Rakshazar, das Riesland, für DSA. Shahana, Arkimstolz und das Dreistromland

 

Aventurien zugewandt liegt ein Gebiet, das schlicht Ostland oder Rahyastan genannt wird. Hier leben um die Stadt Shahana Freibeuter aranischer Abstammung, die sich wie ihre Vorfahren vor Jahrhunderten dem Diamantenkult Rakshazastans widersetzten. Als einziges Land des Ostkontinentes huldigt Rahyastan fast allen Zwölfen und besitzt eine Reiterei. Die Küste zwischen dem nördlichen Rahyastan und dem Bornland erstreckt sich über 2.000 Meilen und wird Gebeinküste oder Schwefelklippen genannt.” 

—eine Basargeschichte aus Khunchom, zitiert nach den bislang unveröffentlichten Tage- und Logbüchern Ruban des Rieslandfahrers (Kap. 2: Historische Einleitung) (Zitiert nach der Geographia Aventurica, S. 99f.)

 

Rahyastan gen Rahja gelegene Region oder schlicht Ostland, meinte ursprünglich das gesamte den Tulamiden bekannte Riesland, also das Dreistromland, Teile der Geistersteppe, Kap Parhami, die Grüne Sichel, das Umfeld von Ribukan und den Süden des heutigen Herr­schafts­gebiets von Amhas. Der Begriff wurde damit beinahe synonym zu Rakshazastan verstanden, dem Land der Rakshazas, Land der Waldtrolle, Land der Riesen oder schlicht Riesland. Eine sprachliche saubere Unterscheidung erfolgte erst im Laufe der Zeit, als sich mit der Verbesserung der geographischen Kenntnisse Rahyastan mehr und mehr als Alternativbezeichnung für das Dreistromland etablierte, welches heutzutage allein gemeint ist, wenn der Begriff fällt. Rahyastan wird heute von Sultan Arkamin IV. von Shahana regiert.

 

Das Dreistromland

Obwohl auch das Land zwischen den drei Flüssen Kree, Haba (auch: Darces) und Ebro (auch: Shan) einst von den Folgen des Kataklysmus getroffen worden war und Marhynianische Ruinen zurückließ, ist es doch in der Küstenregionen deutlich fruchtbarer als die meisten anderen Regionen des Rieslands und gilt neben dem Blühenden Halbmond, also der Grünen Sichel, als Kornkammer des südlichen Rieslands. Sein mediterranes Klima sorgt für ganzjährig warme Temperaturen. Der Sommer kann drückend heiß werden, doch stehen genü­gend schattenspendende Bäume und klare Bäche mit kühlem Wasser zur Verfügung. Schnee ist in dieser Region unbekannt, dafür gibt es im Winter heftige Regenfälle, die von den Einheimischen „Craesoon“ genannt werden. Danach benannt ist ein unter den Parnhai-Sklaven sehr be­lieb­tes Lied namens „Durch den Craesoon“, das ihre Flucht aus den Händen ihrer Peiniger „hinter die Welt, ans Ende der Zeit, bis kein Regen mehr fällt“ beschreibt, wo sie in Frieden und Freiheit leben können. Es wurde von einer Musikgruppe geschrieben, die sich „Kithorra Kaulitz Klum Taver­ne“ nannte, bevor sanskitarische Peiniger ihre Mitglieder zu Tode peitschen ließen.

Die drei Flüsse, die das Land säumen, treten jedes Jahr nach dem Craesoon über die Ufer und über­schwem­men das Land mit fruchtbarem Schlamm. Dadurch verwandelt sich das Küstengebiet des Dreistrom­lan­des in einen dicht wuchernden Mangrovensumpf. Weiter im Inland ist der Boden hart, steinig und mager, doch dank des aus den Überschwemmungen stammenden fruchtbaren Schlamms wachsen hier saftige grüne Wälder, die zahlreichen Wildtieren eine Heimstatt bieten, darunter Wasserechsen, kleinere Saurierarten, Amphibien, Vögel, Flugechsen, Lemuren, Hut­affen und das gefähr­lichste Raubtier der Region, das in späterer Zeit Shahana-Tiger getauft werden sollte. Die kleinen Rudel von Schreckensklauen, die durch die Wälder streifen, sind entgegen aller Legenden, welche die Raptoren zu gefürchteten Menschenfressern aufbauschen, für Hominine weitgehend harmlos, lassen sie sich doch leicht mit Steinwürfen vertreiben. Einige Bauern halten sich sogar zahme Exemplare als Wachtiere. Die Taktik mit den Steinwürfen haben sich auch die vielen Lemuren und Hutaffen zu Eigen gemacht, die hier in den Baumkronen leben. In den immerfeuchten Sümpfen wird es etwas gefährlicher, denn hier wimmelt es geradezu von Alligatoren, Wasserschlangen sowie kleineren Riesenschnappern, Mosasauriern und Maasechsen.

Entlang der drei Flüsse Kree, Haba und Ebro wird das Land bis in die Gegenwart hinein für riesländische Verhältnisse intensiv bearbeitet. Alle paar Meilen finden sich kleine Bauerndörfer aus hölzernen Pfahlhäusern. Diese Bauweise hat sich bewährt, denn die immer wieder sanft über die Ufer tretenden Ströme können diesen Dörfern kaum etwas anhaben, und auch die ausgedehnten Mangrovensümpfe im Delta der drei Ströme können so mit Leichtigkeit besiedelt werden. Hier lässt sich eine Vielzahl verschiedenster Feldfrüchte anbauen. Vor allem Reis wird in den feuchten Auen des Dreistromlandes angepflanzt. Etwas weiter weg von den Ufern findet man auch Weizen. Darüber hinaus unterhält jedes Dorf diverse Obst- und Gemüsefelder, wobei vor allem Kokospalmen, Tomaten und Zitrusfrüchte gut gedeihen. Die Erträge würden ausreichen, um den Dörflern ein gutes Leben zu ermöglichen. Unglücklicherweise wandert der überwiegende Teil der Ernten in die Kornkammern des großen Shahana, sodass die Dörfler kaum etwas von den Früchten ihrer Arbeit haben.

Rahyastan war einst eine Provinz des Diamantenen Sultanats auf rakshazarischem Boden. Später wechselte es häufig den Besitzer. Mal war es Teil der verschiedenen Sanskitarenreiche, mal unterstand es allein Shahana, mal war es eine unabhängige Region. Zeitweilig wurde es von den aranischen Freibeutern, Piraten und Plünderern kontrolliert, welche sich eine neue, von Shahana verschiedene Operationsbasis suchen mussten. Zum Teil kam es zur Verbrüderung mit den nomadisch lebenden Sanskitarenstämmen, zum Teil haben sich die Aranier mit den Reiternomaden erbitterte Kämpfe geliefert. Dieser Epoche verdankt die Region eine Reihe von Tempeln, in denen einst aranische Götter verehrt wurden und von denen heute meist nur noch Ruinen übrig sind.

 

Die Stadt Shahana

 

 

Stadtbild

Shahana ist mit über 500.000 Einwohnern, davon 400.000 Sanskitaren, neben Amhas die größte Stadt des Rieslands, und das, obwohl sie immer weiter ins Inland des Dreistromslandes gezwungen wird. Die Metropole wird von der Küstenseite im Westen aus beständig vom Meer bedrängt und nicht selten überschwemmt. Dies führt dazu, dass Teile der Hafenregion, nachdem sie endgültig im Ozean versunken sind, immer wieder aufgegeben werden müssen und die Stadt dafür weiter ins Landesinnere hinein expandiert. Mindestens dieselbe Fläche, über welche sich Shahana heute erstreckt, liegt vollständig unter Wasser, wobei im alten Stadtgebiet einzelne kleine Inseln aus dem Wasser ragen, teils mit halbverfallenen Gebäuden belegt.

Die ständige Bewegung, in der sich die Stadt befindet, lässt sie chaotisch und ungeplant erscheinen. Shahana bildet somit das krasse Gegenstück zu Städten wie Amhas oder Ribukan, Planstädten, die in klar abgrenzbare Stadtviertel unterteilt sind. Derartige Strukturen sind in Shahana nicht auszumachen, und würde sich nicht die Stadtregierung seit jeher Baugenehmigungen mit klingender Münze bezahlen lassen, würde das Stadtbild wohl noch unstrukturierter wirken.

Im Hafen sind vertäute Schiffe, Flöße und Stege zu einer großen schwimmenden Insel gewachsen, ein unentwirrbares, schwankendes Labyrinth aus Planken und Decks, in welchem Fischer, Piraten und Seebären leben.

 

Leben in der Stadt

Zu Recht wähnt sich Sultan Arkamin IV. von Shahana als mächtigster Mann der sanskitarischen Welt, dessen Einfluss inzwischen sogar den des Hexersultans Al’Hrastor übersteigt. Seit der gelungenen Unterwerfung des Dreistromlandes ab 1019 BF regiert Arkamin IV. eines der größten unter einer einzigen Herrschaft vereinten Territorien in ganz Rakshazar, mit einer Vielzahl kleinerer Herrschaften, die unter seinem Oberbefehl stehen.

Shahana hat von dieser Entwicklung stark profitiert. Arkamins Hafenstadt hat in den vergangenen paar Jahren einen immensen Machtzuwachs verzeichnen können. Die Häuser der Metropole sind in einem relativ guten Zustand. Die Bewohner der Stadt machen trotz des Umstandes, dass viele von ihnen bettelarm sind, einen gutgenährten Eindruck, was auf die täglichen Armenspeisungen zurückzuführen ist. Zumindest in den zentralen Stadtteilen herrscht eine für sanskitarische Verhältnisse ungewöhnliche Ordnung. Der vordergründige Eindruck, das Volk sei glücklich, täuscht jedoch gewaltig. Die Stadtbevölkerung leidet, wenn auch nicht ganz so offensichtlich wie die unterworfenen Bewohner des Dreistromlandes. Arkamin ist besessen von dem Gedanken, der Korruption und dem Chaos innerhalb der sanskitarischen Gesellschaft ein Ende setzen und ein neues Großreich errichten zu wollen. Die Bekämpfung von Korruption ist sicherlich ein hehres Ziel, doch Arkamins Methoden sind alles andere als edelmütig. Schon kurz nach seiner Krönungszeremonie stellte der Sultan eine Liste von sogenannten „staatsgefährdenden Elementen“ auf, Menschen, welche seine Stadtwache sofort und ohne weitere Verhandlung in die Kerker des Palastes verschleppte. Die Glücklichsten unter ihnen wurden umgehend getötet, die anderen mussten vor ihrem Tod oft tage- oder gar wochenlange Folter über sich ergehen lassen, weil Arkamins Folterknechte „die Wahrheit“ (Trademark) von ihnen erfahren wollten. Binnen weniger Monate war der alte Adel Shahanas so gut wie ausgelöscht und durch Günstlinge Arkamins ersetzt worden. Als ein solcher Günstling lebt man in Shahana recht passabel. Man kann sich von Hurerei über Drogenkonsum bis zum Pflegen diverser Seilschaften all die dekadenten Annehmlichkeiten leisten, denen zuvor auch schon der alte Adel gefrönt hat. Nur eines darf nie aufkommen: Auch nur der leiseste Zweifel an der Loyalität zum Sultan. In diesem Fall verschwindet man schneller in den Folterkellern als eine Schneeflocke in der Wüste Lath.

Der Herrscher hat erfolgreich damit begonnen, den Stadtstaat Shahana nach seinen Ideen zu reformieren. Anstelle der alten Palastgarde hat Arkamin die „Kshatryia“ ins Leben gerufen, eine Kaste von Kriegern, welche Arkamin und seiner neuen Staatsdoktrin fanatisch ergeben sind. Wo immer sich offener Widerstand gegen den Sultan regt, schlagen die Kshatryia mit unvorstellbarer Grausamkeit zu und ersticken jede Gegenwehr bereits im Keim. Allerdings setzt Arkamin seine Elitetruppe nur sehr selten innerhalb der Stadtgrenzen ein. Die Spezialtruppen werden vor allem gegen die Einwohner des Dreistromlands ausgesandt.

In Shahana selbst verfügt Arkamin über ein wesentlich subtileres Mittel der Unterdrückung. Offiziell existiert keine Organisation mit dem Namen Tugendhafte Wächter der Ordnung. Doch in Wahrheit kennt in Shahana jeder diesen Namen, der Arkamins persönliche Geheimpolizei bezeichnet. Ein Name, der nicht genannt werden darf. Die bloße Erwähnung wird grausam bestraft. Niemand weiß, wo sich die Spitzel der Tugendhaften Wächter verbergen. Dank ihnen wagt inzwischen kaum mehr jemand, einem anderen Einwohner Shahanas zu vertrauen, schon gar nicht dem eigenen Nachbarn, der am ehesten verdächtig ist, das eigene Leben auf Schritt und Tritt zu überwachen und jeden noch so kleinen Fehltritt an die Geheimpolizei zu melden. Es herrscht ein ständig schwelendes Klima von Paranoia und Furcht. Hinter vorgehaltener Hand erzählt man sich von verschwundenen Nachbarn oder denunziert unliebsame Verwandtschaft für ein paar Silberlinge.

Die Tugendhaften Wächter honorieren Denunziantentum mit großer Regelmäßigkeit mit einer anständigen monetären Belohnung und nehmen grundsätzlich jede noch so absurde Anschuldigung tödlich ernst. Die Opfer der Geheimpolizei verschwinden zumeist über Nacht und ohne eine Spur zu hinterlassen; in der Regel werden sie niemals wiedergesehen. Nur äußerst gelegentlich tauchen einzelne Verhaftete wieder auf – gezeichnet von grausiger Folter und mit herausgeschnittener Zunge. Wieder andere enden in der städtischen Arena. Arkamin und seine Günstlinge lieben Kampfdarbietungen und exotische Tiere. Gefangene werden oft in der Arena an wilde Riesenechsen verfüttert oder dienen den Kshatryia als Übungsobjekte. All diese rigorosen staatsterroristischen Maßnahmen führen – Arkamins Hoffnung zum Trotz – nicht zu einer Verminderung der Korruption. Viele Beamten und selbst Geheimpolizisten nehmen nur zu gerne Bestechungsgelder entgegen. Bestechliche Geheimpolizisten neigen sogar dazu, den großzügigen Spender wenig später zu verhaften und zusätzlich noch die Erfolgsprämie abzukassieren. Es reicht deshalb nicht, Bestechungsgeld zahlen zu können, man muss auch genau wissen, wie man es an wen zahlt, denn jeder noch so kleine Fehltritt könnte der letzte sein. Man duckt sich, hofft und biedert sich bei den Autoritäten an. Die meisten Bürger Shahanas haben sich mit der Situation arrangiert und leben lieber als rückgratlose Ja-Sager, statt eines Nachts spurlos zu verschwinden.

Eine beträchtliche Anzahl der Einwohner Shahanas hält Arkamin trotz allem für einen guten Sultan. Immerhin wurde die Stadt durch ihn groß und mächtig, und außerdem hat er die Barriere zwischen (Geld-)Adel und Normalsterblichen eingerissen. Unter Arkamin, der sich mit der Edelmütige ansprechen lässt, kommt es nicht mehr darauf an, als wer oder was man geboren wurde, sondern darauf, was man für seinen Sultan tut und wie nützlich man für ihn ist. Die Kshatryia rekrutieren selbst aus den Reihen der Ärmsten der Armen neue Krieger. Und derjenige, der sich durch Pflichtbewusstsein und Grausamkeit gegenüber den Feinden des Sultans auszeichnet, kann hoch aufsteigen, egal aus welcher Schicht der Gesellschaft er kommt. Umgekehrt sind selbst die Reichen und Mächtigen Shahanas nicht vor den Tugendhaften Wächtern sicher. Nach außen hin gibt sich Arkamin gerne den Anschein eines Wohltäters und Förderers der schönen Künste und umgibt sich mit dem Nimbus eines Volkshelden.

Ähnlich wie in Yal-Mordai wurde die Verehrung des Beamtenaspektes von Amazth’ zum Staatskult erhoben. Er erweckt den Anschein, dass Ordnung, Gerechtigkeit und Tugend in Shahana wichtige ideelle Werte darstellen. Darüber hinaus unterstützt Arkamin den vergleichsweise neuen Kult der Ishma-Peraine, der aus Yal-Kalabeth herübergeschwappt ist. Er sieht darin eine Möglichkeit, potenziell aufrührerische Bauern ruhigzustellen. Einen Volksaufstand, wie das ehemalige Yal-Kharibet erlebt hat, will er in Shahana um jeden Preis vermeiden. Frei agieren kann der Kult aber nicht. Die Obrigkeit gibt den Priestern der Ishma-Peraine dezidiert vor, was sie in ihren Missionstempeln predigen dürfen und was nicht. Und was sie dem Volk sagen sollen.

Der Sultan finanziert großzügige tägliche Armenspeisungen, welche sein Ansehen steigern sollen, vor allem jedoch zur Rekrutierung von Spitzeln missbraucht werden. Arkamin hat außerdem einen öffentlichen Stadtpark anlegen lassen, welcher allen Bewohnern der Stadt offensteht. Fremde, die Shahana nur kurz besuchen, sich nichts zuschulden kommen lassen und nicht allzu genau hinschauen, könnten die Stadt tatsächlich für einen angenehmen Ort halten. Wenn man die Fassade jedoch erst einmal durchschaut hat, stechen die Misstöne nur umso greller ins Auge.

 

Die Bestiengruben von Muchkalep

Schon als die Vorfahren der Sanskitaren das erste mal ihren Fuss in das shahanische Stadtviertel Muchkalep setzten, fanden sie dort drei riesige, tiefe Gruben, welche durch ein übermannshohes Katakombensystem mit der Oberfläche verbunden sind. In einer dieser Gruben trafen sie den Riesen Hordawet, der neben einer Erdspalte lebt und liegt, aus der beständig gelblicher Qualm hervorkommt. Er ist in eine dunkle Metallrüstung gehüllt und mit einem Morgenstern bewaffnet.

Die wenigen Versuche, ihn zu vertreiben, verliefen erfolglos, und seit Jahrhunderten schon weiß man um den Nutzen dieses lebenden Relikts. Hordawet, beständig in Trance liegen, weiß um viele Dinge, die waren, die sind und die kommen werden, und er redet im Schlaf. Das macht ihn zu einem Orakel. Man sagt, er habe Arkamin IV. nicht nur den Weg zur Machtergreifung gewiesen, sondern auch sein Ende vorausgesehen. Aus diesem Grund wird der Riese nunmehr ständig von der Kshatryia bewacht. Niemand sonst soll von der Prophezeiung erfahren, nicht dass sich jemand aufgefordert fühlt, das drohende Ende des Sultans zu beschleunigen.

Die Befragung des Riesen findet dennoch in aller Öffentlichkeit statt, allerdings ist der Fragenkatalog strengstens zensiert. Arkamin hat das Ritual zu einem dreimal im Jahr stattfindenden Spektakel hochstilisiert, das von einem alle vier Monate stattfindenden Volksfest begleiten wird. Bezahlte Schauspieler stellen die Fragen, welche dann von mysteriösen Stimmen aus den Katakomben beantwortet werden.

Die beiden anderen Gruben wurden schon von Arkamins Vater zu Kampfarenen ausgebaut und erlangten durch die erlauchten “Freiwilligen”, größtenteils Arkamin-kritische Adlige, welche hier gegen exotische Bestien kämpfen, enorme Beliebtheit beim einfachen Volk.

 

Die Gebeinküste

Die Gebeinküste erstreckt sich von der Geistersteppe über die amhasische Republik bis ins fruchtbare Dreistromland. Berühmt ist diese Region vor allem für die Knochen riesiger Meeresungeheuer, die bei Ebbe aus dem Wasser ragen und bei Flut ein Labyrinth aus befahrbaren Gassen und Riffen bilden. Die Knochen der Ungeheuer, die zum Sterben hierher kommen, sind ein begehrter Rohstoff für die Amhasim, die hieraus ihre schwarzen Galeeren fertigen. Von seiner Schwimmenden Festung aus (eher ein schwimmender Palast), einem uralten Artefakt aus der Zeit vor dem Großen Weltenbrand, herrscht Sultan Arkamin IV. von Shahana über sein Volk und die freigelassenen Parnhai-Sklaven.

Allgemeines Bild: Durch Sedimente schmutzig-braun gefärbtes Wasser. Tidehub 1 Schritt.
Inseln: Kleinere Sandbänke
Fanggründe: Zahlreiche, ergiebige Fischgründe, Wale.
Bedeutende Häfen: Shahana, Amhalasha, diverse kleine Naturhäfen und Küstendörfer.
Seemächte: Amhas, Shahana.
Mysterien: Knochen gestrandeter Seeungeheuer, verschollene Stadt Namakari samt Schwimmender Festung (falsch, die Stadt liegt auf den Jominischen Inseln), Schwimmende Festung in Shahana.
Gefahren: Sklavenjäger aus Amhas, Seeschlangen, Hummerier (gelegentlich), Piraten, Sandbänke und Knochen.

 

Die Schwimmende Festung

Die Schwimmende Festung von Shahana ist vollkommen intakt und in perfektem Zustand. Allerdings ist sie seit knapp einhundertfünfzig Jahren nicht mehr benutzt worden. Shahanas militärische Interessen sind eher in Richtung Inland gerichtet, und die drei namensgebenden Flüsse des Dreistromlandes sind allesamt zu flach, um den Einsatz des machtvollen Artefakts zu ermöglichen. Deshalb ist die Festung für die derzeitigen Unternehmungen nutzlos. Sultan Arkamin verwendet sie hauptsächlich als eindrucksvolle Kulisse für offizielle Empfänge und als schwimmendes Lustschloss. In Zeiten, in denen er genug von seinen Regierungsgeschäften hat, insbesondere während brennend heißer Sommertage, lässt er die schwimmende Festung einfach ein bis zwei Meilen auf die offene See hinausfahren und erholt sich dort ein paar Tage. Shahanas schwimmender Palast gleicht weniger einer gigantischen Kriegsmaschine als vielmehr einem schwimmenden Blumengarten. Bäume, Sträucher und Orchideen haben den Palast fast gänzlich überwuchert, durch alte Rohre fließt kostbares Trinkwasser in zahlreiche Brunnen und künstliche Wasserfälle, unzählige Singvögel verbreiten mit ihrem Gesang eine Stimmung von Ruhe und Frieden und übertönen das Jammern der Gefangenen in den Katakomben des Palastes. Die Konkubinen des Sultans spielen in den Gärten des Haremstraktes Fangen. Selbst im feindlich gestimmten Amhalashal beneidet man den Sultan um seine Oase des Friedens und der Kunstfertigkeit. Schon Arkamins Großvater hat diesbezügliche Umgestaltungen veranlasst. Wie die Festung von Shahana bewaffnet ist, ist Außenstehenden nicht bekannt. Gerüchte sprechen von einer magischen Linsenkonstruktion, welche ihr Ziel mit sengenden Lichtstrahlen vernichten kann, aber das sind nur Vermutungen. Wahrscheinlicher ist, dass die Bewaffnung lediglich aus ein bis zwei alten Speerschleudern besteht.

