und in eine neue Blütezeit einzutreten. Es schien sogar, als wür­den die Orks die Spaltung ihres Volkes überwinden und Warkash und Kamesh als gleichberechtigte Part­ner im orkischen Götterhimmel etablieren. Doch just in dieser Zeit begannen der Alte Drache Fuldigor und der Elementarherr des Erzes auf Geheiß der Götter das Ritual, welches das Eherne Schwert zu seiner heutigen Gestalt auftürmte.

In der Folge wurde die Heimat der Weißpelze bis in ihre Grundfesten erschüttert. Gigantische Erdbeben durchzogen den Kontinent bis weit ins heutige Ödland und in die Geistersteppe hinein. Die Heimat der Orks stand genau im Zentrum der Beben, wurde doch der Großteil des hier befindlichen Gebirges von den Urgewalten, die Fuldigor mit Hilfe des Elementarschlüssels entfesselte, einfach fortgeschoben, um sich fortan als Teil der Götterberge zu erheben. Auch das Ödland(t) und die Geistersteppe verdanken ihre heutige Gestalt dem Auftürmen des Ehernen Schwerts. Vor Fuldigors Ritual waren diese Gebiete deutlich weniger wüst und lebensfeindlich und lagen deutlich höher über dem Meeresspiegel. Inwieweit das Ritual auch Gestalt und Charakter des heutigen Bornlands verändert hat, ist weitestgehend unerforscht, die Ergebnisse indes könnten womöglich einen erhellenden Blick auf die Geschichte des aventuri­schen Nordens werfen.

Als viele Jahre später die Beben langsam abklangen, war von den Bergen, die sich einst hier erhoben, so gut wie nichts mehr zu sehen. Das Tal der Klagen war entstanden, und sein Entstehen hatte den Großteil der Weißpelzorks das Leben gekostet. Es kommt einem Wunder gleich, dass nicht auch Brakka-Arkaii und die angrenzenden schwarzen Basaltfelsen von der Katastrophe zerstört worden waren, aber vermutlich ist die Erklärung dafür recht banaler Natur – Fuldigor hatte die Heimstätte der Weißpelzorks absichtlich verschont, um ihr Volk nicht der vollständigen Vernichtung preiszugeben. Über die Jahrhunderte stabilisierte sich ihre Zahl, zumal die Lebensbedingungen im neu entstandenen Tal auf lange Sicht deutlich besser waren als in dem Gebirge, das sich zuvor an dieser Stelle befunden hatte, ihre Kultur indes erholte sich nie wieder von diesem Schicksalsschlag. Die überlebenden Orks gerieten erneut in Streit und spalteten sich in die Warkashii, die nach wie vor ihre Hoffnungen in den längst verstorbenen Ahnherren setzten, und die Kameshii, die bis heute treue Gefolgsleute des Namenlosen sind, den sie unter dem Namen ihres verschollenen Aikar verehren: Kamesh.

Das Gebiet um Brakka-Arkaii, die „Heilige Höhle der Schädel“, blieb das Hauptsiedlungsgebiet der Rochkotaii. Als die Weinenden Wasser – mutmaßlich durch eine seeseitige Über­schwem­mung großer Teile des Tals der Klagen – entstanden, verloren die Orks ein großes Stück Land an die Fluten, doch blieben ihnen das Grasland, die Markashmor-Auen und weite Teile des Moors. In der Anfangszeit noch nicht so fruchtbar und beutereich wie heute, ließ das karge Land viele der Orks hungrig zurück. Es gibt Anzeichen dafür, dass die Kameshii sich in dieser Zeit eine neue Nahrungsquelle erschlossen – ihre Artgenossen, darunter vor allem die verhassten Warkashii. Dadurch stieg die Zahl von Kameshs Dienern, die jetzt wieder ordentlich im Futter standen, beständig an, während die verarmten Anhänger des Propheten einer nach dem anderen im Magen ihrer Brüder endeten. Das gewaltige zahlenmäßige Ungleichgewicht zwischen Warkashii und Kameshii zugunsten der Kameshii entstand in dieser Zeit. Als das Leben in das Tal zurückkehrte, bildeten die Jünger des Propheten nur noch eine Minderheit, die nach und nach von den Kameshii aus dem Gebiet um Brakka-Arkaii verdrängt wurde. Heute siedeln die Warkashii vor allem am Westrand der Markashmor-Auen, ihr Einfluss reicht aber auch bis in die Berge und Klüfte der nördlichen und westlichen Gebirge – und weit über das Tal hinaus. Am Rande der Vaestfogg sind ebenso Warkashii zu finden wie im gesamten Hohen Norden Rakshazars bis hin zum Thunaer Karst.