 

Der Dungeon Crawl auf der Schwimmenden Festung

Zu einer Idee für einen Dungeon Crawl auf der schwimmenden Festung siehe Dnalors Blog unter den URLs:

 

Vorüberlegungen

 

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Der Dungeon Crawl als DSA1-Projekt für Rakshazar

 

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Dungeonräume/Küche

 

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Dungeonräume/Schlafgemächer

 

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Dungeonräume/Die Kerker

 

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Dungeonräume/Büchergruft und Bibliothek

 

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Dungeonräume/Sitz der Piratendrachin

 

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Dungeonräume/Der Turmgolem

 

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Dungeonräume/Versunkener Raum

 

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Dungeonräume/Die Schatzkammer des Sultans

 

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Dungeonräume/Das Eingangstor der schwimmenden Festung

 

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Dungeonräume/Die Kanzlei

 

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Die Gärten

 

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Der Palast

 

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Zusammenfassung und Fazit

 

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Die Bewohner Shahanas

 

Die Diebe von Shahana / Rimia

 

 

Lohtan schlich in die dunkle Eingangshalle. Das Tor war unverschlossen, und die Wachen hatten an ihrem Posten laut schnarchend geschlafen. Rimia musste das alles in die Wege geleitet haben. Der drahtige Mann lief barfuß und auf Zehenspitzen über den glatten Marmorboden. Eine großartige Nacht würde es werden, da war sich der Dieb sicher. Dabei hatte der Tag so grauenvoll begonnen. Das schöne Halbblut und ihre fremdländischen Gefährten hatten ihn auf dem Markt bei der Arbeit beobachtet und ihn erpressen wollen. Doch Lohtan hatte sich der Drohung nicht gebeugt. Schließlich war man übereingekommen, gemeinsame Interessen zu verfolgen und einen Einbruch zu wagen. Die schöne Rimia war anscheinend Nu Lohtans unwiderstehlichem Charme erlegen, den sie hatte ihre Schlägerbande zur Zusammenarbeit mit dem geschickten Taschendieb überredet. Diese waren im Besitz eines Grundrisses vom Landhaus Robans, des Großwesirs und Onkels von Sultan Arkamin. Darauf war die Lage des Schlafzimmers von Halami, der Dame des Hauses, eingezeichnet. Rimia wusste zu berichten, dass sich hier der sagenhafter Schmuck der Wesira finden würde, kaum bewacht, aber neben dem Bett der unruhig Schlafenden schwer zu erreichen. Somit war klar, dass der Diebstahl nur mit Lohtans Hilfe zu bewerkstelligen war. Schon war er unbemerkt die breite Treppe zum Wohntrakt des Palastes emporgestiegen. Seine Gedanken waren noch bei der schönen Rimia. Wenn er erst einmal den Schmuck hatte, müsste er nur diese lästigen Prügelknaben an Rimias Rockschößen loswerden, um nach einer kleinen Feier die hübsche Diebin mit auf ein komfortables Zimmer zu nehmen. Wie sie wohl aussehen würde, nur bekleidet mit Gold und Brillanten? Lautlos öffnete Lohtan die Tür zum Schlafzimmer der Hausherrin. Der Neumond schien zum Fenster hinein und eröffnete den Blick auf das Himmelbett, neben dem eine kleine Kommode stand. Lohtan fixierte sofort die schlafende Gestalt, die sich unruhig im Bett wälzte, und begann auf die Kommode zuzugehen. Dann überschlugen sich die Ereignisse. Eine Wache rief: „Diebe, Diebe!“, worauf Halami hochfuhr und beim Anblick des Einbrechers panisch aufschrie. Schon waren Schritte und Waffenscheppern zu hören. Lohtan drehte sich hilflos im Kreis. Ein alter Mann rief: „Das Siegel, sie haben das Siegel!“ In diesem Moment brach die Tür hinter Lohtan auf und zwei Wachen stürzten zu ihm herein. Erst im Verließ der tugendhaften Wächter wurde Lohtan klar, wie geschickt die schöne Rimia ihn benutzt hatte. Und ohne das Siegel des Großwesirs würde er wohl nie wieder diese Zelle verlassen.

 

Hintergrund

Diebe in Shahana sind nicht nur hervorragende Beutelschneider, Fassadenkletterer und Bandenräuber, sie sind auch elegante Tänzer auf dem schlüpfrigen Parkett von Unterdrückung und Denunziantentum und halten sich die allgegenwärtigen Wächter der Tugend mit Hilfe von Kollaboration und Bestechung gewogen. Als Einzelgänger trauen sie niemandem und sind ständig auf der Hut. Auch Diebe aus armen Verhältnissen können es in der ständelosen Gesellschaft von Shahana sehr weit bringen. Auf dem Weg nach oben schrecken viele von ihnen weder vor Verrat noch vor Mord zurück. Einige von ihnen treibt es auf der Suche nach sagenhaften Schätzen hinaus die die Weiten von Rakshazar.

 

Kleidung, Waffen und Ausrüstung

Die Kleidung shahanaischer Diebe ist vielfältig. Der Situation angemessen kleiden sie sich in weite Lumpen, welche Waffen und Beute verbergen, in dunkle enganliegende Anzüge, die das nächtliche Fassadenklettern erleichtern, oder in die prächtigen Gewänder der Shahanischen Oberschicht, um sich Zugang zu hohen Gesellschaften zu erschleichen. Zur Ausrüstung der Diebe gehören Wurfdolche, Kletterseile und in wenigen Fällen kostbare Dietriche.

 

Die Shahanaische Diebin bei Spielbeginn

Besonderer Besitz Dietriche, hohe Menschenkenntnis, Überreden, Gefahreninstinkt

 

Archetyp Shahanaische Diebin (DSA4.1)

Spezies: Mensch (Sanskitare / Uthurim)
Kultur: Sanskitarische Stadtstaaten
Profession: Streuner
LE: 27, AU: 31, MR: 2, MU: 12, KL: 11, IN: 13, CH: 13, GE: 14, FF: 14, KK: 10, KO: 12, SO: 2
Vorteile: Soziale Anpassungsfähigkeit, Besonderer Besitz Dietriche, Verbindungen (25 Punkte), Gefahreninstinkt, Gutaussehend, Hitzeresistenz
Nachteile: Aberglaube 5, Goldgier 7, Neugier 5, Totenangst 5, Rachsucht 5
Talentspiegel: Dolche +7, Hiebwaffen +3, Raufen +4, das Ringen +2, Wurfmesser +4, Athletik +4, Klettern +5, Körperbeherrschung +5, Schleichen +8, Selbstbeherrschung +1, Sich Verstecke +4, Sinnenschärfe+4, Tanzen +3, Taschendiebstahl +6, Zechen +5, Betören +5, Etikette +2, Gassenwissen +7, Menschenkenntnis+9, Sich Verkleiden +3, Überreden +8, Götter/Kulte +2, Rechnen +4, Rechtskunde +1, Sagen/Legenden +3, Schätzen +5, Muttersprache: Marham +9, Zweitsprache: Uthurim, +7, Sprache kennen: Gmer oder Uzejamajaba +4, Falschspiel +3, Hauswirtschaft+1, Kochen +1, Schlösser knacken +6, Schneidern +1
Sonderfähigkeiten: Aufmerksamkeit, Kulturkunde: Sanskitarische Stadtstaaten

 

Typische Professionen Shahanas

  • Niederer Offizier der „Tugendhaften Wächter der Ordnung
  • Tavernenwirt
  • Dieb
  • Essensverteiler
  • Handwerker
  • Hehler

 

Fajar Iben Saeat Alsabah, der Frühstückskultist

 

 

Fajar stammte aus dem Teil der Oberschicht, die die Machtergreifung des Sultans von Shahana ausdrücklich unterstützten. Wie seine gesamte Familie, die ihren Reichtum vor allem dem Handel mit dem Hinterland verdankte und die nach der Machtergreifung sogar noch günstiger einkaufen konnte, da die adligen Zwischenhändler ausgeschaltet wurden, gehört Fajar dem Kult der aufgehenden Sonne an. Der dritte Sohn eines dritten Sohnes schaffte es sogar, zum Priester des Kultes gesalbt zu werden.

„Glaub mir, ich werde keine Kuros-Queste mehr annehmen, wenn nicht Fajar dabei ist. Es geht wirklich nichts darüber, den Morgen mit einem ordentlichen Frühstück zu beginnen, mit Speck, Eiern, frischem Fladenbrot, Obst und heißem Glühwein!“

— Kurotan, neuzeitlich

Siehe Dnalors Blog unter der URL: https://dnalorsblog.wordpress.com/2019/12/ .

 

Die Tugendhaften Wächter der Ordnung

Die Geheimpolizei des Sultans von Shahana. Die Tugendhaften Wächter haben jede Schicht der Bevölkerung Shahanas infiltriert. Ihre Augen und Ohren sind überall. Nach außen hin leben die meisten von ihnen als respektable und unauffällige Bürger, die gesichtslos in der Masse verschwinden können. Anders als andere Assashim-Organisationen sind die Tugendhaften Wächter nicht in jedem Falle auf Mord oder Diebstahl aus, sondern häufig lediglich auf Informationsgewinnung. Deshalb haben sie einige wirklich raffinierte Folter- und Befragungsmethoden entwickelt.

 

Sea Saba Arkamin, Tochter Sultan Arkamins IV.

 

 

Sea (schwarzes lockiges Haar, grüne Augen, 1,85 Schritt, heller Teint) arbeitet heimlich in einem Bordell in Shahana. Als einzige Bewohnerin des Etablissements ist sie keine Sklavin. Vielmehr hat sich die junge Frau freiwillig unter den Schutz des Inhabers Frego begeben und genießt weitgehende Freiheiten im Bordell. Sie ist die beste Tänzerin, darf ihre Freierinnen und Freier selbst aussuchen und muss nur die Hälfte ihrer Einnahmen als Miete an Frego abgeben. Was niemand weiß: Sea ist die Tochter des Sultans von Shahana, der nichts von der geheimen Nebenbeschäftigung seiner Tochter weiß. Sie ist gläubige Anhängerin der Göttin Ipkara und sieht ihre Arbeit als Göttinnendienst an.

 

Werte der Prinzessin in DSA5

MU 14 KL 15 IN 14 CH 16 FF 14 GE 15 KO 10 KK 9 LeP 29 KaP GS 8
INI 12+1W6 SK 2 ZK 1
AW 5 RS/BE 0/0
Sozialstatus: adelig
Vorteile: Glück I, Gutaussehend II, Zauberer
Nachteile: Schlechte Eigenschaft (Goldgier) Sonderfertigkeiten Ortskenntnis, (Sultanspalast), Sprachen: Muttersprache Sanskitarisch III; Gmer II Schriften: Sanskitarische Haken
Kampftechniken: Finte I und II, Präziser Stich I, Verbessertes Ausweichen I und II Bronzedolch : AT 13 PA 3
Talente: Gaukeleien 5, Körperbeherrschung 8, Kraftakt 0, Selbstbeherrschung 3, Singen 2, Sinnesschärfe 8, Tanzen 10,
Zechen 3, Betören 8, Etikette 8, Gassenwissen 6, Menschenkenntnis 6, Überreden 3, Verkleiden 4, Willenskraft 3,
Wildnisleben 0, Brett- & Glücksspiel 3, Geographie 3, Geschichtswissen 3, Götter & Kulte 5, Magiekunde 1, Rechnen 3, Rechtskunde 2, Sagen & Legenden 6, Malen & Zeichnen 4, Musizieren 6, Stoffbearbeitung 4

 

Werte der Prinzessin in DSA1

Mu: 13 KL: 15 CH: 16 GE: 13 KK: 19 Stufe:4 LE: 34 RS 0 (Kleidung)

 

Hirath

 

 

Einst hatte Sultan Arkamin IV. von Shahana tatsächlich eine große Liebe, seine Konkubine Suram, eine junge Parnhai.

Zu Anfang seiner Amtszeit waren seine politischen Gegner im eigenen Land noch stärker, und so gelang es ihnen, Suram bei Nacht und Nebel aus dem Palastgarten entführen zu lassen. Mit dieser Geisel in der Hand wollten sie ihre Forderungen durchsetzen. Arkamin war zutiefst erschüttert und setzte alle Hebel in Bewegung, um Suram zu finden. Viele Monate lang durchsuchte die Kshatria vergeblich die Sümpfe, und viele Monate lang konnte Arkamin vor Sorge nicht schlafen.

Das versteckte Lager der Rebellen lag in der Nähe eines Dorfes, welches die Widerständler grausam drangsalierten, damit die Dörfler aus Furcht vor Vergeltung die Anwesenheit der Gegner Arkamins nicht an dessen Truppen verrieten. So dauerte es lange, bis die Kshatria endlich das Lager fand und angriff. Unglücklicherweise überlebte Suram die Schlacht nicht, denn einer der Entführer rammte ihr aus purem Hass seinen Dolch in die Kehle.

Die gefangenen Entführer wurden gehängt, und die Krieger machten sich daran, ihrem Sultan die schreckliche Botschaft zu überbringen.

Arkamin raste vor Trauer und Zorn, als man ihm den Leichnam seiner großen Liebe zeigte. Er ließ Suram mit allen Ehren bestatten, und es heißt, er trauere ihr noch immer hinterher. Seit Surams Tod hat er sich für keine Frau mehr erwärmen können. Immer, wenn sich der Todestag Surams jährt, versinkt Arkamin für einige Tage in Depression, die er mit besonderer Härte zu überspielen versucht. Immerhin hat die Liebe, die Arkamin für Suram empfand, ihn dazu bewogen, die Parnhai freizulassen, auch wenn er nicht aus seiner Haut kann und aus diesem Vorgang seinen Vorteil zieht.

Surans Entführer wurde nie gefasst. Natürlich gab es Gerüchte, es sei der berüchtigte Samtschatten gewesen, der sich für die Tat verantwortlich zeigte. Doch niemand ahnte, dass das in diesem Fall den Tatsachen entsprach. Der Hassashim war von den Rebellen angeheuert worden, und zuverlässig, wie er war, hatte er Suram aus dem Palastgarten entführt. Im Laufe der Monate wurde ihm die gefangene Suram, deren Bauch aufgrund ihrer Schwangerschaft, von der die Rebellen nichts gewusst hatten, immer weiter anschwoll, sympathisch. Die Parnhai flehte ihn an, ihr zu helfen, die Existenz ihres Sprösslings vor den Feinden Arkamins geheim zu halten, da sie ihn sonst gewiss töten würden. Samtschatten willigte ein und sorgte dafür, dass sie ein Zelt erhielt, dass nur er allein betreten durfte. Dort brachte Suram den ersten Sohn Arkamins zur Welt. Samtschatten nahm ihn mit sich und zog ihn als seinen eigenen Jungen auf. Der Angriff auf das Rebellenlager erfolgte nur wenige Tage nach dieser Geburt.

Nach Surams Tod gab Samtschatten seine früheren Profession auf. Ihm kamen erhebliche Zweifel, was seine Taten anging. Bevor er die junge Frau kennengelernte hatte, war er ein zynischer und kalter Mann gewesen. Surams freundliches Wesen jedoch hatte sein Herz erwärmt. Er begann über sein Leben nachzudenken und erkannte, welches Leid er über unzählige Menschen gebracht hatte. Der Assassine schwor sich, niemals wieder seinem blutigen Handwerk nachzugehen, und führte fortan ein friedliches Leben als Barbier, während er den jungen Hirath aufzog wie seinen eigenen Sohn.

Als Barbier im Armenviertel ist Samtschatten ein geachteter Mann. Der Knabe Hirath ist mittlerweile ein stattlicher junger Mann geworden, der dank des heimlichen Trainings mit seinem „Vater“ ein passabler Fechter ist, der sich gegen das Geschmeiß in den Gassen sehr wohl durchzusetzen weiß, und sich zum Mädchenschwarm entwickelt hat. Allmählich kann sein „Vater“ kaum noch verleugnen, wer Hiraths leiblicher Erzeuger ist. Hirath sieht seinem echten Vater zum Verwechseln ähnlich. Er scheint viele von Arkamins positiven Charakterzügen geerbt zu haben, aber nur wenige seiner Schwächen.

Der allerdings hegt keine Sympathie für den Sultan. Hirath empfindet Arkamin als Tyrann und sympathisiert mit einigen Widerständlern aus den Gassen der Unterstadt. Noch hat er sich nicht dazu durchringen können, ihnen beizutreten. Ein legitimer Erbe des Sultans allerdings wäre genau das, was die Rebellen bräuchten, um ihre Ansprüche zu untermauern.

 

Samtschatten, die Klinge Shesals

Es ist nun Jahre her, seit ein Schatten auf Shahana fiel. Attentäter und Meuchelmörder sind in den sanskitarischen Städten wahrlich nichts Ungewöhnliches. Aber die Verbrechen des geheimnisvollen Hassashim „Samtschatten“ haben wahrhaftigen Legendenstatus erlangt.

Kaum ein Opfer war vor ihm sicher. Nichts und niemand konnte ihn aufhalten. In vielen Fällen warnte er seine Opfer sogar vor. Wer in seinem Schlafgemach ein schwarzes Samttuch mit einer schwarzen Rose vorfand, der war des Todes. Fast alle seine Opfer entstammten der shahanäischen Oberschicht. Zur Zeit seiner größten Aktivität regierte in den Herrenhäusern und Palästen Shahanas der blanke Terror, und selbst die sonst so effektive Geheimpolizei des Sultans konnte den Missetäter nicht fassen. Ein Mord war spektakulärer als der vorherige. Dann, ganz plötzlich, hörte der Spuk auf.

Dennoch ist Samtschatten in Shahana ein berüchtigtes Schreckgespenst geblieben. Passieren im Adel seltsame Todesfälle, vermuten die meisten Shahanäer dahinter sofort den Samtschatten. Man erzählt sich, er habe einen Pakt mit finsteren Mächten geschlossen, die sein Blut durch Quecksilber ersetzten und ihm so übernatürliche Reflexe und Schnelligkeit verliehen. Einige behaupten, der Samtschatten würde das Blut und die Seele seiner Opfer trinken und sie zu ewigen Höllenqualen verdammen. Wieder andere glauben, er sei ein hoher Diener des Todesgottes Shesal oder gar Shesal selbst. Legenden zufolge kann er selbst glasglatte, senkrechte Flächen so schnell erklimmen, als würde er sie einfach hochrennen. Verschlossene Türen sollen ihn nicht aufhalten können, denn er verwandele sich einfach in Rauch und schwebe hindurch. Außerdem habe der Samtschatten kein Gesicht, sondern nur eine schwarze Fläche mit zwei tückischen roten Augen. Die Angst vor dem Samtschatten ist teilweise sogar so groß, dass niemand es wagt, den Begriff, der ihn bezeichnet, laut auszusprechen. Die Erwähnung des Namens allein genügt, um fröhliche Gespräche zum verstummen zu bringen und die Stimmung kälter werden zu lassen.

Dabei sind die Legenden maßlos übertrieben. Tatsache ist, dass Samtschatten zu seiner Zeit ein herausragender Meister aller teruldanischen Hassashim und keines seiner Opfer sicher vor ihm war. Doch hat Samtschatten seinen Beruf an den Nagel gehängt, als er erkannte, wie viel Leid er über die Familien seiner Opfer brachte. Nachts plagen ihn oft Gewissensbisse, die er gut vor seiner Umwelt zu verbergen versteht, und er versucht, so friedlich, bescheiden und unauffällig zu leben wie möglich. Als einfacher, fröhlicher Barbier Haram Ben Shuktshi lebt er in einem ärmlichen Viertel von Shahana und zieht seinen „Sohn“ Hirath auf.

Er gehört, der Armut seiner Umgebung zum Trotz, zu den vermögenderen Leuten im Viertel. Da er damit nicht prahlt, ist er trotzdem allseits beliebt. Er hilft seinen Mitmenschen, wo er kann, hat immer ein offenes Ohr für ihre Sorgen und wird bei Streitereien gerne als Vermittler herangezogen. Dabei erweckt er den Eindruck von schlichter Bauernschläue und „Weisheit des kleinen Mannes„. Hinter der einfachen, humorvollen Fassade stecken allerdings ein Verstand wie ein Messer und eine für riesländische Verhältnisse enorme Bildung.

Das Äußere des Mannes verrät nichts über seine enormen körperlichen Fähigkeiten. Er ist eine schmächtige und kleine Person im fortgeschrittenen Alter. Sein offenes und ehrliches Gesicht wird von einem langen, dünnen Bart eingerahmt, und seine Halbglatze verdeckt er mit einem kleinen Turban.

 

Gallah Brion der Grüne

“Eine sonderliche Erscheinung erklomm die Rampe zur Terrasse. Eine sonderlich grüne Erscheinung. Der Mann hatte grüne Haare, grüne Augen, seine gesamte Gewandung war grün, passend zu den Smaragden an seinen Ringen. Es war schwer zu sagen, wie viele Jahre dieses blasse Gesicht gesehen hatte.
»Gallah Brion grüßen Scheich des Bazars«, sprach der Priester in seinem abenteuerlichen Tulamidya, als er Ensgar erreicht hatte. »Gallah Brion wollen wissen, ob Schiff kommen von Rakshazar.«
Rakshazar, das Riesland, der sagenumwobene Ostkontinent. Gallah Brion der Grüne behauptete, von dort zu kommen, bevor die Visionen seines ›Grünen Gottes‹ ihn in die Stadt geführt hatten. Es war schwer zu sagen, ob seine Geschichte wahr oder er bloß verrückt war. Meistens fand Ensgar den verschrobenen Priester unterhaltsam, doch gerade hatte er keinen Sinn für ihn.
»Nein. Es kommen keine Schiffe aus dem Riesland hierher. Sie sind es noch nie und sie werden es nicht. Und trotzdem fragst du immer wieder.«
»Schiff kommen. Grüner Gott von Shahana gesagt. Kommen, um toten Schwimmbaum zu heilen.« Gallah Brion musterte ihn mit seinen leuchtend grünen Augen. »Du krank.« Es war aufgrund seines eigentümlichen Dialekts schwer zu sagen, ob dies eine Frage oder Feststellung war.
Kann er es sehen?
»Mir geht es gut.«
»Nein. Kommen. Gallah Brion heilen mit grüner Gabe. Scheich des Bazars müssen gesund sein.«
Kaum wahrnehmbar hörte Ensgar das Rauschen ledriger Schwingen. Dann spürte er plötzlich ein Gewicht auf seiner rechten Schulter.
»Ich sagte, mir geht es gut. Und nun verschwinde, ich bin beschäftigt.«
Gallah Brion sah nachdenklich an ihm vorbei, dann nickte er und verbeugte sich höflich. »Verstehen. Gallah Brion warten. Scheich von Bazar können kommen. Immer. Grüner Gott geduldig.«

— aus: “Das Echo der Tiefe”, S. 34/35.

 

Kleinanzeigen aus der Stadt der Tiefe
Folge dem Wandernden Markt! Besser Waren und günstigere Preise als auf dem Basar!
Sklavenpfühle, Söldnerbörse, Wandermarkt – Übersicht verloren? Ensgar Halderin, der Fürst des Basars, kennt die Preise!
Ziliten waren gestern! Risso sind die Sklaven der Saison – und jetzt so günstig wie noch nie!
Verletzungen? Brackwassersieche? Unten Brennen? Grüner Gott ist Quell von Leben! Kommen zu Gallah Brion der Grüne, er werden heilen mit grüner Gabe.

— aus: Aventurischer Bote Nr. 150, A8

 

Offenbar hat es einen etwa dreißigjährigen, alterslos wirkenden Parnhai mit blasser Haut, grünen Haaren, Augen und Gewandung namens “Gallah Brion der Grüne” aus Shahana oder aus der Umgebung der Stadt auf verschlungenen Pfaden in die Stadt aus der Tiefe verschlagen, eine Dämonenarche der ersten Stunde und Schwester der Plagenbringer Darion Paligans, welche angeblich des Öfteren vor der riesländischen Küste gesichtet wurde. Auf dieser errichtete er einen Schrein des Grünen Gottes von Shahana, welcher der tausend Götter der Sanskitaren auch immer sich hinter der angeblich lebensspendenden Gottheit verbergen mag. Gewisse Ähnlichkeiten zur Fruchtbarkeitsgöttin Ishma-Peraine fallen durchaus ins Auge, auch wenn diese überall als weiblich gedacht wird.

Dabei ist seine Geschichte, aus dem Riesland zu kommen, durchaus unbestätigt. Er spricht ein abenteuerliches Tulamidya in einem unbekannten Dialekt. Ob seine Geschichte wahr oder er bloß verrückt ist, lässt sich schwer sagen. Auf jeden Fall beherrscht er eine in Aventurien unbekannte Ritualmagie, welche auf Heilung spezialisiert ist und die er als “grüne Gabe” bezeichnet. Gallah behauptet, der Grüne Gott hätte ihn gesandt, um “den toten, schwimmenden Baum zu heilen”. Damit scheint ein Schiff gemeint zu sein, das aus dem Riesland kommen soll.

 

 

Tiaat Noo, Abgesandter der Donari in Shahana

Seit 1030 BF ist Tiaat Noo im Reich Arkamins IV. präsent. Er ist der Unterhändler der Donari aus Drel’Kal eteel in Shahana und zudem eine lebende Legende. Er repräsentiert einen der wenigen von Arkamin unabhängigen Machtfaktoren innerhalb des Einflussbereiches des Stadtsultanates und gilt vielen Shahanern als Volksheld. Grund dafür sind vor allem seine Erfolge als Zelothimhetzer und Dämonenjäger sowie seine offensichtliche Autonomie im Angesicht der steten Oppression Arkamins. Das Unterpfand für Tiaats Unabhängigkeit gegenüber Arkamin ist natürlich der Zugang zu den limbischen Pfaden Shahanas, darunter ein recht stabiler Pfad in den Norden Yal-Mordais sowie die regelmäßigen Limbuskarawanenlieferungen der Donari aus Teruldan. Tiaat stellt Arkamin nur begrenzte Kapazitäten die Nutzung der Pfade betreffend zur Verfügung. Alles, was darüber hinausgeht, lässt er sich teuer bezahlen. Meist verlangt er Privilegien für sich und Seinesgleichen sowie eigens für die Donari gefertigte Waffen und Rüstungen.

Tiaat Noo ist mitnichten ein Held nach menschlichen Maßtäben. Tatsächlich ist er einer der letzten Überlebenden der gefallenen Limbusfeste Kamast Miaat, die von Dämonischen Horden der Ewigen Legion in die Knie gezwungen wurde. Tiaat Noo, oberster Wraatal der Limbusfeste, schaffte es, einige Überlebende in die Innere Säule Bra’at eteel hinüberzuretten, während seine Brüder sich ihrem letzten Gefecht stellten. Um die Aufnahme seiner Schutzbefohlenen als Wraatal in Bra’at eteel zu erwirken, musste Tiaat Noo sich verpflichten, die Verhandlungen mit den als unberechenbar geltenden Shahanern zu übernehmen und zugleich die Verteidigung zu organisieren, sollte durch sie eine Gefahr drohen. Dies bedeutete, dass der ehemalige Wraatal sich selbst zum Ausgestoßenen erklären und seine Haare abrasieren musste, um in Bretaí (Dere) mit Dämonenbeschwörern und Kriegsherren verhandeln zu dürfen.

 

Arkimstolz

 

 Grafik wird verwendet mit freundlicher Genehmigung durch Ramona von Brasch

 

Das heutige Arkimstolz ist die älteste, aber auch die kleinste noch existierende Stadt tulamidischen Ursprungs mit rund 50.000 Einwohnern, darunter 30.000 Sanskitaren. Es handelt sich um das ehemalige Yal-Amir, das heutzutage auf Befehl Sultan Arkamins IV., der die Stadt 1019 BF im Zuge seiner Eroberung des Dreistromlandes annektiert hat, unter neuem Namen firmiert. Genau wie in Shahana herrscht auch in Arkimstolz und seinem Einzugsbereich ein für riesländische Verhältnisse ungewöhnliches Maß an Zucht und Ordnung, und das, obwohl durch die Expansionspolitik des Sultans die traditionellen regionalen Machtgefüge aufgelöst worden sind. Einstmals Hauptstadt eines unabhängigen Emirats und neben Yal-Mordai größter Konkurrent Shahanas, ist Arkimstolz heute loyaler Vasall des Stadtsultanats.

Die Stadt liegt im Mündungsbreich des Flusses Kree, von der Küste aus gesehen etwa vier Tagesreisen stromaufwärts. Der riesige Strom Shah Kree, Lebensader der Stadt Shahana und Mittelpunkt aller strategischen Überlegungen Arkamins IV., scheint sich seines majestätischen Titels bewusst zu sein. Langsam und kraftvoll schwingen sich seine schweren Wasser durch die shahanische Hügellandschaft, fluten zahlose Reisfelder der parnhaischen Stelzhüttendörfer und scheinen die sie nährenden Seitenarme förmlich einzuatmen. Obwohl der Kree ehrfurchtsgebietende Wassermassen mit sich führt, erschöpfen diese sich vor allem in der Breite des Flusses, sodass stellenweise tückische Untiefen mit starker Strömung die Schiffbarkeit des Krees erheblich einschränken.

Arkimstolz wurde wegen seiner Nähe zum Fluss oft auch Sufra Kree genannt, eine Bezeichnung, welche unter Arkamin und seinen Anhängern ebenso ungern gesehen wird wie der alte Name Yal-Amir. Wie auch die anderen sanskitarischen Metropolen mit Ausnahme Yal-Kalabeths steht die heutige Stadt auf den Ruinen einer älteren Siedlung aus marhynianischen Zeiten. In Arkimstolz existieren noch Trutztürme der Altvorderen, welche dank ihrer titanischen Abmessungen bei Herrschern und Kriegsfürsten als sichere und repräsentative Residenzen beliebt sind. Gegenwärtig findet man hier die Hauptquartiere der Kshatryiakommandos aus Shahana.

Statthalter Mirmet Al’Buka I. gleicht einem fetten, haarigen Grolm in prunkvollen Gewändern und hatte maßgeblichen Anteil am Fall der Stadt. Er soll dafür gesorgt haben, dass den Streitkräften Arkamins mit Hilfe magischer Mittel ein Weg durch die mächtigen Stadtmauern Yal-Amirs geöffnet wurde. Die Motivation für seinen Verrat ist unklar, scheint Mirmet doch wenig persönliche Ambitionen abseits seiner Prunk- und Fresssucht zu haben. Womöglich diente der Wechsel der Herrschaftsverhältnisse schlicht seiner Bequemlichkeit.

Arkamin IV. lässt seinem Vasallen relativ freie Hand, was die Regierungsgeschäfte angeht. Al’Buka ist ein kriecherischer Opportunist, der es nie wagen würde, sich gegen seinen Herrscher aufzulehnen. Somit ist es für Arkamin wie für Mirmet gleichermaßen von Vorteil, Arkimstolz im Status eines zahnlosen Löwen unter der Gewalt Shahanas zu halten. Al’Buka beschenkt seine Vettern mit Ämtern und übgibt allzu oft Zweifler an der “edlen Abstammung” seiner Familie an die Folterknechte Arkamins.

Der Sultan weiß nicht, dass der Clan seines Untertanen dem Volk der Skelkin angehört und sein Statthalter selbst einer der menschenähnlichsten Vertreter seiner Art ist. Und nicht einmal Al’Buka kann sagen, wie viele seiner Art wirklich in den Katakomben der Stadt hausen. Arkamin IV. ist darüber informiert, dass Mirmet Vertraute im Untergrund hat, hält sie aber für eine simple Bettlergilde, die sich mit Gold zufriedenstellen lässt. Dass er es mit einer Macht zu tun hat, die bereits seit Jahrhunderten im Geheimen wirkt, ahnt er nicht einmal im Ansatz.

Arkimstolz dient als Basis für die Kontrolle des Dreimstromlandes nördlich des Shah Kree. Große Teile der sumpfigen Marschlandschaft des Shahanabeckens sind durch ständig in Erweiterung befindliche Knüppeldämme zugänglich gemacht worden. Doch noch immer gibt es unbekannte Bestien und unbeugsame Sumpfläuferstämme parnhaischer oder legitischer Abstammung, deren regelmäßige Sabotageakte gegen die Erschließungsbemühungen des Sultans das Gebiet zu einem unablässig schwelenden Konfliktsherd machen.

Die Kshatryiakommandos agieren meist nervös und gehören wohl zu den brutalsten Schlächtern, die Arkamins Heer zu bieten hat. Auf das Anraten des orakelnden Riesen von Muchkalep verfolgt Arkamin IV. seit neuestem eine andere Taktik: Anstatt den Versuch zu unternehmen, die Sumpfstämme zu besiegen, zielt er darauf ab, den Sumpf selbst unter Kontrolle zu bringen. Ein großangelegtes Entwässerungsprojekt soll die Marschen für die Bauern Shahanas nutzbar machen. Die unter hohen Blutzoll dem Sumpf abgetrotzten Flecken werden mit viel öffentlichen Pomp an treue Anhänger vergeben. Arkamin IV. konnte auf diese Weise tatsächlich einige wenige ignorante Adlige von seinem edlen Anliegen und dem Können seiner Baumeister überzeugen. Dass er und sein Lakai lediglich uralte Kanalisationssysteme aus der Zeit der Altvorderen freilegen lassen, verschweigt er natürlich.

Die alten Gräben der Marhynianer, welche für die Entwässerung genutzt werden, dienten einstmal einem anderen Zweck. Ursprünglich handelte es sich um eine gigantische magische Lebendfalle, welche Bestien anlocken und durch ihren labyrinthartigen Aufbau solange verwirren sollten, bis man sie unter Kontrolle gebracht hatte – etwas, das der Sultan nicht einmal ahnt. Die marhynianischen Relifs, welche Bann- und Schutzformeln enthielten, ließ Arkamin IV. mit leichtfertiger Unwissenheit entfernen, um die Anlage als Werk seiner Baumeister ausgeben zu können. Dabei ist keinesfalls gesichert, dass sich heutzutage keine Monster mehr in ihrem Inneren befinden. Aufschluss könnte womöglich eine ähnliche Anlage im Herzen der Wüste Lath geben, die auf Basilisken spezialisiert ist. Dort sind die Schutzzauber noch intakt und lassen Ähnlichkeiten zu Bastrabuns Bann erkennen, welcher die Echsenwesen aus den Tulamidenlanden fernhalten sollte. Darüber hinaus finden sich Spuren des Zaubers Kröte Echse Schuppenleib, eingewobene Humuselementare sowohl unbekannte Portale/Quelle der Kraft. Das Konglomerat aus verschiedenen Einzelverzauberungen ist in seiner Gesamtheit am effektivsten, jedoch wirken einzelne Teile auch unabhängig von der Gesamtheit. Selbst kleine magische Schübe wie etwa ein Hellsichtzauber aktivieren Teile der Anlage. Nicht so in Arkimstolz, hier war Arkamins Zerstörungswerk nahezu perfekt, und so kann das, was immer sich womöglich noch in den Tiefen der marhynianischen Einrichtungen herumtreibt, möglicherweise eines Tages ungebremst an die Oberfläche gelangen.

 

Die Fäuste von Arkimstolz

Die Fäuste von Arkimstolz ist eine Bande von Abenteurerinnen und Abenteurern, die vier Jahre vor Beginn des Abenteuers “König der Huren” von Sulava und Torrok gegründet worden ist.

Die Diebin Sulava wurde in Shahana geboren und wuchs in den Hinterhöfen und Gassen der Stadt auf. Sie ist eine meisterhafte Schleicherin und auch im Umgang mit dem Sichelschwert sehr geschickt.

Torrok ist ein Brokthar wie er im Buche steht. Groß – selbst für einen Angehörigen seines Volkes –, lüstern, ungehobelt und verschwendungssüchtig. In der Gruppe gilt er deshalb, nicht zuletzt wegen seines Tchop-Tchak, als Mann für das Grobe.

Sulava und Torrok haben den gleichen Geschmack, wenn es um Sexualpartner geht. Pralle Busen, weibliche Rundungen und lange Haare.

 

Mirmet Al’Buka I., Statthalter von Arkimstolz

Statthalter Mirmet Al’Buka I. gleicht einem fetten, haarigen Grolm in prunkvollen Gewändern und hatte maßgeblichen Anteil am Fall der Stadt. Er soll dafür gesorgt haben, dass den Streitkräften Arkamins mit Hilfe magischer Mittel ein Weg durch die mächtigen Stadtmauern Yal-Amirs geöffnet wurde. Die Motivation für seinen Verrat ist unklar, scheint Mirmet Al’Buka I. doch wenig persönliche Ambitionen abseits seiner Prunk- und Fresssucht zu haben. Womöglich diente der Wechsel der Herrschaftsverhältnisse schlicht seiner Bequemlichkeit.

Arkamin IV. lässt seinem Vasallen relativ freie Hand, was die Regierungsgeschäfte angeht. Al’Buka ist ein kriecherischer Opportunist, der es nie wagen würde, sich gegen seinen Herrscher aufzulehnen. Somit ist es für Arkamin wie für Al’Buka gleichermaßen von Vorteil, Arkimstolz im Status eines zahnlosen Löwen unter der Gewalt Shahanas zu halten. Al’Buka beschenkt seine Vettern mit Ämtern und übgibt allzu oft Zweifler an der “edlen Abstammung” seiner Familie an die Folterknechte Arkamins.

Der Sultan weiß nicht, dass der Clan Al’Bukas dem Volk der Skelkin angehört und sein Statthalter selbst einer der menschenähnlichsten Vertreter seiner Art ist. Und nicht einmal Al’Buka vermag zu sagen, wie viele seiner Art wirklich in den Katakomben der Stadt hausen. Arkamin IV. weiß, dass Mirmet Vertraute im Untergrund hat, hält sie aber für eine simple Bettlergilde, die sich mit Gold zufriedenstellen lässt. Dass er es mit einer Macht zu tun hat, die bereits seit Jahrhunderten im Geheimen wirkt, ahnt er nicht einmal im Ansatz.

  

Historia

  

Der Augenstern und die Ankunft der Tulamiden

 

Die Tulamiden und die Seefahrt

Das Reich der Marus war dem Untergang geweiht, als die ersten tulamidischen Siedler vom fernen Westkontinent Aventurien den Fuß auf den Süden des Rieslands setzten. Es handelte sich um Angehörige des Volkes der Tulamiden, die einem prosperierenden und expansiven Reich an der Ostküste Aventuriens entstammten, dem sogenannten Diamantenen Sultanat unter Sultan Amir al’Dhubb beziehungsweise Amr al-Dhubb. Der namensstiftende “Diamant” war in Wahrheit der Karfunkelstein des Großen Drachen Pyrdacor, den die Menschen in den Ruinen der alten Echsenstadt Yash’Hualay fanden, auf deren Trümmern die Sultansstadt Khunchom entstehen sollte.

1.779 v. BF war Rashtul al’Sheik verstorben. Sein Sohn Bastrabun hatte im Alter von 121 Jahren den Thron von Rashdul bestiegen und die Herrschaft bald darauf ins strategisch günstiger gelegene Mherwed verlegt. Wenig später hatte sich der Skrechu Ensharzaggesi, Inkarnation des Alveraniars des Verbotenen Wissens, zum Herrscher über Yash’Hualay aufgeschwungen und 1.777 v. BF den Frieden zwischen Echsen und Menschen aufgekündigt. Es kam zunächst zu kleineren Scharmützeln, bei denen Bastrabun und seine Leute den erstaunlichen magischen Fähigkeiten Ensharzaggesis nichts entgegenzusetzen hatten. Dann jedoch bot sich ihm 1.775 v. BF der Skrechu Aliss’Szargo, Inkarnation des Alveraniars des Verborgenen Wissens, als Ratgeber an und lehrte ihn Wege, die Angriffe der Echsen abzuwehren. Trotz des Misstrauens, das Aliss’Szargo seitens der meisten Menschen entgegenschlug, gelang es ihnen so, die Echsen zurückzuschlagen.

Der Skrechu verriet den Menschen das Geheimnis des alten Kultplatzes H’Azzrah, in dem Ensharzaggesi eine Pforte des Grauens geöffnet hatte, aus der er einen wesentlichen Teil seiner Macht bezog. Bastrabun gelang es, die Pforte zu schließen und Ensharzaggesi dadurch wesentlich zu schwächen. Dies führte dazu, dass Bastrabun 1.762 v. BF die Echsenstadt Yash’Hualay im Gebiet des Mhanadi-Deltas erobern und größtenteils niederbrennen lassen konnte. Auf dem Großteil ihrer Ruinen entstand in den kommenden fünf Jahren die heutige tulamidische Stadt Khunchom.

1.760 v. BF fand Bastrabun dank eines Hinweises seitens Aliss’Szargo in einem geheimen Kultraum tief unter einem der Tempel in Yash’Hualay den Karfunkelstein und arbeitete ihn zum Drachenei um, ohne zu erkennen, mit was er es zu tun hatte. Er hielt seinen Fund für einen magischen Diamanten, der fortan als Fokus für viele Zauber diente und zum namensgebenden Artefakt des Diamantenen Sultanats – den Titel eines Sultans von Khunchom nahm Bastrabun 1.757 v. BF an – und der Drachenei-Akademie zu Khun­chom wurde. Die Suche nach Charyptas Szepter, das laut Aliss’Szargo ebenfalls in Yash’Hualay aufbewahrt wurde, blieb ergebnislos. Die Echsen hatten es kurz vor dem Fall der Stadt auf die Insel Marustan verbringen lassen, das spätere Maraskan.

Mit der Hilfe Aliss’Szargos gelang es Bastrabun nun, die Macht der Echsen trotz deren chimärischer und dämonischer Hilfe zu brechen und ab 1.762 v. BF eine magische Barriere namens Bastrabuns Bann zu errichten, um ihre Rückkehr zu verhindern. Als Preis für seine Hilfe verlangte der Alveraniar des Verborgenen Wissens von Bastrabun den Schwur, dass dieser die Echsen nicht vollständig ausrotten dürfe. Er solle ihnen die Echsensümpfe und Marustan als Lebensraum überlassen. Bastrabun willigte ein und gewährte einer stattlichen Zahl von Echsen unterschiedlicher Spezies freien Abzug nach Marustan, wohin sie unter der Führerschaft von Ensharzaggesis Vertrauter, der Skrechu, auch zogen und 1.752 v. BF die Stadt Akrabaal gründeten. Bastrabun verbot den Tulamiden nun, zur See zu fahren, um zu verhindern, dass tulamidische Kapitäne Marustan anfuhren und den Schwur brachen, den er geleistet hatte.

Um 1.740 v. BF verwun­de­te Aliss’Szargo Ensharzaggesi in einer direkten Konfrontation so schwer, dass dieser die Stadt Zhamorrah dem Zorn seiner Feinde hinterließ, spurlos verschwand und wohl wenig später sein Leben aushauchte. Bastrabun verstarb in nahem zeitlichem Zusammenhang, im Jahre 1738 v. BF.

Im Jahr des Regierungs­an­tritts Amir al‘Dhubbs, 1.223 v. BF, erschien ein neues, enorm hell strahlendes Gestirn am Firmament. Daraufhin entstand in Südaventurien ein Kult, dessen Priester den Stern für eine Gottheit mit nur einem Auge hielten, das sich geöffnet hatte, um Aventurien mit wachsamem Blick zu prüfen. Sie tauften den Stern Ashtra al Ain bzw. Augenstern und schufen eine Reihe von einäugigen Götzenstatuen. Dem Sultan weissagten sie, dass seine Herrschaft wahrhaft unter einem guten Stern stehe.

Eine reichlich euphemistische Prophezeiung, wird heutzutage doch verschiedentlich vermutet, dass das Erscheinen des Augensterns ein Werk des Erzdämons Amazeroth gewesen sein könnte. Womöglich besteht ein Zusammenhang mit Mek’Thagor, dem Blinden Auge, das dennoch alles sieht, mit einem potenziellen Ea’Myr des Amazeroth aus dem Erbe des Nandus oder mit den Gotongi, den einäugigen Dämonen aus seinem Gefolge. Es manifestiert sich zuweilen als Dreiaugenmaske, hinter deren Augenöffnungen ein blendend grelles Schwarzes Feuer lodert. Indem Mek’Thagor ein Sternauge anstelle eines Stirnauges verkörperte, soll Amazeroth die Tulamiden ins Riesland gelockt haben, um sie für seine Zwecke einzuspannen. Dies umfasst unter anderem die Gründung des mächtigen Amazth-Kultes von Yal-Mordai, die erneute Inbetriebnahme der Sternensenke, eines dort befindlichen Amazeroth-Unheiligtums aus marhynianischen Zeiten, sowie den Aufstieg des Hexersultans Al’Hrastor nebst seinem Versuch, die Vorherrschaft über das Riesland zu erringen und mit Hilfe des Goldenen Netzes, der durch den Kometeneinschlag verheerten Kraftlinien Rakshazars, die Schöpfung wahlweise zu beherrschen oder zu vernichten.

Der Augenstern sorgte für eine euphorische Aufbruchstimmung im Diamantenen Sultanat, von der auch die Segelkunst profitierte. Die Verehrung des vergöttlichten Gestirns wie auch die Tatsache, dass man es als weithin sichtbaren Orientierungspunkt heranziehen konnte, beflügelten die tulamidische Seefahrt, was bemerkenswert war, hatte doch einst Rashtul al’Sheiks Sohn Bastrabun Ausflüge aufs Meer verboten, um sein Volk vom Bannland Marustan fernzuhalten. Ein weiterer Hinweis darauf, dass es sich beim Augenstern um eine Amazerade gehandelt haben könnte, denn nicht ganz zwei Jahre nach dem Erscheinen des Gestirns brach ein wagemutiger Kapitän den Schwur, den Rashtul al’Sheiks Sohn im Namen seiner Tulamiden geleistet hatte.

1.221 v. BF umrundete eine tulamidische Zauberzedrakke Marustan. Dies führte im Volk zu großer Verunsicherung, weil jahrhundertealte Gewissheiten plötzlich auf den Prüfstand gerieten und andere Antworten verlangen als zuvor. In dieser Phase des Umbruchs riefen viele zum tulamidischen Hauptgott Feqz, dem Herrn über Glück und Unglück. Der jedoch schwieg und verwies sein Volk damit ein weiteres Mal darauf, sich selbst zu helfen, wie es seiner Natur entsprach. Daraufhin fühlten sich nicht wenige von ihm in ihrem persönlichen Schicksal im Stich gelassen. Die Astrologen prophezeiten bald, dass der Augenstern Abenteuerlustigen den Weg in eine neue Heimat weisen würde. Dies gab vielen vom Glück Verlassenen neue Hoffnung. Sie versprachen sich von der vermeintlichen neuen Gottheit Schutz und Hilfe.

 

Fe(y)rushan

 

 

Die wagemutige Kapitänin Fe(y)ruschan Rohalsunya, die es längst riskiert hatte, mit ihrer Zedrakke den heutigen Maraskansund zu befahren und ihn seither zu überwinden wusste,wurde durch die astrologische Weis­sagung inspiriert. Diese kam ihr schon deshalb gelegen, weil sie in Aventurien ihren Anspruch auf ihr Erbe verloren hatte, als es aufgrund ihrer immer spitzer werdenden Ohren ruchbar wurde, dass sie nicht die rechtmäßige Tochter ihres wohlhabenden Vaters sein konnte. Sie entstammte einer Liaison ihrer Mutter, die eine Khun­cho­mer Magierin war, mit einem Elfen.

Dies ist genau der Klatsch und Tratsch, aus dem Märchen, Sagen und Legenden entstehen, und so erzählt man sich heute zuweilen, Feruschans Mutter hätte eine Affäre mit dem Reichsbehüter Rohal gehabt, was schon aufgrund der zeitlichen Verschiebung kaum plausibel scheint. Wahrscheinlich ist „Rohalsunya“ (Rohalstochter) noch nicht einmal Feru­schans richtiger Nachname, sondern ein Beiname, den sie im Laufe der Jahrhunderte aufgrund dieser Legen­den­­bil­dung erhielt.

Auch an der Korrektheit des für sie überlieferten Vornamens darf getrost gezweifelt werden, bezeichnet die erste, gern zu „Fe“ verkürzte Silbe „Fey“ doch im Isdira einen Elfen, während „ruschan“ vermutlich mit dem tulamidischen „raschid“ (”weise“, ”gerecht“) oder ”raschtul“ („unüberwindlich“) in Verbindung steht. Der vermeintliche Vorname der Rieslandfahrerin entpuppt sich somit als Aufzählung ihr zugeschriebener Eigen­schaften einschließlich der vermeintlichen Unüberwindbarkeit des Ozeans, den sie zu meistern lernte.

Offenbar erbte die Halbelfe die magische Begabung ihrer Erzeuger. Man sagt ihr nach, sie habe eine besondere Affinität zu Wogengeistern und Windelementaren gehabt.

 

Der Traum vom Ostkontinent

Neben den Weissagungen kamen Feruschan die Märchen zu Ohren, welche die Haimamudim auf Khunchoms Basaren erzählten. Sie sprachen vom großen Kontinent im Osten, von mächtigen Wesen, so groß wie vier ausgewachsene Männer. Der Halbelfe begegneten außerdem Legenden über die Riesin Chalwen, deren Thron vom Drachen Pyrdacor ins Meer gestürzt worden sein sollte. Beides verband sich in ihrem Geist zu einem immer bestimmter werdenden Plan. Feyruschan beschloss, in Richtung des Nachbarkontinents in See zu stechen.

Der Weg zum Ostkontinent war lang und gefährlich. Nicht umsonst nannten die Bewohner der Küste das Meer, welches sie von Aventurien trennte, ehrfurchtsvoll den Unbezwingbaren Ozean. Angesichts der willkommenen Hilfe durch den Augenstern-Gott und unter Berücksichtigung der Weissagung der Astrologen schien „unbezwingbar“ der Kapitänin allerdings ein sehr relativer Begriff zu sein. Als größeres Problem erwies sich, dass sie aufgrund ihres ramponierten Rufs und angesichts der offen­sichtlichen Aussichtslosigkeit ihres Unterfangens keine Geldgeber fand. Also musste sie mit ihrer alten Zedrakke lossegeln. Um sich zumindest den Sold für die Mannschaft und Vorräte leisten zu können, stahl sie eine große Menge Gold von ihren Eltern, auch wenn sie es selbst nicht so bezeichnete. In ihrer Vorstellung hatte sie sich den Teil des elterlichen Erbes geholt, um den man sie betrogen hatte.