Brakka-Arkaii, die Heilige Höhle, erwies sich als beständiger Zankapfel zwischen den beiden Orkstämmen. Den Warkashii gilt sie noch immer als heilig. Im Innern der Höhle werden seit Jahrtausenden die Schädel der erschlagenen Feinde der Warkashii gestapelt und gehortet, um ihre Seelen auf ewig an der Wiedergeburt zu hindern. Nach der Tradition muss jeder Warkashii mindestens einmal in seinem Leben einen Schädel eines erschlagenen Feindes hinzufügen und die Nacht in der Höhle verbringen. Den Kameshii hingegen gilt dieser Ort wenig, und sie haben sich von ihm abgewandt, wie von allen Traditionen ihres Stammvaters. Indes liegt Brakka-Arkaii auf ihrem Territorium, und so verwehrten sie den rivalisierenden Weißpelzorks den Zutritt zu ihrer heiligen Höhle. Die Folge war ein Jahrhunderte währender blutiger Krieg, der beide Seiten so teuer zu stehen kann, dass sie schließlich vor einigen Jahrzehnten einen brüchigen Friedensvertrag schlossen, der den Warkashii den Zugang zur Höhle und freies Geleit durch das Siedlungsgebiet der Kameshii sichert. Ein gefährliches Unterfangen bleibt es für die Warkashii dennoch. Die Umgebung der Schädelhöhle gleich einem gewaltigen Heerlager mit manchmal zig-, bisweilen sogar hun­dert­tausenden von Orks, das die Warkashii allein oder in kleinen Gruppen durchqueren müssen, und es gibt keinen Kameshii, von dem ihnen dabei kein offener Hass entgegenschlagen würde. Dies umso mehr, als die Warkashii mitunter auch die Schädel erschlagener Kameshii in die Höhle bringen. Vermutlich wären daraus resultierend längst wieder neue Kämpfe entbrannt, wäre es nicht der Gott ohne Namen, dem die Kameshii dienen. Und der hat sie gelehrt, einen Verbündeten, der schwach ist und sich von seinen Feinden erschlagen lässt, mit Verachtung zu strafen. Die Kameshii empfinden also kein Mitleid mit ihren gefallenen Kameraden, dass die Warkashii ihre versiegelten Schädel in die Heilige Höhle bringen und ihnen somit die Wiedergeburt verwehren, gilt ihnen als gerechte Strafe für deren Versagen.

Unter den übrigen Kulturschaffenden des Tals halten sich hartnäckige Gerüchte, dass die Ka­me­shii ihre kannibalischen Umtriebe niemals abgelegt haben. Sie sollen die Kadaver erschlagener Artgenossen nach der Entfernung der Schädel nicht ungenutzt lassen und sie genüsslich verspeisen. Auch wenn es keine direkten Beweise dafür gibt, könnte Kannibalismus ein Stück weit die große Zahl der Orks im Tal erklären, die als reine Jäger und Sammler eigentlich sehr viel früher an die Kapazitätsgrenzen ihrer steinzeitlichen Gesellschaft hätten stoßen müssen.

 

 

Warkash

Warkash ist ein vergöttlichter Anführer der Rochkotaii. In letzter Konsequenz profitiert der Widersacher von seinem Kult. Seine Aspekte sind Glück (wörtlich übersetzt: „sattes Leben“), Tradition, Respekt, Instinkt, Überleben, Kampf, Jagd und Wiedergeburt. Brakka-Arkaii, die Höhle der Schädel, gilt ihm als Heiliger Ort, wo er die Schädel erschlagener Feinde als Opfergaben akzeptiert. Verhasst sind ihm die Schwarzpelzorks und ihre Götter, der Gott Kamesh sowie die weltlichen Feinde der Warkashii. Die Anhängers Warkashs sind überzeugt, dass ihr Gott sie in das „Kroshnok“, das „satte Leben“ führen werde, wenn sie sich würdig erweisen und mutig für ihn kämpfen. Sein Kult kennt keine Hierarchie, aber sein Einfluss auf die einzelne Sippe ist groß.

 

Kamesh

Auch Kamesh ist ein vergöttlichter Anführer der Rochkotaii. Er war ein Aikar aus der Zeit des Zweiten Drachenkrieges, der im Ehernen Schwert ein eisiges Grab gefunden hat und hinter dessen Kult sich heute der Namenlose verbirgt. Der Widersacher profitiert also von beiden Hauptkulten der Weißpelze und ebenso von deren Streit. Aspekte des Kamesh sind Rettung, Wiedergeburt, Strebsamkeit, Macht, Überlegenheit, Rache, gerechter Zorn und Hass. Als heilig gelten ihm die Aschewüste und Astana, der Hort des Purpurwurms Rastargo, außerdem Purpurmohn, Arach­nia und Heldaye. Er akzeptiert die Schädel erschlagener Feinde als Opfergaben. Verhasst sind ihm alle anderen Götter, vor allem Warkash. Die Gamkasha einer Sippe, die oberste Sippenmutter also, gilt als Fürsprecherin und Sprachrohr Kameshs, Hüterin der Geheimnisse und Orakel des kopflosen Gottes. Man unterwirft sich ihren göttlichen Weisungen, die zuweilen den Dienst an großen Gesandten des Gottes beinhalten, geheimnisvollen, dunklen Geweihten oder mächtigen Schwertmagiern. Auf das Schicksal der eigenen Sippe ist der Einfluss des Kultes groß. Die Kameshii sind überzeugt, dass Dere existiert, um darüber zu herrschen, und Kamesh allein soll ihr Herrscher sein.

 

 

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