So schnell sie es vermochte, scharte sie eine Mannschaft um sich und ver­schwand bei Nacht und Nebel gen Osten. Ihre Seeleute waren vor allem Veteranen des Krieges gegen die in Aventurien lebenden Echsenmenschen, entfernte Vettern der Marus und Nagah des Rieslandes. Der Großteil dieser bewährten Kämpfer, viele von ihnen einstige Kataphrakten, Panzerreiter, die auf Trampeltieren, Dromedaren, Nashörnern und Elefanten ritten, hatte sich den Verehrern des Augensterns angeschlossen, weil sie ihre Siege in den Kämpfen der Jahre 1.212 bis 1.203 v. BF dem Gott des Gestirns zu verdanken glaubten. Der fromme Sultan Amr hingegen verstand diese Deutung als Beleidigung seiner Person, da er vorher dem Gott Feqz öffentlich immense Opfergaben als Bitte um Kriegsglück wider die echsischen Tempelpyramiden H’Rabaal, Gulagal und Nabuleth dargebracht hatte, die letzten Echsenreiche auf dem aventurischen Festland. Sollte sein Opfer etwa nicht den Göttern wohlgefällig gewesen sein, und war es also nicht der Grund für den Sieg?

Hinzu kam, dass Feqz auch der Herr des Nachthimmels ist, weswegen der Augenstern von den Feqz-Priestern als Konkurrenz in der Domäne ihres Herrn betrachtet wurde. Die Anhänger des Augensterns gerieten so zu Ausgestoßenen und ver­loren den Anspruch auf ihre zugesicherten Pensionen als Soldaten. Für Amr kam dieser Fre­vel sehr gelegen, denn die Überstrapazierung der herrschaftlichen Finanzen durch die Kriege hätte es ihm ohnehin unmöglich gemacht, die Pensionen zu zahlen. Er war daher nur zu gerne bereit, sich zu empören. Viele der betrogenen Soldaten wurden zu Banditen, andere zu Abenteurern, die nichts mehr zu verlieren hatten.

Die Vorstellungen der Ur-Tulamiden über die Welt muteten dabei selbst abenteuerlich an. Sie betrachteten Dere als Scheibe, auf der in drei, sieben oder zwölf durch Wasser getrennten Ringen die verschiedenen Gefilde liegen: Im Zentrum befinde sich Al’Veran, das Land der Götter, auf einem äußeren Ring Vasarstan (ursprünglich womöglich Visarstan), das Land der Toten, und ein Dutzend weiterer Ahnen-, Geister- und Mumienreiche. Dschejjhennach, die rostrote Hölle, liege unterhalb der Weltenscheibe, welche von den Dämonen an einigen Stellen durchlöchert worden sein soll – eine vage Parallele zur Siebten Sphäre, dem Sternenwall und Marhynas Frevel. Durch den Kontakt mit den Güldenländern wurde diese Weltsicht im Laufe der Jahrhunderte erweitert, in ihrer Grundstruktur ist sie aber noch immer bei vielen Tulamiden zu finden.

Feyruschans Reise ins Riesland, über die ansonsten wenig überliefert ist, folgte diesem Weltbild, vor allem einem überlieferten Schöpfungsmythos, nach dem es ein inneres und ein äußeres Meer gibt. In dieser Vorstellung bilden die Kontinente Aventurien und Riesland eine zusammengehörige Landmasse, die ein großes Binnenmeer umschließe. So, wie die Kontinente am Ehernen Schwert aneinandergrenzen, sollen sie es auch auf Höhe der Waldinseln tun. Nur dort, so glaubten die Ostaventurier, bestehe eine Verbindung zwischen dem Inneren und dem Äußeren Meer, die jedoch aufgrund von Bastrabuns Bannmauer nicht überquert werden könne.

Ein Blick auf eine moderne Derenkarte offenbart, dass die Ur-Tulamiden mit diesem Weltbild irrten. Aventurien und das Riesland sind im Süden nicht miteinander verbunden, es gibt keine Landbarriere zwischen den Weltmeeren. Die Ur-Tulamiden hätten gewiss erstaunt reagiert, wenn sich ihnen das Meer für eine Überfahrt nach Uthuria oder Myranor geöffnet hätte, für eine Fahrt ins Riesland in Richtung Nordost oder Ost allerdings war ihre Mythologie präzise genug.

Das “Äußere Meer” der Legenden entspricht in etwa dem Gletschermeer, Ifirns Ozean, dem Meer der Sieben Winde, dem Güldenmeer, dem Meer der Verlorenen, dem auch Feuermeer genannten Südmeer, dem südlichen Nebelmeer und dem Schattenmeer. Das „Innere Meer“ deckt sich im Wesentlichen mit dem Perlenmeer bzw. „Unbezwingbaren Ozean“, dem nördlichen Nebelmeer, dem Gelben Meer und der (riesländischen) Blutigen See (auch Schattenmeer genannt und weder deckungsgleich mit dem Schattenmeer der modernen Karten noch mit der Blutigen See Ostaventuriens während der Borbaradära). Alle Gewässer, die es für eine Reise von der Ostküste Aventuriens bis in riesländische Gefilde braucht, sind also auch nach tulamidischer Vorstellung für ein Schiff erreichbar.

Gemäß diesem Weltbild ist das “Innere Meer” von einem Landring umgeben, dessen Westen das Land der Ersten Sonne bilde, die Stammheimat der Tulamiden, welche sie auch als Tulamidistan bezeichneten. Im Osten sei weiteres Land zu finden. Insoweit deckt sich der Mythos also in etwa mit der Realität, weshalb eine Rieslandfahrt, die sich in östlicher oder nordöstlicher Richtung hält, den mythischen Angaben folgend durchaus gelingen kann.

Seit Ferushans Expedition unterscheiden die Legenden auf riesländischem Gebiet zwischen Rakshazastan, Land der Riesen, im Nordosten, und dem weiter südlich gelegenen Zulneddistan, Land der Echsen, was den Echsendschungeln und den Jominischen Inseln entspricht.

 

Verwendung des Bildes erfolgt mit freundlicher Genehmigung durch Ramona von Brasch

 

Sprungbrett Archipel der Perlen

Die Entdeckung des Archipels der Perlen durch eine Expedition von Rieslandreisenden war ein reiner Zufallsfund, geschuldet ungünstigen Strömungen und Winden, welche sie von der sicheren Passage forttrieb, die Rohalsunya entdeckt hatte. Für eine Weile erwies sich der Fund als echter Glücksfall. Nicht nur, dass das entdeckende Schiff auf den Inseln wieder seetüchtig gemacht werden und seine Reise ins Riesland fortsetzen konnte, der Archipel zeigte sich als sicherer Hafen, der künftig bei vielen Rieslandreisen angefahren wurde. Schließlich ließen sich hier sogar Siedler nieder, Glücksritter, Schatzsucher, Ausgestoßene und solche, die glaubten, als Dienstleister für Rieslandreisende etwas von den Waren abzweigen zu können, welche diese an Bord hatten. Manche von ihnen bewohnten die Plantagen-Insel. Diese weist auf Grund der Düngung mit Vulkanasche eine erstaunliche Fruchtbarkeit auf, welche die tulamidischen Erstendecker nutzen wollten. Sie rodeten den Wald und legten umfangreiche Plantagen an. Kultiviert wurde u. a. die auf der Insel heimische Sinjaa-Pflanze, eine Ölpflanze, die zu den Hülsenfruchtgewächsen zählt. Die Sinjaa-Bohne erwies sich als nahrhaft und vielseitig verwendbar.

 

Feruschans Schicksal

Als alte Dame erlebte Feyruschan noch, wie das hundertste Schiff den Khunchomer Hafen gen Yal-Amir verließ. Die Tulamiden hatten sich bis dahin in ihrer Enklave fest etabliert, und es machte nicht den Anschein, als würden sie das gewonnene Land wieder preisgeben wollen. In dieser Zeit wurden auch zahlreiche Magier der Tradition der Kophtanim ins Ries­land entsandt, die nach den Geheimnissen der Nagah und der unbekannten Erbauer der riesenhaften Marhynianer-Ruinen suchen sollten. Einige fanden dabei den Tod, andere wurden zu berühmten Entdeckern von Ehrfurcht gebietenden Bauwerken und bargen machtvolle Artefakte, die oft den Weg nach Aventurien fanden. In den Händen wohlhabender Familien wurden diese Gegenstände zu hochverehrten Erbstücken, die bis heute in Grüften, Kellergewölben und Schatzkammern auf ihre Wiederentdeckung durch Abenteurer warten, und zwar auf beiden Kontinenten.

Der Überlieferung nach entschlief Feruschan nach einem erfüllten Leben friedlich in ihrem Bett. Das Schicksal ihres Schiffes hingegen ist ungeklärt. Noch heute vermutet man seine Überreste im Aimar-Zahbar, dem größten Hafen der Stadt Khunchom. Zahllose Taucher haben sich auf die Suche nach der Schlangenzür­nerin begeben, Rohalsunays legendärer Zedrakke, mit der sie die erste Überfahrt ins Ries­land vollbrachte. Doch keiner von ihnen konnte das gesuchte Schiff am Boden des Khunchomer Hafens entdecken.

Hartnäckig halten sich Gerüchte, Rohalsunya habe Klingen aus lichtverschluckendem Stahl mitgebracht. Auch von kopfgroßen Kristallen, die unverfrorene Wahrheiten aussprechen, ist die Rede. Und von Segeln, die sich anfühlen, als seien sie aus Spinnenfäden gewonnen. Bis heute weiß niemand, ob es diese Artefakte gibt, wo sie zu finden sein könnten und ob es sich um mehr handelt als bloßes Seemannsgarn.

In den folgenden Jahrhunderten, vor allem während der Dunklen Zeiten, wurde in Aventurien insgesamt dreizehn Seefahrerdynastien das Privileg verliehen, das Riesland zu bereisen und sich dabei auf das Dia­mantene Sultanat zu berufen. Sie alle führten ihre Abstammung auf Feruschan Rohalsunya zurück. Ohne das hoheitliche Privileg war es unter Androhung der Todesstrafe verboten, die Länder des Ostens anzusteuern. Doch die Berichte über gewaltige Reichtümer waren so groß, dass immer wieder Seeleute gegen das Verbot verstießen und Rakshazar anfuhren.

Zu ihnen gehörte auch Dscheffar ibn Amar, möglicherweise ein leiblicher Sohn des verstorbenen Sultans Amr, Entdecker vieler Inseln und Länder jenseits Marustans, den ein mysteriöser Traum zu den Zauberweibern auf der Elburischen Halbinsel führte. Diese erkannten seine Träume als von der Unsterblichen Chalwen gesandte Visionen und halfen ihm bei der Deutung. Kurz darauf stieß Dscheffar überhastet in See, mutmaßlich in Rich­tung des Rieslands. Der Diamantene Sultan setzte daraufhin eine Belohnung auf seinen Kopf aus. Angeblich drängte eine Delegation Elems, hinter der letztlich das Unterwasserreich Wah­jad stand, den Herrscher dazu, dem abtrünnigen Seefahrer nachzusegeln. Was aus Dschef­fars Expedition wurde, ob sie das Riesland erreichte und ob sie fand, was immer sie suchte, lässt sich heute nicht mehr sicher nachhalten. Manche Legenden behaupten, dass er das Riesland bereist habe, aber auf der Rückfahrt bei dem Versuch, Chal­wens Thron zu erreichen, um mit ihr über die Erkenntnisse seiner Unternehmung zu sprechen, spurlos verschwunden sei.

 

Die Thalukk

Die Thalukk ist ein alltäglicher Anblick in der Blutigen See, im Gelben Meer und auf den angrenzenden Flüssen. Sie ist das Arbeitsschiff der Sanskitaren. Es kommt beim Fischfang zum Einsatz, beim Handel entlang der Küste und mit dem Hinterland, als Piratenschiff oder – vor allem in Ribukan – als Kriegsschiff. Kaum jemand weiß heute noch, dass dieser Schiffstyp ursprünglich zusammen mit den Kunkomer nach Rakshazar kam und von der aventurischen Thalukke abstammt. Der Schiffstyp hat sich seither kaum verändert, es sind lediglich Ausleger hinzugekommen, welche das Schiff stabilisieren sollen. Die Anzahl der Ausleger hängt davon ab, ob das Schiff auf den Flüssen fahren soll – in diesem Fall kommen keine Ausleger zum Einsatz –, ob es an der Küste entlangsegelt – dann wird ein Ausleger montiert, der bei nach Westen fahrenden Schiffen an Bordbord, bei nach Osten fahrenden Seglern an Steuerbord angebracht wird – oder ob es bis zu den äußeren Inseln reist – in diesem Fall werden zwei Ausleger verwendet. Schiffe dieses Typs sind bis zu fünfzehn Schritt lang und zwei, maximal drei Schritt breit, einmastig und aus einfachen Brettern gezimmert. Am Heck der Thalukk befindet sich ein kleiner Aufbau, auf welchem der Steuermann das Heckruder bedient. Bast zwischen den Brettern soll das Heck abdichten. In aller Regel lässt sich eine vollständige Abdichtung jedoch nicht erreichen, sodass die Mannschaft viel Zeit mit dem Wasserschöpfen verbringt. Bei manchen dieser Schiffe ist der ansonsten offene, knapp zwei Schritt tiefe Frachtraum mit einer einfachen Hütte überdacht. Diese Thalukken transportieren vor allem Passagiere und feuchtigkeitsempfindliche Waren.

 

Gefährliche Überfahrt

Auf dem Weg durch den Unbezwingbaren Ozean lauern bis heute tödliche Gefahren. Weitläufige Tang­felder bergen das Risiko, dass das Schiff auf ewig darin steckenbleibt. Es gibt ausgedehnte Flautezonen, in denen sich nie ein Lüftchen regt und in denen ein Segelschiff deshalb nicht von der Stelle kommt. Umgekehrt ist die Rede von gewaltigen Strudeln und Mahlströmen sowie zwei Jahrhundertstürmen, welche jedes Schiff zermalmen, wohl der Gebelaus und Kauca. Es gibt offenbar eine Strecke, die zwischen ihnen hindurchführt, die sogenannte „Sternenklarpassage“, welche eine nächtliche Navigation anhand der Gestirne ermöglicht, doch ein Steuermann, der nicht genau weiß, was er tun muss, hat kaum eine Chance, ihrem Verlauf zu folgen. Darüber hinaus ist die nächtliche Navigation gefährlich, weil Hindernisse oder Seeungeheuer – Charyptas Kreaturen zählen zu den typischen Bedrohungen, ebenso der Dämon Turgoth, Seeschlangen, riesige Gruppen von Walen und die gefürchteten Rirgit – in der Schwärze der Nacht auf dem Unbezwingbaren Ozean leicht übersehen werden können. Auch außerhalb des Einflussbereichs der Jahrhundertstürme sind die Gestirne aufgrund unzähliger Unwetter nur selten zu sehen. „Kompantenwahn“ bezeichnet eine Zone, in welcher jeder Südfinder verrücktspielt oder sich gar nicht bewegt. Auch hier bleibt nur die Navigation nach den Gestirnen. Stellenweise speien untermeerische Vulkane Lava und giftige Dämpfe, in Küstennähe werden auch an Land befindliche Schlote rasch zur tödlichen Gefahr. Gefährliche Strömungen treiben Schiffe gegen Klippen, auf unterseeische Felsnadeln oder auf tückische Sandbänke. Die meisten Passagen führen nahe an den Inseln der Schattenlords vorbei. Keinesfalls zu unterschätzen sind auch die Wasserdrachen, die im Auftrag des Großen Drachen Aldinor darüber wachen, dass das Verbot der Götter, vom einen zum anderen Kontinent zu reisen, eingehalten wird.

Rohalsunyas Unterfangen jedoch hatte Erfolg. Die Seefahrer wurden durch Zauberer so­wie Luft- und Wasserdschin­ne unterstützt, was wohl der maßgebliche Grund ist, warum sie alle Gefahren umschiffen konnten. In ihrer von religiösem Eifer und Aber­glauben geprägten Wahrnehmung allerdings war es allein die Position des Augensterns, die sie 1.181 v. BF sicher an die Westküste Rakshazars führte, genauer gesagt an die waldreiche Landzunge zwischen den Flüssen Ebro und Kree im Dreistromland, eine Region, die bald auch Rahyastan – gen Rahja gelegene Region – oder Ostland genannt wurde. Rahyastan bezeichnete ursprünglich das gesamte den Tulamiden bekannte Riesland, was das Dreistromland, Teile der Geistersteppe, Kap Parhami, die Grüne Sichel, die Jominischen Inseln, das Umfeld von Ribukan und den Süden des heutigen Herrschafts­gebiets von Amhas umfasste. Eine sprachliche saubere Unterscheidung von Rakshazastan, dem Riesland, erfolgte erst im Laufe der Zeit, als sich mit der Verbesserung der geographischen Kenntnisse Rahyastan mehr und mehr als Alternativbezeichnung für das Dreistromland etablierte, welches heutzutage allein gemeint ist, wenn der Begriff fällt.

 

Der Unbezwingbare Ozean

 

Westlich der Jominischen Inseln liegt der Unbezwingbare Ozean, eine Wasserwüste, welche die kleinen Schiffe aus Rakshazar nicht zu bezwingen vermögen. Einst kamen über diesen Ozean die Vorfahren der Sanskitaren aus dem fernen Aventurien. Doch inzwischen ist fast jeder Kontakt mit dem Westkontinent abgebrochen.

 

Weitere Namen: Äußerer Ozean (tulamidische Karten), Westlicher Ozean.
Allgemeines Bild: Tiefblaues Wasser, ständiger Wellengang und ständige Brise von West-Süd-West (Raschtuls Atem).
Inseln: Korelkin, Unlon, diverse kleine Archipele.
Fanggründe: Gelegentlich, dann aber große Fischschwärme, Wale.
Bedeutende Häfen: Kleine Siedlung der Horasier auf Korelkin.
Seemächte: Expeditionsflotten aus Aventurien (sehr selten), Tocamuyac (sehr selten), Kentaishi und Seenomaden.
Mysterien: Zalzar/Korelkin. Sargassosee östlich von Maraskan, Hinterlassenschaften der Schwertmagier. Ruinen aus längst vergangen Zeiten.
Gefahren: Ririgit, Seemonster, Riesenwellen, Mahlströme, Sargassofelder, Inseln der Schattenlords, Diener Aldinors.

 

Die Siedlungen der Tulamiden und Echsen

 

Rakshazar, Land der Riesen

Feyruschan traf im Riesland als erstes auf die Rakshazas, borkenhäutige Baumschrate bzw. Wald­trolle von vier Schritt Größe, welche die Wälder des Südens bewohnten. Da sie ebenso stark wie gehorsam, sanft und fried­­fertig waren, neigten die anderen Spezies dazu, sie zu versklaven, um ihre gewaltigen Kräfte zu nutzen, oft genug auch für Kriegszwecke. Nach ihnen nannte Feyruschan den Kontinent Rakshazastan, tulamidisch für „Land der Rakshazas“, „Land der Riesen“ bzw. „Riesenland“. Daraus wurde dann später „Rakshazar“, das ”Riesland“. Dies folgte einer alten Tradition, unbekannte Regionen nach der dort vorherrschenden Spezies zu benennen, so wie es in Aventurien beim Orkland und beim Yeti-Land der Fall ist. Noch auf der Vollständigen Weltkarte von Sumus Leib aus dem 16. Regierungsjahr Rohals des Weisen finden sich Einträge wie Echsland, Goblinland und Zwergenlandt, die erst bei näherer Erforschung präziseren Angaben wichen. Der Nachbarkontinent indes blieb den Aventuriern für immer fremd und behielt deshalb seine ursprüngliche Bezeichnung.

 

Die erste Siedlung

Dabei hatte die wagemutige Kapitänin zunächst nur das Dreistromland entdeckt. Am Ufer der Flüsse fanden die Tulamiden gute Bedingungen für den Anbau von Reis, Getreide, Gemüse und allerlei Fruchtpflanzen vor. Deshalb gründeten Feyruschan Rohalsunya und ihre Mannschaft zunächst eine kleine Siedlung aus Pfahlbauten an der Mündung des Kree. Der kleine Ort, der nach seiner Gründerin Yal-Feruschan bzw. entsprechend ihrem tatsächlichen Vornamen getauft wurde, ist heute längst verlassen und vergessen. Er musste aufgegeben werden, als der Fluss wenige Jahrzehnte später seinen Lauf änderte und die Natur zurückeroberte, was die Menschen ihr mühsam abgetrotzt hatten. Doch bis dahin hatte er seine Rolle als Ausgangspunkt einer wahren Besiedlungswelle, die das Riesland nachhaltig verändern sollte, schon lange erfüllt.

 

Die Begegnung mit den Echsen

Als die aventurischen Siedler erstmals auf die Nagah und die Marus trafen, die den Süden des Kontinents beherrschten, richteten sie sich auf Feindseligkeiten ein. Doch zu ihrer Überraschung schienen die Echsenvölker den friedlichen Austausch mit den Tulamiden zu suchen, die sie bald Kunkomer nannten, da sie den Namen ihrer Heimatstadt Khunchom nicht anders auszusprechen ver­mochten.

Die somit erstaunlich friedfertige Begegnung der Menschen mit ihren echsischen Rivalen hatte religiöse Gründe. Sufra, das Orakel des Reiches, hatte prophezeit, dass die Herrschaft der Nagah dem Untergang geweiht sei, sollten sie ihre Hand gegen Feyruschan erheben. Es war ihnen deshalb nicht erlaubt, den Menschen ein Haar zu krümmen. Trotz dieser Warnung entschlossen sich die Nagah, den Versuch zu unternehmen, dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen und sich der Fremdlinge zu entledigen. Sie boten den Kunkomern die Ruinen der Marhynianer als Wohnort an. Sie selbst mieden diese verwunschenen Orte, auch wenn sie kein Wissen über deren einstige Erbauer hatten. Insgeheim hofften die Nagah, die unbedarften Neuankömmlinge würden von den Ungeheuern verschlungen werden, die immer noch in den Überresten der uralten Städte ihr Unwesen trieben.

Feyruschans Gefährten waren in ihrer alten Heimat Veteranen im Kampf gegen Echsenwesen gewesen, hier aber war ihre Zahl klein, und so blieb ihnen nichts anderes übrig, als den ungeliebten Gastgebern entgegenzukommen und ihre verdächtige Großzügigkeit anzunehmen. Sie begaben sich in die halbversunkenen Häuserschluchten, die später zu Yal-Amir werden sollten und heute als Arkimstolz bekannt sind, und wurden bald darauf von Monstren heimgesucht, wie die ortsansässigen Echsen es gehofft hatten. Doch die entschlossenen und kampferprobten Krieger schafften es, die Bestien zu vernichten. In Katakomben unter der Stadt fanden sie zahlreiche magische Artefakte und Schatzkammern, die die anderen Völker in ihrer Scheu vor den Ruinen nie entdeckt hatten. Als reiche Frauen und Männer kehrten die Seefahrer nach nur wenigen Jahren ins Diamantene Sultanat zurück und wurden dort als Helden verehrt. Die Halbelfe zahlte die Summe zurück, die sie sich von ihren Eltern „geborgt“ hatte – mit Zins und Zinseszins. Sie wollte denen, die sie so unfair behandelt hatten, nichts schuldig bleiben.

 

Aufbruchstimmung

Schon bald fanden sich viele abenteuerlustige Siedler, die im neu entdeckten Rakshazastan nach Reichtümern suchen wollten. Sultan Amir erkannte darin seine Chance, die durch seine Kriege gegen die Echsenstädte arg gebeutelten Finanzen seiner aventurischen Heimat aufzubessern, und sandte eigene Truppen über das Meer. Er nahm die Ruinenstadt, die Feyrushans Leute freigekämpft hatten, im Namen des Diamantenen Sultanats in Besitz und gründete dort eine Stadt, die er nach seinem eigenen Namen Yal-Amir taufte. Die Siedlung trug diesen Namen weit länger als ein Jahrtausend. Erst in jüngerer Vergangenheit wurde sie in Arkimstolz umbenannt. Namensgeber ist Arkamin IV., der aktuell amtierende sanskitarische Herrscher des Stadtstaates Shahana.

Sufra, der in der Nähe dieser Stadt hauste, wurde ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gesehen. Als das Gerücht aufkam, er sei von den Kunkomern vergiftet worden, verbreitete sich dieses wie ein Lauffeuer im Süden Rakshazars. Die Nagah erkannten, dass Sufras letzte Prophezeiung wahr zu werden drohte, deshalb sank ihr Mut. Sie ließen die Menschen kampflos auf der Halbinsel gewähren, welche die Kunkomer in Verehrung ihrer Gottheit des Reisens und des Handels „Aveshas Daumen“ tauften. Die Ordnung des Echsenreiches war grundlegend erschüttert. Ohne die spirituelle Führung Sufras traten schon nach wenigen Jahren überall in Rakshazars Süden lokale Kriegsfürsten der Marus und charismatische Nagah-Priester an die Stelle der bisherigen Verwalter. Am erfolgreichsten erwies sich eine Fraktion von Marus, die es riskierte, ein uraltes Tabu ihrer Kultur zu überwinden: Sie ließ sich in einer der Marhynianer-Städte nieder, und zwar in den Ruinen, an deren Stelle heute die Sanskitaren-Stadt Shahana liegt. Die neu gegründete Siedlung Szu’Shaz wagte es zwar nicht, den Neuankömmlingen im Norden aktiv Widerstand zu leisten, wurde jedoch eine lokale Macht, die ihr Territorium südlich des Flusses Kree vor den Gesetzlosen ihres eigenen Volkes sowie vor übermütigen kunkomer Spähern zu verteidigen wusste.

Längst segelten mehrmals im Jahr Schiffe aus Khunchom mit Siedlern an Bord über das Meer. Da Feyruschan Rohalsunya als einzige sichere Wege in das Ostland kannte, hielt ihre Reederei das Monopol auf die Rieslandfahrt. Doch obwohl Sultan Amir in den Marhynianischen Ruinen zahlreiche Reichtümer barg und damit die gebeutelten Staatsfinanzen entscheidend aufbes­serte, konnte er sich zu Lebzeiten nicht dazu entschließen, den wagemutigen Entdeckern Amnestie zu erteilen. Er nahm lediglich davon Abstand, sie weiterhin zu verfolgen. Erst als Amir 1.175 v. BF starb, erließ Toba al’Akran, dessen Staatskasse weiterhin durch Rohalsunyas Unternehmungen entscheidend aufgebessert wurde, den Veteranen ihre vermeintliche Schuld.

 

Sprungbrett Archipel der Perlen

Die Entdeckung des Archipels der Perlen durch eine Expedition von Rieslandreisenden war ein reiner Zufallsfund, geschuldet ungünstigen Strömungen und Winden, welche sie von der sicheren Passage forttrieb, die Rohalsunya entdeckt hatte. Für eine Weile erwies sich der Fund als echter Glücksfall. Nicht nur, dass das entdeckende Schiff auf den Inseln wieder seetüchtig gemacht werden und seine Reise ins Riesland fortsetzen konnte, der Archipel zeigte sich als sicherer Hafen, der künftig bei vielen Rieslandreisen angefahren wurde. Schließlich ließen sich hier sogar Siedler nieder, Glücksritter, Schatzsucher, Ausgestoßene und solche, die glaubten, als Dienstleister für Rieslandreisende etwas von den Waren abzweigen zu können, welche diese an Bord hatten. Manche von ihnen bewohnten die Plantagen-Insel. Diese weist auf Grund der Düngung mit Vulkanasche eine erstaunliche Fruchtbarkeit auf, welche die tulamidischen Erstendecker nutzen wollten. Sie rodeten den Wald und legten umfangreiche Plantagen an. Kultiviert wurde u. a. die auf der Insel heimische Sinjaa-Pflanze, eine Ölpflanze, die zu den Hülsenfruchtgewächsen zählt. Die Sinjaa-Bohne erwies sich als nahrhaft und vielseitig verwendbar.

 

Ferushans Schicksal

Als alte Dame erlebte Feyruschan noch, wie das hundertste Schiff den Khunchomer Hafen gen Yal-Amir verließ. Die Tulamiden hatten sich bis dahin in ihrer Enklave fest etabliert, und es machte nicht den Anschein, als würden sie das gewonnene Land wieder preisgeben wollen. In dieser Zeit wurden auch zahlreiche Magier der Tradition der Kophtanim ins Ries­land entsandt, die nach den Geheimnissen der Nagah und der unbekannten Erbauer der riesenhaften Marhynianer-Ruinen suchen sollten. Einige fanden dabei den Tod, andere wurden zu berühmten Entdeckern von Ehrfurcht gebietenden Bauwerken und bargen machtvolle Artefakte, die oft den Weg nach Aventurien fanden. In den Händen wohlhabender Familien wurden diese Gegenstände zu hochverehrten Erbstücken, die bis heute in Grüften, Kellergewölben und Schatzkammern auf ihre Wiederentdeckung durch Abenteurer warten, und zwar auf beiden Kontinenten.

Der Überlieferung nach entschlief Feruschan nach einem erfüllten Leben friedlich in ihrem Bett. Das Schicksal ihres Schiffes hingegen ist ungeklärt. Noch heute vermutet man seine Überreste im Aimar-Zahbar, dem größten Hafen der Stadt Khunchom. Zahllose Taucher haben sich auf die Suche nach der Schlangenzür­nerin begeben, Rohalsunays legendärer Zedrakke, mit der sie die erste Überfahrt ins Ries­land vollbrachte. Doch keiner von ihnen konnte das gesuchte Schiff am Boden des Khunchomer Hafens entdecken.

Hartnäckig halten sich Gerüchte, Rohalsunya habe Klingen aus lichtverschluckendem Stahl mitgebracht. Auch von kopfgroßen Kristallen, die unverfrorene Wahrheiten aussprechen, ist die Rede. Und von Segeln, die sich anfühlen, als seien sie aus Spinnenfäden gewonnen. Bis heute weiß niemand, ob es diese Artefakte gibt, wo sie zu finden sein könnten und ob es sich um mehr handelt als bloßes Seemannsgarn.

In den folgenden Jahrhunderten, vor allem während der Dunklen Zeiten, wurde in Aventurien insgesamt dreizehn Seefahrerdynastien das Privileg verliehen, das Riesland zu bereisen und sich dabei auf das Dia­mantene Sultanat zu berufen. Sie alle führten ihre Abstammung auf Feruschan Rohalsunya zurück. Ohne das hoheitliche Privileg war es unter Androhung der Todesstrafe verboten, die Länder des Ostens anzusteuern. Doch die Berichte über gewaltige Reichtümer waren so groß, dass immer wieder Seeleute gegen das Verbot verstießen und Rakshazar anfuhren.

Zu ihnen gehörte auch Dscheffar ibn Amar, möglicherweise ein leiblicher Sohn des verstorbenen Sultans Amr, Entdecker vieler Inseln und Länder jenseits Marustans, den ein mysteriöser Traum zu den Zauberweibern auf der Elburischen Halbinsel führte. Diese erkannten seine Träume als von der Unsterblichen Chalwen gesandte Visionen und halfen ihm bei der Deutung. Kurz darauf stieß Dscheffar überhastet in See, mutmaßlich in Rich­tung des Rieslands. Der Diamantene Sultan setzte daraufhin eine Belohnung auf seinen Kopf aus. Angeblich drängte eine Delegation Elems, hinter der letztlich das Unterwasserreich Wah­jad stand, den Herrscher dazu, dem abtrünnigen Seefahrer nachzusegeln. Was aus Dschef­fars Expedition wurde, ob sie das Riesland erreichte und ob sie fand, was immer sie suchte, lässt sich heute nicht mehr sicher nachhalten. Manche Legenden behaupten, dass er das Riesland bereist habe, aber auf der Rückfahrt bei dem Versuch, Chal­wens Thron zu erreichen, um mit ihr über die Erkenntnisse seiner Unternehmung zu sprechen, spurlos verschwunden sei.

 

Die Thalukk

Die Thalukk ist ein alltäglicher Anblick in der Blutigen See, im Gelben Meer und auf den angrenzenden Flüssen. Sie ist das Arbeitsschiff der Sanskitaren. Es kommt beim Fischfang zum Einsatz, beim Handel entlang der Küste und mit dem Hinterland, als Piratenschiff oder – vor allem in Ribukan – als Kriegsschiff. Kaum jemand weiß heute noch, dass dieser Schiffstyp ursprünglich zusammen mit den Kunkomer nach Rakshazar kam und von der aventurischen Thalukke abstammt. Der Schiffstyp hat sich seither kaum verändert, es sind lediglich Ausleger hinzugekommen, welche das Schiff stabilisieren sollen. Die Anzahl der Ausleger hängt davon ab, ob das Schiff auf den Flüssen fahren soll – in diesem Fall kommen keine Ausleger zum Einsatz –, ob es an der Küste entlangsegelt – dann wird ein Ausleger montiert, der bei nach Westen fahrenden Schiffen an Bordbord, bei nach Osten fahrenden Seglern an Steuerbord angebracht wird – oder ob es bis zu den äußeren Inseln reist – in diesem Fall werden zwei Ausleger verwendet. Schiffe dieses Typs sind bis zu fünfzehn Schritt lang und zwei, maximal drei Schritt breit, einmastig und aus einfachen Brettern gezimmert. Am Heck der Thalukk befindet sich ein kleiner Aufbau, auf welchem der Steuermann das Heckruder bedient. Bast zwischen den Brettern soll das Heck abdichten. In aller Regel lässt sich eine vollständige Abdichtung jedoch nicht erreichen, sodass die Mannschaft viel Zeit mit dem Wasserschöpfen verbringt. Bei manchen dieser Schiffe ist der ansonsten offene, knapp zwei Schritt tiefe Frachtraum mit einer einfachen Hütte überdacht. Diese Thalukken transportieren vor allem Passagiere und feuchtigkeitsempfindliche Waren.

 

Tulamiden und Remshen

Die Tulamiden des Rieslands unterhielten im Jahrhundert nach ihrer Ankunft nur flüchtige Kontakte zu den Völkern um sie herum. Nachdem die öffentliche Ordnung des Nagah-Reichs zusammengebrochen war, mussten die Kunkomer sich die zahlreichen Banden und aggressiven Kulte der Echsenvölker vom Hals zu halten, die in dieser Zeit entstanden. Dank ihres hohen Maßes an Organisiertheit waren die Kunkomer bei der Verteidigung ihres Besitzes sehr erfolgreich, und so blieb es für eine ganze Weile bei diesem Status quo. Für einen kulturellen und wirtschaftlichen Austausch fehlte das gegenseitige Vertrauen.

Das Volk der Remshen hingegen, dessen körperliche Gestalt dem Aussehen der Kunkomer ähnelte und das auch gewisse kulturelle Gemeinsamkeiten mit ihnen aufwies, stammten doch beide von den Sumurrern ab, wurde mit Neu­gierde und Wohlwollen behandelt. Die Aventurier erkannten das nomadisch lebende Reitervolk als die womöglich einzigen Riesländer, die ihnen hinreichend ähnlich waren, um Lücken in ihren eigenen Reihen zu schließen. Die Zahl der Siedler, die aus dem aventurischen Mutterland kamen, war naturgemäß begrenzt. Das Land jedoch war weit und die Anzahl möglicher Feinde Legion.

Die Kunkomer begriffen bald, dass sie die Unter­stüt­zung der Fremdlinge brauchen würden, wenn sie Yal-Amir und weitere Siedlungen aufbauen und sich dort dauerhaft niederlassen wollten. Dafür, dass ihr Ansinnen das Volk der Remshen in eine tiefe Spaltung treiben würde, hatten sie kein oder zumindest kaum Bewusstsein. Ihre Götter hatten die Remshen gewarnt, niemals sesshaft zu werden, dies würde ein furchtbares Schicksal auf sie herabbeschwören. Das Bedürfnis, der ewigen Wanderschaft zu entfliehen, schlummerte dennoch in vielen von ihnen. Mit dem Auftauchen der Aventurier, ihrer stählernen Waffen, ihrer Zauberkunst und ihrer Kampfkraft, welche sie immer neue Siege gegen die alten echsischen Feinde der Remshen erringen ließ, schien das Risiko der Sesshaftwerdung zum ersten Mal seit vielen hundert Jahren wieder überschaubar zu sein. Die Aventurier mussten sich nur bereiterklären, ihre riesländischen Alliierten zu beschützen. So gaben eine ganze Reihe von Remshen, vor allem diejenigen, die mit Kuros gekämpft hatten oder aus Amhas geflohen waren, ihr Wanderleben auf, um fortan bei den Tulamiden zu leben und sich einen Platz in der Gesellschaft der Neuankömmlinge zu erarbeiten.

Traditionalistischer eingestellte Reiternomaden lehnten das Angebot ab. Manche waren stolz auf ihre Unabhängigkeit und nicht bereit, diese aufzugeben, andere mahnten, die Warnungen der Göttertrinität nicht zu missachten und sich keinesfalls in den verfluchten Städten der untergegangenen Hochkultur niederzulassen. Der Konflikt um die Sesshaftwerdung zerriss ganze Familien, und nicht selten waren ganze nomadisch lebende Sippen dem Untergang geweiht, weil sie zu viele Köpfe und zu viel Wissen an die Städte verloren.

Doch auch für die Remshen, die sich für das Stadtleben entschieden, brachte dieses schwerlich die erhofften Verbesserungen mit sich. In Yal-Amir genossen die Remshen keinen besonders hohen Status, sondern waren zum Großteil einfache Bauarbeiter, die schwere körperliche Arbeit leisteten. Dennoch genossen sie gewisse Bürgerrechte. So durften sie etwa an Kulthandlungen teilnehmen und eigene Geschäfte tätigen. Sprecher der Remshen gegenüber den Kun­komer war die Zauberin Sha-An.

Nach dem Bau von Yal-Amir begann Amrs ehrgeiziger Nachfolger Toba um 1142 v. BF, Eroberungspläne für Szu’Shaz, die Enklave der Marus, zu schmieden. Die Kunkomer wussten, dass sie es noch nicht riskieren konnten, die Stadt direkt anzugreifen. Also entschloss sich Toba zu einer List. Zum Schein bot er den Echsenwesen einen Friedens­schluss an. Als Zeichen des guten Willens schenkte er den herrschenden Marus eine große Menge Menschen aus dem Volk der Remshen als Sklaven. Sie alle waren eigentlich freie Bürger und hatten sich, geködert mit Versprechungen eines besseren Lebens, wenn die Feinde erst besiegt seien, freiwillig gemeldet. Tulamische Zauberkundige präparierten sie magisch, bevor sie sie zu den Marus schickten, sodass die Priester der Krokodilköpfigen ihre wahren Intentionen nicht lesen konnten. Nach einem Jahr und einem Tag sollten die “Sklaven” ihre geschuppten Herren im Schlaf ermorden und des Nachts die Tore zur Stadt öffnen.

Und so geschah es auch. Viele der vermeintlichen Sklaven hatten Erfolg, sodass die Kunkomer und Remshen ungehindert in die Stadt gelangen konnten. Andere verloren ihr Leben, als sie von den Wächtern ihrer Herren gestellt wurden. In der Summe jedoch waren so viele der Marus ermordet worden, dass der Rest von ihnen fliehen musste – die Stadt gehörte den Kunkomern. Die überlebenden Echsen siedelten an den felsigen Küsten der heutigen Sumucolbucht oder fanden in den weitläufigen Ebenen des Kap Parhami Un­ter­schlupf, wo ihre Kultur vorerst weiterexistierte und die einheimischen Parnhai als Sklaven hielt.

Immer mehr Remshen zogen im Laufe der Jahre in die eroberte Stadt. Etwa fünfzig Jahre nach der Ankunft der ersten Kunkomer übertraf die Zahl der Remshen die der Neuan­kömm­linge um etwa zehn zu eins. Nirgendwo sonst auf dem Kontinent lebten so viele Remshen auf so engem Raum zusammen, seit die Konflikte der Vergangenheit ihr Volk gespalten und dezimiert hatten. Die Prophezeiung, die Amir Sohn des Rashtul al’Sheik zu Beginn des Zeitalters getätigt hatte, begann sich zu erfüllen. Wie von Amir vorhergesagt war mit den Tula­miden jenes Volk erschienen, das es den Remshen ermöglichte, ihr ewiges Nomadenda­sein, welches das Schicksal ihnen auferlegt zu haben schien, zu überwinden. Ihr Selbstbewusstsein wuchs, nicht nur angesichts ihrer Anzahl, sondern auch in Erinnerung an ihre entbehrungsreiche Zeit in der Sklaverei und in Anerkennung ihres Mutes.

Als Geste des guten Willens gestattete der Sultan des tulamidischen Mutterlandes den Remshen, der Stadt, welche mit ihrer Hilfe erobert worden war, einen Namen zu geben. Unterhändler legten den Remshen energisch nahe, sich für diese Geste zu bedanken, indem sie die Stadt nach dem Sultan Yal-Toba nannten. Doch die Remshen entschieden anders. Sie tauften die Stadt Sha-An-Arr, in Erinnerung an ihre verehrte Sprecherin Sha-An, die wenige Monate zuvor verstorben war, und brachten damit ihr neues Selbstverständnis und den Stolz auf ihre Leistungen zum Ausdruck. Die aventurischen Diplomaten tobten und verlangten eine förmliche Entschuldigung. Diese blieb aus, und der Streit eskalierte.

Schließ­lich kam es zu einem Putsch in Sha-An-Arr. Die Verwalter des Sultans wurden von den Remshen-Führern aus der Stadt gejagt, während andere Kunkomer ihres Besitzes beraubt wurden und sich den Riesländern fügen mussten. Urhan, ein charismatischer Arbeiter, wurde vom Volk der Remshen zum Häuptling der Stadt erhoben. Die Phase des Aufstiegs war damit zunächst beendet, und die beiden jungen Siedlungen der Kunkomer fanden sich in einem Bürgerkrieg wieder, der beide Parteien für immer verändern sollte.

Der Konflikt schien Remshen und Kunkomer dauerhaft entzweit zu haben. In Wahrheit bildete er jedoch den Auftakt für jene Ereignisse, welche die beiden sumurrischstämmigen Völker zu einem einzigen verschmelzen ließen, den Sanskitaren. Bis zum Ende des Zeitalters würden sie zum bevölkerungsreichsten Menschenvolk des Kontinents nach den Uthurim und den Nordländern aufsteigen und zu jenem mit dem höchsten kulturellen und technologischen Entwicklungsstand – gerade so, wie die Göttin Marhyna und Raschtuls Auserwählter Rashtul al’Sheik es zu Beginn des Äons vereinbart hatten, um den Menschen die Dominanz über das Elfte Zeitalter zu sichern.

Die Tatsache, dass Tulamiden und Remshen mit Chalwens Volk, den Sumurrern, die gleichen Wurzeln haben, zeigt sich dafür verantwortlich, dass sich das Erscheinungsbild der Sanskitaren gegenüber ihren jeweiligen Vorfahren aus beiden Völkern nicht nennenswert verändert hat. So konnte etwa ein Salpikon Savertin Jahrhunderte später in den aventurischen Tulamidenlanden Fuß fassen, ohne dass seine riesländische bzw. sanskitarische Abkunft dort erkannt worden wäre. Auch die Kultur der Sanskitaren ist jener der aventurischen Ur-Tulamiden weitestgehend treu geblieben und hat sie um Elemente der Remschenkultur bereichert.

 

Sultan Kharibet im Riesland

 

Ein zögerlicher Monarch

Nur wenige Wochen nach dem erfolgreichen Staatsstreich der Remshen starb Sultan Toba al’Akran überraschend und unter ungeklärten Umständen. Im Folgejahr, 1.131 v. BF, bestieg Sultan Kharibet I. den Thron. Er galt als zögerlicher, unentschlossener Herrscher, der lange brauchte, seine Herrschaft zu konsolidieren. Entsprechend löste sich 1.110 v. BF die mächtig gewordene Satrapie Nebachot vom Diamantenen Sultanat, nachdem Kharibet ein Eheversprechen seines Sohnes mit einer nebachotischen Prinzessin widerrufen hatte. Von seinen Beratern zur Rückeroberung gedrängt, scheiterte der Sultan wiederholt an diesem Vorhaben. Das nunmehrige Sultanat Nebachot hatte sich Rondra verschrieben, seine Krieger kämpften mit großem Ehrgeiz und ebensolcher Kraft. Auch ersannen Nebachots Feldherren die besseren Strategien. Als das Volk begann, über den Herrscher zu spotten, verschlechterte sich auch die Stimmung unter Kharibets Beratern, und selbst sein Sohn begann die Geduld mit dem Vater zu verlieren. Niemand erwartete ernsthaft, dass der Sultan auch nur versuchen würde, das Problem im Riesland zu lösen, doch sollte es ihm schlussendlich sogar gelingen.

 

Kharibets Aufbruch ins Riesland

Im neununddreißigsten Jahr seiner Herrschaft, 1.092 v. BF, übergab Kharibet seine Herrschaft im Mutterland an seinen Sohn Qasran Yanuf, verlegte seinen Thron ins Riesland und zog mit seinem gesamten Hofstaat über das Meer. Die Beweggründe für Kharibets radikalen Schritt bleiben nebulös. Vielleicht fürchtete er die nächsten Aktionen seiner Berater oder seines Sohnes, die versucht gewesen sein könnten, sich mit der Palastwache zu verbünden, um sein natürliches Ableben wesentlich zu beschleunigen. Womöglich hing sein Vorgehen mit dem Orakelspruch zusammen, welcher den Ausbruch einer Seuche vorhergesagt hatte, die Khunchom im Folgejahr dann tatsächlich heimsuchte. Oder es beruhte auf dem Inhalt der Unterredung mit dem Abgesandten des Statthalters von Yal-Amir, der wenige Wochen zuvor an seinem Hof eingetroffen war. Dies allein mutete schon seltsam an, konnten doch der Sultan und der Statthalter dank der Fähigkeiten der tulamidischen Artefaktbauer über große Entfernungen miteinander kommunizieren, ohne auch nur vor die Tür zu treten. Kristalle übertrugen Ansprachen und Reden Kharibets mit Bild und Ton in die Paläste seiner Provinzbeamten. Etwas schien seine persönliche Anwesenheit zu erfordern, und bezeichnenderweise wurde er bei seiner Abreise von zahlreichen Kriegsschiffen und Seesoldaten begleitet.

 

Rückeroberungspläne

Nachdem die Schiffe in der Mündung des Flusses Terul in der fruchtbaren Ebene der Grünen Sichel angelegt hatten, füllten sie ihren Proviant auf und sprachen sich im Geheimen mit der Lokalregierung in Yal-Amir ab. Diese hatte offenbar vor rund zwei Jahren damit begonnen, die nötigen Schritte zur Rückeroberung von Sha-An-Arr in die Wege zu leiten. Das große Heerlager in der Bucht setzte sich in Bewegung, um die Gebirgskette des Orthwalls zu überschreiten, die Sha-An-Arr nach Osten begrenzte, begleitet vom Sultan persönlich und einem seiner Söhne. Währenddessen zogen die Kriegsschiffe der Tulamiden am Ufer der Blutigen See entlang. Durch die magischen Sprachkristalle des Sultans konnten beide Truppengattungen in Kontakt bleiben.

 

Ankunft am Djer Mussa

Nach langer Reise erreichten die Krieger schließlich das Djer Mussa-Gebirge, eine Mondsichel, die aus den heu­tigen Gebirgen Orthwall und Yal-Hamat bestand, welche damals noch einen durchgehenden Gebir­gszug bildeten. Dort kam es zu einer Begegnung, die in die Legenden eingegangen ist: Die Truppen des Sultans schienen sich inmitten des Gebirges verirrt zu haben. Schnee und Nebel in den Gebirgshöhen verwirrten die Truppenführer. Einzig eine merkwürdige Er­schei­nung am Horizont bot einen Orientierungspunkt: Ein Fels auf einem hohen Gipfel in der Ferne, dessen Form auf unheimliche Weise einem kauernden Menschen ähnelte. In der dritten Nacht im Gebirge hatte der Sultan einen Traum. Er träumte, der Fels erhebe sich und zeige einen drachenartigen Kopf. Dieser nannte sich Thufir. Er legte Kharibet nahe, der Armee den Befehl zu erteilen, sich einstweilen aus dem Gebirge zurückzuziehen. Zugleich stellte er ihm in Aussicht, den Truppen eine bequeme Passage durch sein Territorium zu öffnen und ihnen freies Geleit zu gewähren. Ein Gefallen, der den Tulamiden den sicheren Sieg einbringen werde, für die Thufir von Kharibet allerdings einen Preis verlangen werde.

 

Thufirs Tor

Am Morgen tat Kharibet, wie ihm geheißen ward, und erteilte seinen irritierten Feldherren den Befehl, das Gebirge auf demselben Weg zu verlassen, auf dem sie hergekommen war, und in einigem Abstand zu warten. Dann machte er sich auf den Weg zu jenem Felsen, nur begleitet von seinem treuesten Leibwächter. Die Armee bezog am südlichen Fuß des Djer Mussa Quartier.

Nach zwei Tagen des Wartens geschah ein Wunder. Ein Teil des Gebirges fiel durch einen titanischen Erdrutsch in sich zusammen, und zwischen den beiden Teilen entstand eine Passage, die selbst schwerbewaffnete Truppen bequem queren konnten. Von nun an waren Yal-Hamat und Orthwall voneinander getrennt. Die Gesteinsmassen waren zu bizarren Formen zerbrochen und von der Gewalt des geheimnisvollen Ereignisses im Umkreis von vielen Kilometern verteilt worden. Noch heute bewachen diese Tausendschaften von Gesteinsbrocken, im Volksmund Drachenköpfe genannt, den Weg von der Grünen Sichel ins Dreistromland. Die Alchemie legt dem Gestein allerlei machtvolle Wirkungen bei.

Der neu entstandene Pfad ist leicht zu bewältigen und groß genug, dass ihn eine Armee in vollem Aufmarsch bequem durchqueren kann. Er wird bis in die Gegenwart „Thufirs Tor“ genannt. In späteren Jahrhunderten zeigte er sich maßgeblich dafür verantwortlich, die Einheit der tulamidischen Welt zu wahren, schuf er doch eine bequeme Reise- und Handelsroute zwischen ihren Besitzungen.

An der sicheren Position am Fuße der Berge nahmen Kharibets Truppen keinen Schaden durch die herabstürzenden Felsen. Der Sultan allerdings erschien nicht wieder. Das Heer zögerte in Sorge um seinen Anführer, weiterzuziehen, doch Kharibets zweiter Sohn Kaspan ent­schied sich dafür, nicht zu warten und die Chance zu ergreifen, den Heerzug fortzusetzen und wesentlich früher am Ziel einzutreffen, als der Weg durch das noch intakte Gebirge dies erlaubt hätte. Tatsächlich gelang es den Kriegern, zeitgleich mit der Seestreitmacht in Sha-An-Arr anzukommen.

 

Die Kapitulation Sha-An-Arrs

Die Stadt war unvorbereitet und musste angesichts des konzertierten Angriffs aus dem Gebirge und vom Meer aus ihre Kapitulation erklären. Viele Remshen gaben den Kampf auf und verrieten ihren Häuptling Urhan. Sie setzten ihn gefangen und lieferten ihn an Kharibets Sohn Kaspan aus. Dieser entschied, ein Exempel zu statuieren, und ließ den Anführer der Aufständischen auf dem Scheiterhaufen verbrennen, wo er unter großen Qualen starb. Auch weitere Remshen wurden zur Strafe für ihren Aufstand hingerichtet, selbst einige von denen, die ihren Häuptling schlussendlich verraten hatten. Andra, die Tochter von Urhan, wurde dem jüngsten Sohn Kharibets, Azziz, zur Frau gegeben.

 

Die Entmachtung der Göttertrinität

Die Remshen besaßen zahlreiche Kultstätten unter freiem Himmel, an denen sie den heiligen Kreislauf des Kosmos verehrten. Kaspan befahl, diese zu schonen, obwohl die Priester des Heeres ihn vor jener Milde gegenüber den Feinden warnten. In den Tagen nach diesem Akt der Gnade verschlimmerte sich das Wetter im Dreistromland. Ein kalter Sturm, für diese Jahreszeit ganz untypisch, zog vom Orthwall heran. Die Bürger des Landes hatten keinen Schutz gegen solche Klimabedingungen, und Kaspan kam zu dem Urteil, dass dieses Wetter den Unwillen der Götter zum Ausdruck brachte, so wie es die Priester vermutet hatten.

Also befahl er seinen Soldaten, die Kultstätten der Remshen zu zerstören und die Götterverehrung zu zentralisieren. Orte religiöser Verehrung sollte es künftig nur noch in den Städten Yal-Amir und Sha-An-Arr geben. Die Heiligen Männer und Frauen der Remshen wurden hingerichtet und der Glaube an die traditionellen Götter Ongferan, Ipkara und Braiorag verboten. Die Lieder des Propheten Mahim sollten der Vergessenheit anheimfallen. Sogar das Aussprechen des Namens “Remshen” wurde untersagt. Viele Remshen flohen vor dieser Verfolgung und lebten fortan ein zurückgezogenes Leben, fern der tulamidischen Siedlungen. Die Meisten kehrten zu ihren nomadisch lebenden Schwestern und Brüdern zurück.

Der Keil, den der Aufstand und seine Ursachen ohnehin zwischen Remshen und Tulamiden getrieben hatten, schien die beiden Völker nunmehr endgültig gespalten zu haben. Doch alles sollte anders kommen.

 

Thufirs goldene Tafeln

Als das Zerstörungswerk vollendet war, erschien der längst totgeglaubte Sultan Kharibet im Morgengrauen vor den Mauern von Sha-An-Arr. Es war der Herr des Djer Mussa, Thufir der Drachenkaiser, der die Unwetter gesandt hatte, um die Gnade der Tulamiden gegenüber ihren Feinden zu strafen. In seinen Händen hielt Kharibet goldene Tafeln, die ihm Thufir gegeben hatte. Darauf war die angebliche Geschichte der Tulamiden niedergeschrieben, die das Volk längst vergessen habe, doch Thufir sei sie noch immer bekannt. Nach diesem Epos stammen sowohl Remshen als auch Tulamiden von einem Volk ab, das einst unter dem unsterblichen Sultan der Ewigkeit, Mar’Hyn, die Welt beherrscht haben soll. Erst nachdem der Sultan vom Drachen Pyrdacor ermordet worden war, sei Zwietracht im Urvolk aufgekommen, infolgedessen sich die Mar’Hyner in die rechtschaffenen Sumurrer, welche nach Aventurien zogen, und die feigen Remshen, welche im Riesland verblieben und zu Sklaven der Echsenmenschen wurden, aufgeteilt hätten. Aus den Sumurrern gingen schließlich die Tulamiden hervor. Die ungeheuren Ruinen im Riesland seien also Relikte, die rechtmäßig den Tulamiden gehörten. Remshen und Tulamiden sollten sich wieder zu einem Volk vereinigen und gegen den gemeinsamen Feind kämpfen, die Echsen. Diese Geschichte widersprach vielen anderen Über­­lie­fe­run­gen, das war bereits den Gelehrten zu Kharibets Zeiten klar, doch niemand wagte es, diese Widersprüche aufzuzeigen. Das Wissen darum, was der Sultan bei seiner Begegnung mit Thufir wirklich erlebt hatte, behielt er für sich. Der Drachenkaiser selbst wurde nach der Trennung der beiden Gebirgsteile für lange Zeit nicht mehr gesehen.

Dass Thufir beabsichtigte, mit der neuen Mythologie die Vereinigung der beiden Menschenvölker voranzutreiben, darf als gesichert gelten. Dass er ihr die Form eines religiösen Dogmas verlieh, weil ein solches besonders zwingende Wirkungen auf die menschliche Psyche ausübt, versteht sich von selbst. Warum er allerdings eine zwar im Kern korrekte Erzählung wählte, deren Details aber wenig mit der Wirklichkeit zu tun haben, weiß wohl nur der Drache selbst zu sagen. Die gemeinsamen Wurzeln der Sumurrerstämmigen hätte er auch mit der Wahrheit herausstreichen können.

Womöglich ging es ihm darum, in dem später zu den Sanskitaren (wieder-)vereinigten Volk aus Sumurrerabkömmlingen den Glauben zu wecken, es sei der wahre Erbe des Marhynianischen Imperiums. Dieses Bewusstsein würde in ihnen den Willen wecken, das, was ihnen vermeintlich zustand, tatsächlich zu beanspruchen. Das uralte Credo der Remshen, vor Feinden zu fliehen, statt sich ihnen zu stellen, sollte als feige gebrandmarkt werden, auf dass sie es künftig ablegen und gegen Bedrohungen zu Felde ziehen würden. Die Tulamiden hingegen sollten den Eindruck gewinnen, dass das südliche Riesland ihre angestammte Heimat sei, in der es sich dauerhaft anzusiedeln und die es energisch zu verteidigen galt. Sonst hätten sie die Kolonien womöglich als nur vorübergehenden Aufenthalt verstanden, mit dessen Hilfe es die Ressourcen eines fremden Kontinents zu plündern galt, solange dieses Unterfangen lukrativ erschien, und dann wieder zu gehen.

Dass die Reiternomaden zu der Schlussfolgerung gelangten, sie müssten das verfluchte Erbe des Imperiums meiden, während die Städter sich in dessen uralten Mauern niederließen, tat Thufirs Plänen keinen Abbruch. Das Gegenteil war der Fall. Thufir hatte die Macht der Göttertrinität, welche den Sumurrerstämmigen riet, sich von den Marhynianischen Ruinen fernzuhalten, unter den Städtern gebrochen, während er den Reiternomanden ihren Glauben an die Dreigötter ließ. Entsprechend gingen die beiden Gruppen unterschiedlich mit ihrem vermeintlichen imperialen Erbe um, das schlussendlich aber beide Gruppen akzeptierten und in ihre Kultur einfügten, obwohl es sich nur um eine durch den Drachenkaiser hervorgerufene Illusion handelte.

Es lässt sich mutmaßen, dass es Thufir nur vordergründig darum ging, mit Hilfe der Sanskitaren die Echsenmacht einzudämmen. Der tulamidisch-echsische Konflikt im Riesland war vielmehr die denknotwendige Fortsetzung des Machtkampfs der Geschuppten und der Menschen auf aventurischem Boden. Vielmehr scheint der Drachenkaiser das Ziel verfolgt zu haben, die Hegemonie von Amhas zu brechen, das sich seit jeher als legitimer Erbe des Imperiums versteht. Durch sein geschicktes Vorgehen hatte der Drachenkaiser dem Sklavenhalterstaat ein Volk entgegengesetzt, das denselben Anspruch erhebt und mächtig genug ist, sich gegen die amhasischen Ambitionen zu behaupten. Es sollte nicht das letzte Mal in der Geschichte sein, dass der Drache sich gegen Amhas wenden würde.

 

Yal-Kharibet

»Die Quellen aus dem Diamantenen Sultanat der Tulamiden sind dahingehend bedeutend ergiebiger, wenn auch sehr spärlich gesät. Wir können dennoch Handelsbeziehungen zu dieser Zeit annehmen, denn es ist sogar der Name einer Stadt in Rakshazastan belegt, die nach Sultan Kharibet benannt war, Yal-Kharibet. Leider nur gab es mindestens zwei Sultane dieses Namens … «

 

— aus einer Vorlesung in Historie an der Universität zu Methumis, 1037 BF (Zitiert nach dem Aventurischen Almanach von 2016, S. 92.)

 

In den letzten Jahren seines Lebens konnte Sultan Kharibet mit ansehen, wie eine neue Stadt besiedelt wurde, die seinen Namen trug. Yal-Kharibet sollte einen Neuanfang darstellen, durch den Remshen und Tulamiden im Glauben an die Wiedergeburt des Urvolks zu einem Volk verschmolzen. 1.084 v. BF wurde der leblose Körper des Herrschers in seinem Studierzimmer gefunden. Man brachte ihn in das Mausoleum, das er im Zentrum Yal-Kharibets hatte errichten lassen, bestattete ihn mit allen Ehren, die ihm in seiner Position zustanden, und versiegelte die Grabkammer. Dass Kharibet keineswegs tot war, hatten die Menschen nicht erkannt.

 

Der Preis für Thufirs Hilfe

Wenige Stunden später erwachte Kharibet/Thufir und begab sich auf Reisen. Denn der Kontrakt zwischen Drachenkaiser und Menschensultan hatte ein Tauschgeschäft besiegelt. Der Drache hatte sich verpflichtet, dem Sohn des Sultans die Eroberung Sha-An-Arrs zu ermöglichen und dem Volk etwas zur Beruhigung zu geben, auf dass es sich nicht noch einmal erheben würde. Im Gegenzug hatte der Mensch zugestimmt, dem unsterblichen Leib des Drachenkaisers dessen Karfunkelstein herauszuschneiden und ihn herunterzuschlucken. Der Drachenkaiser wurde dadurch in die Lage versetzt, sich des Körpers seines menschlichen Vertragspartners zu bemächtigen und auf diese Weise die Beschränkungen zu überwinden, die der Paktstein seiner Bewegungsfähigkeit auferlegt hatte.

Thufir hatte inzwischen die Kunst der Limbusmagie erlernt und begab sich in Kharibets Leib auf Reisen durch die Sphären, um unbekannte Ziele zu verfolgen. Sein Leib lag inzwischen regungslos, doch vom Paktstein am Leben gehalten, in seinem Hort am einstigen Djer Mussa, dem jetzigen Yal-Hamat. Auf diese Weise konnte der Drachenkaiser mal hier, mal dort in derische Geschicke eingreifen und entscheidende Weichenstellungen vornehmen.

Aber auch Kharibet hinterließ Spuren, die heu­te noch sichtbar sind. Als im sechzehnten Regierungsjahr Rohals des Weisen der Versuch einer Weltkarte unternommen wurde, zogen die Kartographen Kharibet/Thufir, der zuvor ein wenig zu freimütig über das Riesland geplaudert hatte, als Experten heran. Thufir hatte wenig Interesse, den Aventuriern allzu detaillierte Auskünfte über Rakshazar zu erteilen. Man konnte sich schließlich nie sicher sein, dass die Bewohner des Westkontinents dieses Wissen nicht eines Tages gegen seine rakshazarische Heimat verwenden würden. Also erging sich der Drachenkaiser in Falschaussagen und Auslassungen, zu denen auch gehörte, dass er den Derographen das längst untergegangene Marhynia als Hauptstadt des Rieslands nannte. Es dürfte jedoch Kharibet zu verdanken sein, dass Marhynia auf der Karte an genau jener Position verzeichnet wurde, an der Yal-Kharibet liegt. Die Aventurier haben seither immer wieder ver­geblich versucht, Marhynia zu finden, und ordnen es allerlei Völkern zu, allen voran den Marhys (Marus), den Blauen Mahren und den Riesen des Maruk-Methai-Feldzugs. Sie alle weisen Namensähnlichkeiten mit der verlorenen Metropole auf und kommen daher als heiße Kandidaten dafür, die wahren Marhynianer gewesen zu sein, in Betracht. Dass solche Annahmen teilweise den Tatsachen entsprechen, ist eher einem Zufallstreffen beim weitläufigen Stochern im Nebel zu verdanken als echten Erkenntnissen.

Seit rund siebzig Jahren häufen sich die Berichte, Thufir sei erneut am Djer Mussa gesehen worden, und auch die Drachen sprechen von seiner Rückkehr. Die Riesen hatten ohnehin niemals an sein Verschwinden geglaubt. Wie es scheint, schickt sich der Meister der Magie und erleuchtete Geist an, neue Ansprüche zu erheben, und sieht sich dabei in der Pflicht des unergründlichen Weltengesetzes, etwas Großes auf Dere zu verkörpern.

Offenbar konnte Thufir seinen Karfunkelstein wieder aus Kharibets Körper in seinen eigenen transferieren. Was dabei mit Kharibet geschah, ist ungewiss, doch bei der zu erwartenden Macht, die Thufir inzwischen angehäuft haben dürfte, ist es nicht auszuschließen, dass Leib und Seele des Sultans die ungewöhnliche Symbiose unbeschadet überstanden haben. Denkbar also, dass Kharibet, nunmehr unsterblich wie auch sein Herr, noch heute unerkannt als Gesandter des Drachenkaisers durch das Riesland reist, um seinem Volk beizustehen, so gut ein so zögerlicher Herrscher wie er es eben vermag.

Offenbar konnte Thufir seinen Karfunkelstein wieder aus Kharibets Körper in seinen eigenen transferieren. Was dabei mit Kharibet geschah, ist ungewiss, doch bei der zu erwartenden Macht, die Thufir inzwischen angehäuft haben dürfte, ist es nicht auszuschließen, dass Leib und Seele des Sultans die ungewöhnliche Symbiose unbeschadet überstanden haben. Denkbar also, dass Kharibet, nunmehr unsterblich wie auch sein Herr, noch heute unerkannt als Gesandter des Drachenkaisers durch das Riesland reist, um seinem Volk beizustehen, so gut ein so zögerlicher Herrscher wie er es eben vermag.

 

Die Diamantene Dynastie der Sanskitaren

In den nächsten hundert Jahren nach Gründung Yal-Kharibets verlief die Geschichte in den tulamidischen Kolonien vergleichsweise friedlich und war von immer größerem Landgewinn und stetem Bevöl­ke­rungs­wachstum geprägt. Die drei Städte Yal-Amir, Sha-An-Arr und Yal-Kharibet wuchsen zu einem wichtigen Teil des Diamantenen Sultanats heran. Die Vereinigung der Tulamiden und Remshen zu einem Volk fand – wie von Sultan Kharibet erhofft – tatsächlich statt, wenn auch anders als erwartet. Die Remshen stellten auch Jahrzehnte nach Kharibets Herrschaft noch die deutliche Mehrheit der Bevölkerung, und obwohl sie sich an die Kultur und Sprache der Tulamiden anglichen, blieben doch viele Merkmale ihrer ursprünglichen Kultur erhalten. Reisende aus Aventurien beschrieben die dem Mischvolk entstammenden Siedler als wortkarger und verschlos­se­ner als die Mutterländler, aber auch als mutig und freiheitsliebend. Die tulamidische Sprache klang aus den Mündern der Siedler härter und kehliger. Da sich weder Tulamiden noch Remshen damit wirklich wohlfühlten, vereinigten sich das Ur-Tulamidya der Kunkomer und das Alt-Ramsharij der Remshen im Laufe der Generation zum Sanskitarischen, das den sprachlichen Besonderheiten beider Völker entgegenkommt.

Der größte Teil der Kultur der Nagah und Marus hingegen verschwand in den folgenden Jahrzehnten. Die Mehrheit der Echsenvöl­ker zog in dieser Zeit auf die Ribukanische Halbinsel, wohin der Einfluss der Tulamiden nicht reichte. Die übrigen Echsenwesen waren in den Städten der Siedler integriert und überraschenderweise allgemein akzeptiert. Einige Nagah bestritten ihre Existenz durch bäuerliche Selbstversorgung in entlegenen Gebieten oder wurden Räuber und Wegelagerer. Mit den Amhasiern ging man auf „höfliche“ Distanz. Beide Seiten sorgten sich primär um die von ihnen beanspruchten Gebiete, aber der Handel mit Waren und Sklaven florierte. Insbesondere die Entwicklung der Magie der Siedler wurde durch den Kontakt mit der Kör­permagie der Magierherrscher aus dem Norden befruchtet: Bisher kannten die Kophtanim und Mudramalim der Tulamiden vor allem Magie, die offensichtlich und ritualisiert war. Die nach innen gekehrte, körpernahe Zauberei der Amhasier war ihnen neu und fand schnell Anhänger. Die Verweser des Diamantenen Sultanats werden von sanskitarischen Gelehrten heute als die Diamantene Dynastie der Sanskitaren bezeichnet, obwohl das neu entstandene Volk den Namen Sanskitar noch gar nicht kannte. Ihr folgten noch eine Goldene, eine Silberne und eine Bronzene Dynastie.

 

Die Unabhängigkeit der Kunkomer

 

Mahwads Krieg

Während der Krieg der Orks im Norden tobte, konnte die Kultur der tulamidischen Siedler gedeihen. Gute Ernten und die Abwesenheit von Seuchen hatten die Bevölkerung innerhalb weniger Generationen stark anwachsen lassen. Der Kontakt zwischen den Kolonien und dem Mutterland jedoch ebbte stark ab. Ursache waren Kriegshandlungen der Zweiten Dynastie, die diese zwangen, Ressourcen vom Rieslandhandel abzuziehen, allen voran Mahwads Krieg von 1.010 bis 1.002 v. BF. Ab 1.016 v. BF war Alhanien Teil des Diamantenen Sultanats geworden und hatte Nebachoter Sitten ins Diamantene Sultanat eingebracht.

Es gab inzwischen keine ernstzunehmende echsische Bedrohung mehr, lediglich versprengte Reste, deren Beseitigung sich die Göttin Rondra auf die Fahne schrieb. 1.011 v. BF erhob sie Geron den Einhändigen zu ihrem Auserwählten und entsandte ihn mit dem Schwert Siebenstreich, um einzelne mächtige Überlebende aus Pyrdacors Reich zu erschlagen und so die Drachen- und Echsenmacht weiter einzudämmen.

Nun, da die Geschuppten keine tödliche Bedrohung mehr darstellten, kamen am Hofe des Sultans auf einmal Errungenschaften aus echsischer Zeit in Mode. Höfisches Zeremoniell, ästhetische Wahrnehmung und Titulatur orientierten sich mehr und mehr an der echsischen Hochkultur vergangener Tage. Auch viele Götter aus dem echsischen Pantheon wurden übernommen. Schließlich kam es Khunchom zu Unruhen. Der berühmte Krieger Mahwad al-Rasul forderte 1.010 vom Sultan die Abkehr vom sogenannten Edelsteinkult und die Rückkehr zur Feqz-Verehrung. Der Sultan wies seine Forderungen zurück, und so sammelte Mahwad viele Unzufriedene um sich, darunter zahlreiche Bewohner der Khôm-Wüste, die im Sultanat als Barbaren verschreien waren. Doch gerade sie erinnerten sich an die Kämpfe gegen Leviatanim und Marus und verabscheuten daher die echsischen Einflüsse.

Mahwads Aufstand erschütterte das Sultanat für mehrere Jahre. Es kam zu zahlreichen Scharmützeln und Schlachten, Städte wie Fasar wechselten mehrfach die Seiten, mal freiwillig, mal, weil man sie okkupiert hatte. Erst 1.002 v. BF wurden die Aufständischen in der Schlacht von Rashdul entscheidend geschwächt. Mahwad selbst wurde schwer verwundet und starb wenig später an den Verletzungen. Die überlebenden Aufständischen wurden aus dem Sultanat verbannt. Manche kamen bei den Wüstenstämmen der Khôm unter, andere brachen in Richtung der rakshazarischen Kolonien auf.

 

Der Rat der drei Städte

Die riesländischen Städte wussten ihre neu erworbene Eigenständigkeit zu nutzen. Erstmals wurde Anno 989 v. BF ein unabhängiger Rat der Stadtverwalter der drei tulamidischen Städte Yal-Amir, Sha-An-Arr und Yal-Kharibet gegründet, der es der Bevölkerung ermöglichen sollte, die Angelegenheiten ihres Landes in die eigenen Hände zu nehmen. Kassim, Sohn von Amul, der Statthalter von Yal-Kharibet, war federführend bei fünf Entwicklungen, die die Beziehungen zum Mutterland weiter belasteten:

 

Landgewinne

Erstens waren die Städte des Rieslandes inzwischen wirtschaftlich autonom und ähnlich wohlhabend wie die Tulamidenstädte des aventurischen Mutterlandes. Im Osten des Kon­tinents gründeten sie auf den Ruinen einer alten marhynianischen Siedlung die unabhängige Stadt Ribukan, welche vom Abbau von Edelmetallen und -steinen lebte. Sie unterstand nicht dem aventurischen Sultan, sondern direkt dem Rat der riesländischen Städte, von denen sie als eine Art Privatunternehmen betrieben wurde. Die wertvollen Rohstoffe musste der Sultan von den Riesländern kaufen. Ebenso verhielt es sich mit Kap Parhami südlich des Orthwall-Gebirges. Dort existierte keine staatliche Ordnung, dafür aber fruchtbarer Boden. Die zahlreichen Stämme vom Volk der Parnhai wurden von den Siedlern zum Ackerbau, zur Metallverarbeitung und zur Webkunst angeleitet. Sie stell­ten als Gegenleistung für den Schutz vor den marodierenden Marus den Großteil ihrer Pro­duktion den hungrigen Städten und dem Handel mit Aventurien zur Verfügung. Auch hier hatte das Diamantene Sultanat keinen Einfluss mehr.

 

Die Opposition zu den Echsen

Zweitens trafen die verbannten Anhänger Mahwads nach und nach im Riesland ein, verbündeten sich mit den heimlich agierenden Logen der Schattenkrieger und trieben einen Keil zwischen aventurischen Sultane und die Riesländer. Sie berichteten von dekadenten und unmoralischen Ritualen am Sultanshof und beklagten die ungerechte Behandlung, die ihnen zuteil geworden war. Dies alles brachte die Riesländer gegen die Khunchomer Stultane auf und führte zum Verbot zahlreicher Kulte des Mutterlandes in Rakshazar, darunter vor allem solche, die ihren Ursprung in der Götterverehrung der Echsenvölker hatten. Der Sultan sah sich außer Stande, gegen diese Verbote vorzugehen, was seine Autorität in den riesländischen Kolonien weiter untergrub.

 

Die Zerstörung des Adamantenlandes

Drittens kam es 998 v. BF zu einem Vulkanausbruch weit draußen im Charyptischen Meer. Die durch die Katastrophe ausgelöste Flutwelle soll noch in Mirham und Thalusa zu spüren gewesen sein. Sie veränderte die Meeresströmungen nachhaltig und erschwerte die ohnehin schon nicht einfache Schifffahrt gen Osten noch weiter. Möglicherweise ist das Ereignis künst­lich ausgelöst worden, etwa durch einen Anhänger des Großen Drachen Aldinor, der auf diese Weise eine Beschränkung der ausufernden Rieslandfahrten erreichen wollte. Offenbar wurde in diesem Zuge des Adamantenland der Legenden zerstört, das danach nicht mehr aufgefun­den werden konnte, obwohl es zuweilen im tiefen Perlenmeer jenseits von Setokan vermutet wird. Manche Überlieferungen halten die Waldinsel Ibonka für einen Überrest des Adaman­ten­landes, meist wird aber davon ausgegangen, dass die Inseln Sorak, Kossike, Pekladi und Bilku das sind, was von der einstmals viel größeren Waldinsel übergeblieben ist. Die Edelsteinminen des Adamantenlandes versanken im Meer. Der Handel mit der einst großen, reichen Insel erlosch, bevor er überhaupt richtig in Gang gekommen war. Bizarre Legenden berichten davon, ein Kophta, welcher sich zur Zeit kurz vor der Explosion auf der Adamanteninsel aufgehalten habe, habe die herannahende Katastrophe erkannt und die zentrale Insel, ausgenommen die Reste, die man heute noch in der Dritten Sphäre vorfindet, in eine Globule entrückt. Dort soll im Laufe der Jahrhunderte eine mächtige, durch die Nachfahren des Kophta beherrschte Magokratie entstanden sein, die sich, sollte das Adamantenland jemals wieder in derische Gefilde zurückkehren, als gewaltiger Machtfaktor im Perlenmeer entpuppen würde.

 

Die schwimmende Festung von Yal-Mordai

Viertens wuchs durch eine atemberaubende Entdeckung auch die militärische Stärke der Kolonien: Als die Vorfahren der Sanskitaren die verlassenen Ruinen der heutigen Stadt Yal-Mordai betraten, staunten sie nicht schlecht, als sie im Hafen der Stadt ein uraltes, mächtiges Artefakt fanden. Vor ihren Augen erhob sich mitten im tiefen Wasser des Hafens eine Schwimmende Festung, ein wahrer Palast mit mehr als 200 Schritt Kantenlänge, fünf Stock­werke hoch über die Wasseroberfläche aufragend, jedes einzelne so hoch und geräumig, dass selbst ein Troll leicht darin hätte hausen können. Mit Hilfe einer magischen Krone, die vom Vorbesitzer in den Gängen des Schiffes scheinbar achtlos fallengelassen worden war, ließ sich dieser monströse, Schwimmende Palast ganz nach Belieben steuern. Schon bald war der Be­sitz dieser Krone mit der Herrschaftswürde des neu entstandenen Volkes der Sanskitaren ver­bunden. Bis heute ist die Krone der Sanskitaren von Hand zu Hand gegangen und befindet sich momentan im Besitz von Al‘Hrastor, dem Tyrannen von Yal-Mordai.

Die ältesten Sagen und Märchen der Remshen, die bis in die Zeit des Zweiten Marhynianischen Imperiums zurückreichen, lassen erkennen, dass die Vorgängersiedlung Yal-Mordais einst von „schlangenleibigen Priester­kö­nigen“ beherrscht worden ist. Möglicherweise war sie eine der wenigen festen Ansiedlungen der als aufrührerisch geltenden Nagah. Denkbar wäre auch, dass es unter den Nagah verschiedene Fraktionen gab. Die Bewohner von Yal-Mordais Vorgängersiedlung könnten dem Imperium angehört haben oder zumindest von ihm bezahlt worden sein und gegen ihre rebellierenden Schwestern und Brüder gestritten haben. Womöglich war die Stadt selbst umkämpft, und die eine Fraktion musste irgendwann schleunigst vor der anderen fliehen. Dies wäre eine mögliche Erklärung für das achtlose Zurücklassen der steuernden Krone für die Schwimmende Festung, auch wenn es wahrscheinlicher ist, dass diese in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verheerungen durch den Kataklysmus aufgegeben worden ist. Die Zerstörungen, welche der Kometeneinschlag angerichtet hat, und das darauffolgende Zeitalter der Asche dürften den Einsatz eines riesigen Festungsschiffs jeglichen Sinns beraubt haben.

Wie viele solcher Festungen es geben mag, ist bei den Gelehrten umstritten. Einige reden von sieben, andere von neun, ja es gibt sogar Gelehrte, die von einer Flotte des Güldenen Gottes sprechen, die aus nicht weniger als 99 dieser Ungetüme bestehen soll. Bekannt sind dagegen gerade einmal vier Festungen, von denen heutzutage nur noch eine einzige voll ein­satzbereit ist und von ihrem derzeitigen Besitzer als ultimative Waffe genutzt wird. Es spricht einiges dafür, dass die Imperialen sich bei der Erstellung der Festungen an den Zauberschiffen der Hochelfen orientiert haben.

 

Die Burumer

Der fünfte und schwerwiegendste Punkt war jedoch, dass der Rat der Städte einigen hundert Araniern Unterschlupf gewährte, die gegen die Herrschaft des Sultans rebelliert hatten. Die Burumer, wie diese Freibeuter nach ihrer Heimat El‘Burum genannt wurden, konnten ungestraft von Sha-An-Arr aus die Schiffe der aventurischen Tributeintreiber überfallen. Die Hälfte ihrer Beute mussten sie an Kassims Rat abgeben, die andere Hälfte durften sie für sich behalten. El’Burum wurde somit zur zweiten großen tulamidischen Region, die Kontakte ins Riesland unterhielt, neben dem Diamantenen Sultanat und hier vor allem der Stadt Khunchom.

 

Elem

Elem nahm in diesem Reigen eine Sonderrolle ein. Nominell gehörte es zum Diamantenen Sultanat, seit Salman al’Nassori, eine Inkarnation des Alveraniars des Verborgenen Wissens, es mit Ende der Skorpionkriege in dessen Gründungsjahr 1.324 v. BF erobert hatte. Elems Koo­pe­­ration mit den maritimen Völkern, insbesondere mit den unmittelbar vor der Hauptstadt in ihrem Unterwasserreich Wahjad lebenden Krakoniern, ermöglichten ihm allerdings nach wie vor weitestgehende Autonomie. Als Großmacht dominierte es den Süden Aventuriens und war eine der bedeutendsten Seefahrernationen dieser Zeit. Allerdings schickte Elem nur wenige Schiffe in Richtung des Rieslands. Es war deutlich stärker in Richtung Süden gewandt, gen Uthuria.

Zwar lag eine Dunkle Pforte in Richtung Riesland, die Treppe nach Amhas, auf Elems Territorium, doch wurde diese kaum genutzt, da sie unter der Kontrolle der Kophtanim stand. Dieser Weg stand dem Elemer Durchschnittsbürger also weder für ausgedehnte Abenteuerfahr­ten noch für große Handelszüge offen. Erst Jahrhunderte später nutzten die Kopthanim die Treppe selbst, um mit Amhas Handel zu treiben. Das erwies sich als fatal, nicht nur für die riesländische Metropole, sondern auch für Elem, führte der Rieslandhandel doch zu einem Erstarken der Krakonier und damit langfristig zur Zerstörung der Hauptstadt der Menschen durch den Stern von Elem.

 

Das Ende der Tributzahlungen

Nicht lange nach der Ankunft der Burumer erließ der Sultan den riesländischen Städten die Tributzahlungen, aus „Großher­zigkeit“, wie es hieß. Inoffiziell war klar, dass das Risiko für die aventurischen Schif­fe, die Kolonien anzufahren, um Tribute einzutreiben, schlichtweg zu groß geworden war. Dies lag nicht nur an den aranischen Freibeutern. Ab 970 v. BF war es mehrfach zu Zwischenfällen mit Rirgit gekommen, gewaltigen räuberischen Amphi­bienwesen, die gleichermaßen in den Gewässern um das Riesland und in den Meeren der Hohlwelt Tharun beheimat sind. Sie erinnern vage an eine Mischung aus Molch und Fisch und haben zwei vierundzwanzig Schritt lange Tentakel, welche sich an den rund dreißig Schritt messenden Rumpf anschließen. In Tharun gelten sie als Sendboten des Numinoru und werden von seinen Azarai als heilig angesehen. Für die Schiffe Sultan Sheranbils II. waren sie vor allem eine tödliche Gefahr, und als die Verluste an Schiffen und Menschenleben zu groß wurden, entschied der Herrscher, die Rieslandfahrten einstweilen einzustellen.

Obwohl die Unabhängigkeit der riesländischen Städte von keiner Seite aus jemals offiziell erklärt wor­den war, begaben sich Riesländer und Aventurier auf die Suche nach neuen Allianzen. Der aventurische Sultan nahm ab ca. 900 BF einen fruchtbaren Handelskontakt mit dem reichen Nagah-Königreich Unlon auf den Jominischen Inseln und mit anderen Nagah-Reichen auf, der den gegen die Echsen aufgestachelten Kolonien als religiöser Frevel galt, diente sich aber auch den Amhasiern als Verbündeter gegen die Ronthar an, frei­lich ohne ihnen jemals substanzielle Hilfe leisten zu können. Währenddessen schlossen die Riesländer enge Bündnisse mit dem Volk der Xhalori. Überraschenderweise kam es nicht zum offenen Krieg zwischen den Kolonien und dem Mutterland. Der Handel mit dem Ostkontinent war trotz der Nachgiebigkeit der aventurischen Sultane gegenüber den Forderungen der Kolonien für sie immer noch zu ertragreich, als dass es eine sinnvolle Option schien, die Handelsbeziehungen gänzlich aufzugeben. Auch wollten sich die aventurischen Herrscher nicht die Blöße geben, die von ihren Vorgängern errichteten Städte zu verlieren.

 

Die Goldene Dynastie der Sanskitaren

 

 

Das erste Reich der Sanskitaren ist bis heute das Thema von Legenden und Gesängen. In die­ser Zeit fanden die Kunkomer, Remshen und in gewissen Grenzen auch die Parnhai zu einer gemeinsamen Identität, losgelöst von ihrer Vergangenheit als unterschiedliche Völker. Diese Entwicklung nahm ihren Anfang mit Amul Bel’Andra ay Sanskitar.

Amul war der zweitjüngste Enkelsohn von Azziz, Sohn von Sultan Kharibet I., und seiner Frau Andra, Tochter des Ursupators Urhan. Die Herrschaft über Yal-Kharibet und die anderen mächtigen Tulamidenstädte war an seine älteren Brüder gegangen. Er selbst wurde mit mit der Herrschaft über Sanskitar abgefunden, einer Stadt in der Grünen Sichel, wohl am Fluss Sanskis gelegen, die vor rund fünfzig Jahren entstanden war. Ihr Name, übersetzt in etwa “die strahlende Metropole”, stellte dabei eine maßlose Übertreibung dar, war sie doch eher ein kleines, unscheinbares Städtchen, das sich in der Landschaft verlor.

Amuls Beiname “ay Sanskitar” bezieht sich überraschenderweise nicht auf seinen Besitz, sondern stellt einen Ehrentitel dar, der mit “der Erhabene” oder “der Strahlende” zu übersetzen ist und ihm verliehen wurde, als er sein Amt antrat. Die hochtrabende Namensgebung sollte ihn davon ablenken, dass er im Grunde mit einem geringwertigen Erbe abgespeist und in die Wildnis abgeschoben worden war. Für eine Herrscherdynastie mit vielen Kindern gab es im kaum erschlossenen Riesland wenig zu erben. Dass es schließlich an ihm und seinen Nachkommen sein würde, einige der bedeutendsten Entwicklungen seiner Zeit zu initiieren, entspricht der typischen Ironie der Geschichte. Amul wird in den Überlieferungen oft einfach Sultan Sanskitar genannt, was soviel wie “der erhabene Sultan” bedeutet, ungeachtet der Tatsache, dass er selbst, anders als sein Sohn, niemals den Sultantitel getragen hat.

Legendären Ruhm erwarb sich Amul bereits durch die 66 Heldentaten, die er ab 940 v. BF vollbrachte. Er besiegte 66 Dämonen, die 66 Ifriitim der späteren Legenden, und bannte sie in 66 Artefakte. Es hat den Anschein, als sei die Zahl 66, die in Sagen und Märchen genannt wird, der tulamidischen Zahlenmystik geschuldet. In gewisser Weise stimmt das sogar, denn die Maru-Beschwörer, welche die Dämonen herbeiriefen, um die Menschen zu demoralisieren und den Versuch zu unternehmen, sie zu vertreiben, orientierten sich am Aberglauben der Tulamiden, da sie annahmen, dem Wüten der Jenseitigen so zusätzlichen Schrecken verleihen zu können. Die Mythologie irrt also nicht und hat auch keine ihrer üblichen Übertreibungen oder Anpassungen vorgenommen. Es waren tatsächlich genau 66 Gegner, die Amul überwand.

Als ruchbar wurde, dass es Maru-Priester waren, welche die Dämonen beschworen hatten, damit sie Gewalt und Zerstörung im Gebiet des Kap Par­ha­mi säten, erhielten die Kaimanköpfigen eine passende Antwort. Eine Allianz aller menschlichen Völker der Region schlug gegen die Marus zurück und beendete ein für alle Mal die bereits viele Jahrhunderte andauernde Bedrohung durch die Echsenwesen. Ihr Reich, das vor der Ankunft der Kunkomer den Süden des Rieslandes beherrscht hatte, wurde endgültig vernichtet.

Wesentlichen Anteil am Sieg der Menschen hatten die nun als Zammoris bekannten Kunkomer Magier, welche Amul nach dem Sieg über die Marus rituell in sein Volk aufnahm und mit allerlei Privilegien ausstattete. Die Reiternomaden, die stärker als die Städter in der Tradition der Remshen stehen, betrachten dies als den wesentlichen Vorgang, der ihre Kultur in den Stadtstaaten in den Hintergrund treten ließ und sie dem tulamidischen Einfluss unterwarf. Heutige Amazäer, vor allem aber die Zelothim würden diese Magier dennoch nicht als Ihresgleichen betrachten. Sie berufen sich auf eine in ihren Legenden behauptete Inkarnation des Gottes Amazth, welche in der Spätphase des ersten Reiches stattgefunden haben soll, als die Zentralgewalt bereits wieder zu bröckeln begonnen hatte und große spirituelle Verunsicherung herrschte.

Viele Marus konnten vor dem Völkermord durch die Menschen fliehen und fanden auf der Ribukanischen Halbinsel Asyl, wo sie über Jahr­hun­der­te eine kleine, aber lautstarke Minderheit bildeten. Am nach ihnen benannten Maru-Himal-Gebirge kann man sie noch heute finden, wenn auch weitestgehend zur Bedeutungslosigkeit verdammt. Einzelnen Maru-Sippen gelang zudem die Flucht in entlegenere Regionen. Wie viele andere Herrscher bediente sich Amul Bel’Andra der Rakshazas, um sie als gewaltige Kampfmaschinen gegen seine Feinde zu senden. So gelang ihm die Eroberung der „Großen Steppe“ im Norden, wohl der südlichen Targachi, aus der er die Orghas ver­trieb, wie die Urtulamiden die Orks nannten – vermutlich abgeleitet von „Urgash(kão)“.

Doch Amul war nicht nur ein beeindruckender Krieger, sondern auch ein charismatischer Anführer und willensstarker Politiker. Er schuf aus der militärischen Allianz eine politische Einheit, deren Zusammenhalt durch ein starkes Militär gewährleistet wurde. So begründete er die Dynastie der Sanskitarenherrscher, die schließlich dem ganzen Volk seinen heutigen Na­men verlieh. Der Kontakt nach Aventurien war zu dieser Zeit zwischenzeitlich fast komplett abgerissen. Efferd hatte zwischen Myranor und Aventurien den Efferdwall errichtet, was für Jahrzehnte auf fast ganze Dere zu ungünstigen Winden und Strömungen führte, die auch die Reise ins Riesland beeinträchtigten. Der Handel mit den benachbarten Völkern der Amhasier und Brokthar hingegen wurde zu jener Zeit intensiver und das Verhältnis sogar fast freundschaft­lich.

Amul selbst starb recht jung und unheldenhaft an einer Lebensmittelvergiftung und konnte so die eigentliche Blütezeit seines Reiches unter seinem Sohn – Amul dem Jüngeren – nicht mehr miterleben. Obwohl immer wieder Gerüchte umgingen, dass der seinen Vater vergiftet haben könnte, gab es dafür doch niemals handfeste Beweise.

Zu Beginn der Herrschaft Amuls des Jüngeren war Sanskitar den anderen Sanskitarenstädten in nahezu allen Belangen unterlegen, Wirtschaftskraft, militärische Stärke, technologischer Entwicklungsstand, kulturelle Errungenschaften. Doch sorgte der junge Herrscher beharrlich dafür, dass es zu einer prunkvollen Residenzstadt ausgebaut wurde.

Anschließend nannte er sein Herrschaftsgebiet hochtrabend „Sultanat von Sanskitar“. Er erhob durch diese Namensgebung ganz bewusst den Anspruch, dass er dem Sultan des aventurischen Mutterlandes gleichgestellt sei. Da der Herrscher des Diamantenen Sultanats auf der anderen Seite des Ozeans residierte und offenbar nicht in der Lage war, Herrschaft über die riesländischen Kolonien auszuüben, postulierte Amul mit der Übernahme des Sultanstitels zugleich einen Führungsanspruch über die anderen Städte, den er im Laufe der Zeit tatsächlich durchsetzen konnte.

Der Aufstieg der Stadt zum Mittelpunkt eines geeinten Sanskitarenreiches erscheint rätsel­haft und wirft einige Fragen auf. Es gibt Hinweise darauf, dass Amul dynastische Verpflichtungen auszunutzen verstand, welche die mit ihm eng verwandten Herrscher der anderen Stadtstaaten zum Gehorsam zwangen. Der Sultan der Sanskitaren scheint außerdem Expeditionen ausgesandt zu haben, welche die verborgenen Reichtümer der Marhynianer und anderer untergegangener Völker bargen. Diese investierte er, um Sanskitar noch größer und prachtvoller zu gestalten. Das wiederum lockte Krieger, Zauberkundige und andere Gelehrte aus aller Herren Länder in die Stadt. Parallel entwickelte sie sich zu einem religiösen Zentrum, in dem allerlei konkurrierende Kulte Baukunst, Forschung und Lehre bereicherten.

Mehrere Jahrzehnte dauer­te dieses Goldene Zeitalter, bis der Krieg gegen den Scherben­magier Rorkha es gewaltsam beendete. Dennoch wurde die Geburtsstunde des neuen Volkes nie vergessen, und die Sanskitaren pflegen bis heute die Erinnerung an Amul: Seine ohnehin bemerkenswerten Taten werden in den Erzählungen jeder neuen Generation immer weiter ausgeschmückt.

Tulamidische Geschichtenerzähler taten sich vor allem mit dem Faktum schwer, dass es in den sanskitarischen Stadtstaaten in relativ kurzen Abständen zu einem Wechsel der Herrschaft kam, wobei der Name des Herrschers jedoch gleichblieb. Wenn von einem Sultan namens Amul die Rede ist, vermag ein Khunchomer nur schwer zu beurteilen, um welchen von ihnen es sich handelt. Entsprechend wurden die Taten Amul Bel’Andras allzu oft mit denen seiner Nachfolger in einen Topf geworfen. So heißt es im Märchen „Der diamantene Skorpion“, das zu Beginn der Dunklen Zeiten verfasst wurde: „Als die stolzen Kinder A’Dawatus die dunklen Fluten bezwangen, die große Steppe eroberten und die niederträchtigen Marhyas vertrieben, beschritt Amul Bel’Andra Rakshazastan und überwand während seiner 66 Heldentaten 66 Schrecken der Ifriitim. Fortan herrschten er, seine Emire, Mogule und Satrapen über die grünhaarigen Parhnias, die in den Wäldern lebenden Rakshazas und die befellten Oghas, befand sich im Krieg mit den giftigen Nagahs und zaubermächtigen Rorkhas, und war doch dem Diaman­tenen Sultan im glanzvollen Khunchom Untertan. Eines Tages (…)“ (Zitiert nach „Im Bann des Diamanten„, S. 69.) Während die 66 Heldentaten sowie die Herrschaft über Parnhai, Rakshazas und Orks Amul Bel’Andra zugeordnet werden können, war er zur Zeit Rorkhas und seiner Anhänger längst verstorben. Diese wirkten während der Regierungsjahre Amuls IV., zu dessen Zeit der Einfluss des Sanskitarischen Sultanats mindestens Ribukan, Yal-Amir und Sh-An-Arr umfasste. Auch die Auseinandersetzungen mit den Nagah gehören in die Herrschaftsjahre anderer sanskitarischer Sultane.

Indem sich Amul der Jüngere zum Sultan erklärte, brach er ein Tabu, und von nun an forderten zahllose weitere Herrscher Macht und Geduld des Diamantenen Sultanats dadurch heraus, dass sie selbst den Titel eines Sultans annahmen. Es erwies sich, dass das aventurische Mutterland nicht die Ressourcen aufbrachte, sie daran zu hindern. Diese standen entweder nicht zur Verfügung, oder der Nutzen einer solchen Unternehmung wog ihre Kosten nicht auf. Diese Praxis überdauerte den Fall des Diamantenen Sultanats in der aventurischen Urheimat, sodass mit Al’Hrastor und Arkamin IV. von Shahana bis in die Gegenwart hinein Sanskitarenherrscher um den begehrten Titel buhlen.

 

 

Rorkha und das Ende der Goldenen Dynastie

 

 

Rorkha ist ein Name, der bis heute bei den Sanskitaren sinnbildlich für blindwütige Zerstö­rung steht. Doch dieser Ruf wird der historischen Person nicht gerecht. Rorkha war kein zerstörungswütiger Barbar und auch kein Brokthar, wie ihn spätere Bilder oft darstellen, weil sein Name allzu sehr an die einstigen Kriegsgegner der Kunkomer, die Kharor, erinnert und an die verheerenden Auswirkungen ihrer magischen Kräfte. Stattdessen entstammte er der wohlhabenden Familie der Ashnamur, die damals einen großen Einfluss auf die Geschicke der Stadt Yal-Kharibet hatte. Da er seit seiner Geburt an an einer Krankheit litt, die seine Haut unnatürlich grau färbte und ihn kraftlos und kurzatmig werden ließ, dachten seine Eltern, er sei von einem Fluch befallen. Auf Anraten eines Priesters erzogen sie ihren Sohn zu einem Fernhändler und Diplomaten im Dienste ihres Hauses, damit er den Großteil seines Lebens auf Reisen fern der Familie verbringe und das Unglück, welches von dem Jungen mutmaßlich ausgehe, nicht auch auf den Rest der Familie überwechsle.

Rorkha fügte sich in sein Schicksal und war tatsächlich erfolgreich in seiner Tätigkeit. Er fand bald Gefallen daran, als Gast an den luxuriösen Höfen der sanskitarischen Städte Sanskitar, Ribukan, Yal-Amir und Sha-An-Arr ein und aus zu gehen. Er war bekannt als unterhalt­sa­mer Gast mit spitzer Zunge, einem beißenden Humor und großer Menschenkenntnis. Auch der Sultan des Reiches, Amul IV., wurde schließlich auf ihn aufmerksam und ernannte ihn zum Botschafter für die Stadt Amhas.

Diese Entscheidung führte schlussendlich zum Untergang der Dynastie der Amuliden, auch bekannt als Erste oder Goldene Dynastie: In der Stadt Amhas wurde Rorkha 882 v. BF freundlich aufgenommen und erhielt als Gesandter des Sultans Zugang zu exklusiven Kreisen. Bald entspann sich eine Liebesgeschichte mit bitterem Ausgang: Die Frau des Fürsten von Amhas, Isyahadin, begann ihn in ihren Bann zu ziehen. Sie war wie er scheinbar durch eine Laune der Natur gezeichnet: Ihre Augen und ihre Haare glänzten auf befremdliche Weise silbern. Ohne das Wissen ihres Gatten hatte Isyahadin einen Kult gegründet, die „Kinder der Wahren Königin“. Die 66 Mitglieder dieses Kultes verehrten die Elfe Pardona, welche vor Jahrhunderten über die Stadt geherrscht habe, deren Astralleib nun aber von grausamen Göttern gefangen gehalten werde. Nach Isyhadins Schilderungen bestand das Ziel des Kultes darin, die Seele der Pardona im Austausch gegen 66 gebundene Dämonen freizukaufen, eben jene 66 Wesen, die Amul I. einst eingesperrt hatte. Tatsächlich hatte sie jedoch ganz an­de­re Pläne, zumal sie genau wusste, dass sich Amadena gar nicht in Gefangenschaft befand.

Immer weiter wurde Rorkha in das Netz des Kultes hineingezogen. Seine Verehrung der vermeintlichen Göttin Pardona festigte sich, weil er dank Isyhadin ihre Macht am eigenen Leib zu spüren glaubte. Seine Leiden schwanden, sobald er ein Amulett trug, von dem Isyhadin behauptete, dass es Pardonas Macht kanalisiere. In Wahrheit war es nur eines von zahlreichen magischen Artefakten, die Isyahadin in einer geheimen Schatzkammer vor den Augen ihres Gatten versteckte. Isyahadin schürte Rorkhas Verachtung für seine Familie, die ihn mied und für verflucht hielt. Nach einigen Monaten zeigte er sich bereit für den Kampf gegen das Reich, welchem er eigentlich dienen sollte.

Inzwischen war er dank seines Charismas und seines diplomatischen Geschicks zum Sprecher des Kultes aufgestiegen. Wo vorher noch Ränkespiele und Missgunst unter den Mitgliedern geherrscht hatten, zog jetzt Rorkhas Entschlossenheit und Ausstrahlung alle in seinen Bann. Obwohl der Orden nur 66 Mitglieder hatte, war er doch in der Lage, einem ganzen Heer Paroli zu bieten. Jedes Mitglied des Kultes besaß nämlich eine besondere Waffe aus magischem Metall. Diese Waffen waren beseelt und stärker, als je eine andere weltliche Waffe es sein könnte. Der Orden war, ohne es zu wissen, Erbe jener Waffen geworden, die den gefürchteten Kriegern des Marhynianischen Reiches und den Gründungsvätern Amhas‘ gehört hatten, den inzwischen vergessenen Scherbenmagiern.

Als der Moment zum Zuschlagen gekommen war, betraten die Kinder der Wahren Königin die Sultansstadt Sanskitar. Sie reisten unerkannt unter den vielen Gästen und Händlern, die diese Stadt täglich besuchen. Rorkha alleine wandte sich direkt an seinen Sultan: Er forderte ihn auf, die 66 Gefäße der Dämonen gegen eine Auswahl von 66 Gegenständen aus Pardonas Kammer zu tauschen. Amul IV. lehnte empört ab, denn er wusste, dass die Gefäße in den falschen Händen sein Reich verheeren konnten. Daraufhin nahm Rorkha sich mit Gewalt, was er wollte, streckte den Sultan nieder und befahl den Angriff. Die 66 Scherbenmagier – heute bisweilen Rorkhas genannt – legten die gesamte Stadt in Schutt und Asche. Jedes der Mitglieder des Kultes nahm sich eines der Gefäße. Isyahadin drängte die Krieger, sofort am nächsten Morgen zurück nach Amhas aufzubrechen, um endlich das Tauschritual durchführen zu können. Doch Rorkha hatte andere Pläne: Er wollte Rache an seiner Familie und als neuer Herrscher von Sanskitar in seine alte Heimatstadt einziehen. Isyahadin gab nach, so schien es zumindest.

Nach wenigen Tagen hatte sich ein Heer der übrigen Sanskitarenstädte formiert, um den Verheerern von Sanskitar das Handwerk zu legen. Man wusste, dass Rorkha an ihrer Spitze stand, deshalb wollte insbesondere das Haus Ashnumar aus Yal-Kharibet seinen Verrat gesühnt sehen. Isyahadin sah, dass sie keine Zeit zu verlieren hatte: Sie offenbarte Rorkha, wer sie wirklich war, nämlich eine Dämonin, die ihre gefangenen Geschwister, insbesondere ihren geliebten Bruder Rahastes, befreien wollte. Isyahadin ist ein sechsgehörnter Dämon und Tagesherrscher des Ersten Namenlosen Tages. In Myranor wird er aus der Quelle Iryabaar, der Domäne Amazeroths, beschworen, in Aventurien gilt er als freier Dämon. Im Riesland hält man ihn meist für einen Vasallen des Namen­losen. Rahastes ist ebenfalls ein sechsgehörnter Dämon und Tagesherrscher des Dritten Namenlosen Tages. In Myranor wird er aus der Quelle Mishkarya beschworen und ist als Archon dem Erzdämon Bylhara bzw. Belzhorash gleichgestellt. In Aventurien gilt er als freier Dämon, im Riesland meist als Vasall des Namenlosen. Er erscheint in aller Regel als tiefschwarze, brodelnde Wolke. Seine verheerendsten Plagen kommen gegen die Erzeugnisse des Bodens und die Gesundheit zum Tragen – wie Belzhorash ist er ein Gegenspieler Peraines. Beide Dämonen haben Kräfte, die den Geist kulturschaffender Lebewesen attackieren können.

In Amhas hätte es Instrumente gegeben, um die Dämonen freizusetzen, doch da nun keine Zeit mehr blieb, musste der Kult selbst herhalten. Ihre Macht über den menschlichen Geist nutzend, zog die Dämonin etliche Anhänger Rorkhas in ihren Bann. Sie sollten versuchen, die Siegel mit ihren Waffen zu zerbrechen. Doch etwas anderes geschah. Anscheinend bekämpften sich die Mitglieder des Kultes untereinander.

Als sich das Heer der Sanskitarenstädte den Ruinen ihrer Hauptstadt näherte, sahen die Krieger schon von Ferne eine schwarze Wolke über der Stadt dräuen, in der sich grinsende Fratzen bildeten. Eine Vorhut berichtete, in der Stadt sei keine Menschenseele zu finden gewesen, aber dämonische Schatten, die durch die Gassen schlurfen. So kehrte das Heer um, ohne zu verstehen, was sich an diesem Tage zugetragen hatte. Schon bald starben die Soldaten, welche die Stadt betreten hatten, an seltenen Krankheiten, und die Überlebenden wurden bis an ihr Ende von Alpträumen geplagt.

Bis heute ist die Stadt Sanskitar nicht wiederaufgebaut worden, und ihre Lage wurde sogar aus den Chroniken und Landkarten getilgt. Von Rorkha selber hat man nie wieder etwas gehört. Bei seinen Kriegern und ihren Waffen sieht das anders aus. In den Folgejahren erschienen immer wieder Streiter oder Zauberkundige, die vorgaben, Rorkhas zu sein, doch ob sich je ein echter darunter befand, konnte nie geklärt werden. Und es tauchen wiederholt Händler und Gelehrte auf, die behaupten, eines der berüchtigten 66 Gefäße oder eine der Waffen des Kultes im Besitz zu haben. Ob dies der Wahrheit entspricht, vermag niemand zu sagen. Fest scheint nur zu stehen, dass Rahastes seine Freiheit zurückgewann und Isyahadin entkam, da beide noch immer als Tagesherrscher auftreten und von Sterblichen beschworen werden können. Ebenso gibt es immer wieder Abenteurer und Lebensmüde, die versuchen, die alte Stadt zu finden, um Schätze und magische Gegenstände zu bergen.

 

Die Rückkehr des Diamantenen Sultanats

Eine Macht, deren Einfluss schon fast vergessen war, meldete sich zurück. Das Diamantene Sultanat stieß vom Westkontinent Aventurien kommend erneut ins Riesland vor und konnte durch geschickte Diplomatie die sanskitarischen Städte in ein Bündnis führen. Hinzu kamen die Handelskontakte mit einer wohlhabenden Nagah-Stadt namens Unlon auf den Jominischen Inseln, die es ermöglichten, dieses Eiland bei den Reisen der Aventurier auf das Festland von Rakshazar als Zwischenstation zu nutzen. Auf die Angebote zur Zusammenarbeit reagierten die Republiken Yal-Kharibet und Yal-Amir eher reserviert, während sich die autokratischen Städte Ribukan und Shahana, wie Sha-An-Arr jetzt meist genannt wurde, weil sich der Name so besser aussprechen ließ, praktisch als Kolonien dem Mutterland anschlossen. Shahana gehörte somit wieder, Ribukan erstmalig zum Diamantenen Sultanat. Die beiden Städte suchten den Schutz der Tulamiden, um sich vor den konkurrierenden Stadtstaaten, vermeintlichen Rorkhas, ihren eigenen Bürgern und deren aufrühre­rischer Stimmung zu schützen.

 

Shila und Shahane

Als vor mehr als 1.900 Jahren die Truppen des Diamantenen Sultanats erstmals geschlagen wurden, entwickelte sich in der Folgezeit rund um die Stadt Zorgan ein ganz unbotsames Reich: Männer herrschten nur noch nominell, während die wahre Macht in den Händen der Gemahlinnen oder Mütter lag – das spätere Aranien. Damals lebten in Zorgan zwei Schwestern, Shila und Shahane, kühne Freibeuterinnen, die gegen die Flotten des Sultanats stritten. Nach vielen Erfolgen versperrte eine übermächtige Zedrakkenflotte den Maraskansund und damit den Schiffen der Korsarinnen den Rückweg nach Zorgan.

Die Schwestern trennten sich: Shila umrundete die unbekannte Insel Maraskan im Osten – eine Fahrt, von der sie nie zurückkehrte. Shahane aber entwich mit ihrem Schiff ‚Hai‘ südwärts und plünderte Thalusa, Elem, sogar Mirham, den Häschern immer ein Schiffslänger voraus. Schließlich sah sie ein, dass die Wagnisse ein Ende haben müssten, und bat die Götter um Rat. Daraufhin hatte sie einen Traum, in dem sie geheißen wurde, sich gegenüber der Insel anzusiedeln, auf der die Schlange herrschte. Wenige Tage später gelangte die ‚Hai‘ zu einer Meerenge, und an der äußersten Spitze der Halbinsel war ein hübscher Jüngling angebunden. Als Shahane ihn befreien wollte, eilten andere Dunkelhäutige aus dem Wald herbei und erklärten, der Jüngling Pakaha sei ein Opfer für die riesenhafte Seeschlange, die in eine Höhle auf der jenseitigen Insel lebe und alle Boote mit ihrem Leib zerquetsche.

Shahane beschloss, den Kampf gegen die Kreatur zu wagen. Sie ließ den Rumpf der ‚Hai‘ von innen mit Säbelklin­gen spicken, bis das Schiff mehr einem riesigen Seeigel denn einer Thalukke glich. Nur sie selbst behielt ihren Khunchomer in der Hand. Als die jadegrün geschuppte Seeschlange über die schmale Meerenge kam, steuerte Shahane ihr entgegen. Brüllend umschlag und zerbrach das Untier das Schiff, aber zugleich trieb es sich die wohl über hundert Klingen in den Leib. Shahane enthauptete die Seeschlange mit einem mächtigen Hieb ihres Khunchomers, und nur durch der Götter Gunst konnten sich die Freibeuterinnen von der zerstörten ‚Hai‘ ans Festland retten.

Eingedenk ihres Traumes erbat sich Shahane die Landzunge als Wohnplatz und das Recht, einen Hafen zu bauen und eine Stadt zu gründen. Dankbar gewährten die Eingeborenen den Wunsch, und Shahane gab der Stadt den Namen ihrer Schwester Shila. Pakaha aber nahm sie zum Mann, und ihre Besatzung suchte sich ebenso Männer unter den Eingeborenen.

 

— aus der Legende um die Gründung Syllas (Zitiert aus “In den Dschungeln Meridianas”, S. 113f.)

 

 Bild verwendet mit freundlicher Genehmigung durch Ramona von Brasch

 

Der auf 798 v. BF datierende Gründungsmythos der aventurischen Stadt Sylla entspricht nachweislich nicht vollends den Tatsachen. Die Schwestern Shila und Shahane gab es zwar, die damaligen Geschehnisse indes sind wie so oft durch unpräzise mündliche Überlieferung, Aus­lassungen und Ausschmückungen verfälscht worden. Nach neuerem Forschungsstand kommandierten die Schwes­tern zwei aranische Piratenschiffe, welche in eine Falle gerieten, als ein scheinbar wehrloses tulamidisches Handelsschiff plötzlich Verstärkung durch drei zuvor hinter einer Halbinsel gut verborgene Khunchomer Kriegssegler bekam. Die Piraten suchten daraufhin ihr Heil in der Flucht, wurden von den Khunchomern aber gnadenlos gejagt. Erst nachdem sie die Nordspit­ze Maraskans umrundeten und sich damit in unbekannte Gewässer begaben, blieben die Verfol­ger zurück. Nach kurzer Beratung beschlossen die Schwestern, dass sie lieber an der Ostküste der Insel weiterfahren als umkehren wollten. Ansonsten wären sie in Gefahr geraten, den Khunchomern noch einmal in die Falle zu gehen. Unter Seeleuten machten finstere Legenden über dieses Meer die Runde. Das Risiko, einem leibhaftigen Seeungeheuer wie einer Riesenqualle, einer Seeschlange oder einem Wasserdrachen zu begegnen, erschien den Piratinnen jedoch geringer und vor allem abstrakter als die sehr reale Bedrohung durch die Kriegssegler.

Am zweiten Tag ihrer Reise gerieten die Schiffe in einen schweren Sturm und wurden getrennt. Shahanes Schiff lief auf einen Küstenfelsen auf, Shilas Schiff wurde zu weit nach Süden getrieben. Shila allerdings vermutete ihre Schwester noch weiter im Süden, segelte gezielt weiter in dieser Richtung und umrundete nach mehreren Abenteuern schließlich die gesamte Insel. Die Legendenerzähler berichteten später, ihr Schiff sei das erste menschliche Gefährt gewesen, das Maraskan an der Ostseite umfahren habe, was wiederum eindrucksvoll die blühende Phantasie der tulamidischen Dichtkunst und die darauf zwangsläufig folgenden Ver­fäl­schun­gen der Historie belegt, denn immerhin war Maraskan erstmals im Jahre 1.221 v. BF durch ein tulami­di­sches Schiff umrundet worden.

In der Nähe der Südspitze Maraskans wurde das Schiff von einer Seeschlange angegriffen und schwer beschädigt. Manövrierunfähig trieb es lange Zeit Richtung Süden, bis die Piratinnen auf Altoum strandeten. Dort verstarb Shila.

Auch Shahanes Schiff wies dank des Sturms starke Schäden auf. Die Piratinnen waren nicht in der Lage, es wieder flottzumachen, dies umso mehr, als die Schiffszimmerfrau im Sturm ertrunken war. Die Küste erwies sich an dieser Stelle als vergleichsweise angenehmes Plätzchen, also blieben die Schiffbrüchigen hier und gründeten eine Siedlung, die erste mensch­liche Niederlassung auf der Insel seit dem Untergang von Chalwens Thron. Nach mehreren Jahr­hunderten der Abgeschiedenheit verfiel der Ort gegen 100 v. BF. Auf seinen Ruinen wurde später Boran erbaut.

Nachdem man sie auf Maraskan gefunden und nachdem ihr ein prophetischer Traum das Schicksal Shilas offenbart hatte, beschloss Shahane, zu Ehren ihrer Schwester eine weitere Siedlung zu gründen, und zwar an der Meerenge von Altoum, welche später ‚Enge von Sylla‘ genannt werden sollte. Die Siedlung benannte sie nach ihrer Schwester Shila. Wenig später entdeckten die Aranierinnen, dass sie von hier aus die strategisch wichtige Straße von Altoum kontrollieren konnten. Für lange Zeit verstanden es die ‚Sabi Shila‘ ausgezeichnet, geschickt die Gegensätze zwischen bosparanischen Kaisern und tulamidischen Sultanen für sich auszunut­zen und dabei beträchtliche Reichtümer anzuhäufen. Diese resultierten aus Steuern und Abgaben für eine sichere Passage oder als Beute bei Piratenüberfällen.

Das Namen und manche Details der Geschichte verraten, dass auch der aktuelle Forschungs­stand nicht die ganze Wahrheit wiedergibt. „Shahane“ ist ein im Riesland nicht ganz ungebräuchlicher Name und bedeutet dort „Jene, die aus Shahana stammt“. Shahana wiederum war nicht ganz ein Jahrhundert zuvor die Heimat der Burumer geworden, Freibeuter ara­ni­scher Herkunft. Auch „Shila“ ist ein Name, der in der Region Shahana verbreitet ist. Anders als im Tulamidya oder im Khôm-Novadisch bedeutet er dort „Frau aus den Bergen“, womit der Orthwall gemeint ist.

Wie es scheint, kommandierten Shahane und Shila Schiffe der im Umfeld Shahanas lebenden Burumer, welche das Wagnis unternahmen, nach Aventurien zu segeln, um die Situation in ihrem aranischen Mutterland auszukundschaften. Sie erkannten die Gelegenheit, dem Diamantenen Sultanat einige seiner Reichtümer abzujagen und als gemachte Leute ins Ries­land zurückzukehren, deshalb taten sie sich mit einheimischen Piratinnen zusammen und versuchten, die Kunkomer um ihren Besitz zu erleichtern. Die jedoch hatten hier Heimvorteil und brachten die burumisch-aranische Piratenallianz in arge Bedrägnis. Die Schwestern indes waren Riesländer und fürchteten deshalb die Gewässer im Osten nicht allzu sehr, deshalb wählten sie einen Fluchtweg, der dorthin führte, wohin sich die Khunchomer nicht zu segeln trauten, in den Osten des alten Bannlandes der Echsen.

Shila fand vor Altoum ihr Ende, ihre Schwester indes kehrte offenbar ins Riesland zurück. Die Sage berichtet von ihrem Mann Pakaha, was in manchen südländischen Dialekten „Parnhai“ bedeutet. Offenbar trat sie die Heimreise an und heiratete einen der Grünhaarigen.

Die Erzählung von den Schwestern Shila und Shahane ist dabei auch durchaus metaphorisch zu verstehen. Da die Gründung Syllas durch eine shahanische Burumerin erfolgte, macht das Sylla und Shahana zu Schwesterstädten, auch wenn sie beide nicht viel von ihrem jenseits des Inneren Meeres gelegenen Geschwisterteil ahnen.

 

Die Fahrt der “Schwarzen Rose”

»Wir hatten schon nicht mehr damit gerechnet, dass die Schwarze Rose von ihrer Fahrt zurückkehren würde. Vor mehr als drei Jahren war die stolze Zedrakke gen Rakshazastan in See gestochen. Die Kolonien rund um Ribukan hatten sich gut entwickelt, wenn man vom aufrührerischen Shahana absieht, so dass sich eine Überfahrt trotz aller Gefahren lohnte. Die Siedler drangen immer tiefer in das Land vor und sicherten sich die begehrten Rohstoffe und Handelsgüter (…) Bei ihrer Rückkehr war die Schwarze Rose mit Schattensteinen, Vizrangyi und Sulphur beladen. Schwarze Vulkanschrate und unterirdische Düsterwürmer hatten die Siedlung Ribukan bedroht, das war der Grund der verzögerten Rückfahrt. Das Bordbuch und die angefertigten Karten ließen wir sogleich in die Kartensammlung bringen. (…)«

— Assaf ibn Abdullah, Hafenmeister zu Khunchom, um 300 v. BF (Zitiert aus “Im Bann des Diamanten”, S. 68.)

Die bevorstehenden Entwicklungen fanden in der Reise der Zedrakke „Schwarze Rose“ einen bezeichnenden Auftakt.

303 v. BF stach die khunchomische Zedrakke „Schwarze Rose“ in Richtung Rakshazastan in See. Der Höhepunkt des Rieslandhandels lag da bereits weit in der Vergangenheit. Die Kolonien jedoch prosperierten, sodass eine Überfahrt trotz aller damit verbundenen Gefahren lohnenswert erschien. Einzig mit Shahana hatte man Probleme. Viele Bewohner der Stadt waren aranischer Abstammung. Ihre Vorfahren, Einwohner El’Burums, genannt „die Burumer“, hatten gegen den Diamantenen Sultan revoltiert und waren schließlich zur Flucht ins Riesland gezwungen worden. Gegen eine Herrschaft durch die Kunkomer und ihren Diamantenen Sultan setzten sie sich mit allem zur Wehr, was sie aufbieten konnten, und so befand sich Shahana seit einiger Zeit in Aufruhr gegenüber dem tulamidischen Mutterland. Von den militärischen Auseinandersetzungen zwischen den anderen Städten und Ribukan hatte man in der aventurischen Heimat indes keinerlei Notiz genommen, und es interessierte dort auch niemanden besonders, solange die Kolonien ihren Abgabenverpflichtungen nachkamen. Und das taten sie. Die Siedler drangen immer tiefer in das Land ein und sicherten sich begehrte Rohstoffe und Handelsgüter.

302 v. BF erreichte das Schiff Ribukan und fand es von Schwarzen Vulkanschraten und Düsterwürmern bedroht. Dies erschwerte der Besatzung ihre Arbeit, weshalb die Zedrakke mit einiger Verspätung nach Aventurien zurückkehrte, beladen mit Schattensteinen, Sulphur und dem astralaffinen, wasserfesten, schwarzen Holz des Vizrangyi ...

„… sowie drei Skeletten der Schlangenwesen, die die Ribukaner Nagah nennen, für den Sultan von Elem.“

— Auszug aus der Ladeliste der „Schwarzen Rose“, Dunkle Zeiten, wird derzeit von einer Maus in Khunchom als Nistmaterial verwendet.

Ein besonderes Schmuckstück der nekromantischen Sammlung des Sultans von Elem ist ein Exemplar, das aus Rakshazastan stammt. Auch wenn im Land der ersten Sonne wohl niemand je eine leibhaftige Nagha geschaut hat, so kann man am Hofe des Sultans ein Wesen über den Stein kriechen sehen, das einst zu Lebzeiten eine solche Nagha war. Die kräftigen und markigen Wirbel einer großen Schlange winden sich frei im Palast über den Boden. Am Ende des Schlangenleibs ist jedoch kein Schädel eines solchen Tieres, sondern der eines Menschen, genau wie man es von den Nagha des Rieslandes erwartet. Das Geräusch, das die Geisternagha durch ihre schlän­gelnde Bewegung mit dem Knochenleib auf dem Stein des Bodens macht, ist im ganzen Palast wohlbekannt und kündigt sie schon von weitem an. Jeder, der es hört, tut gut daran, dem Wesen schnell den Weg freizumachen, denn sie ist des Sultans Liebling. Wer sie blockiert oder gar – auch ohne Absicht – beschädigt, dem droht ein Schicksal, das schlimmer kaum sein könnte, denn er wird an dieses Biest verfüttert. Zwar kann das tote Ding nichts mehr verspeisen, jedoch blick es das Opfer aus seinen hohlen Augen an, auf dass es sich nicht mehr bewegt. Dann umwickelt es das Opfer auf Befehl des Sultans und zu dessen Belustigung mit dem Knochenleib so fest, dass die Wirbel ins Fleisch schneiden und es kein Entkommen mehr für den Armen gibt. Zuletzt nagen die schar­fen Zähne des menschlichen Schädels das Fleisch vom Gesicht wie ein Artgenosse dem anderen, was unter dem Jubel des Sultans und seiner Vertrauten bald zum Tode führt. Das Opfer aber tut nicht einen Mucks und wehrt sich nicht, denn der Bann der Nagha macht es völlig unbeweglich. Wer das vermeintliche „Glück“ hat, solange zu überleben, bis der Sultan sich anderen Vergnügungen hingibt, und die Nagha vom Opfer zurückruft, wird für sein Lebtag entstellt sein und am Hofe nur mehr die niedersten Pflichten verrichten dürfen.

— Aus dem Al Lamasshim nishuda Abu Leviatan des Mustrabaal, 300 v. BF (Zitiert aus “Von Toten und Untoten”, S. 22.)

 

Die untoten Nagahs waren am Hof von Elem als Geister-Nagha bekannt.

 

Der Sanskitarische Städtebund, die Burumer und der Krieg zur See

Mit der Gründung des Sanskitarischen Städtebundes, auch Neues Reich, Rakshazastan oder Diamantenes Sultanat genannt, trat der bislang im Verborgenen agierende Rat der Schemen­haf­ten in das Licht der Öffentlichkeit und beanspruchte weitreichende Befugnisse in den Städten. Nur in Yal-Mordai, das ohnehin ganz im Sinne des Rates regiert wurde, blieben die Organisationsstrukturen unverändert. In den übrigen Stadtstaaten rückten Angehörige des Rates in Schlüsselpositionen auf. Die schemenhaften Beamtenpriester waren den Sterblichen unheimlich und wurden von ihnen ehrfurchtsvoll die „Schatten“ genannt.

 

Die Schatten

Um den neuen Machthabern ihren Schrecken zu nehmen, erklärte der Kult des Phex die Schatten zu Gesandten des Fuchsgottes. Von nun an bemühten sich die Sanskitaren um die Gunst des Unsterblichen, der auch als Gott der Juwelen verehrt wurde, weil sie glaubten, dass dies die Schatten gnädig stimmen werde. Der bis dahin eher unbedeutende Kult stieg somit zur machtvollsten Glaubensgemeinschaft neben der des Amazth auf. Der Rat der Schemenhaften hätte die Anmaßung der Hohenpriester des Phexkultes gewiss bestraft, hätten die Gläubigen des Kultes ihnen nicht große Mengen an Geschenken und Opfergaben dargebracht und sie zu Wesen von beinahe gottgleichem Rang stilisiert. Ein Verhalten, mit dem sie schlussendlich die Macht des Amazth mehrten, dem die Schatten tatsächlich dienten. Das Arrangement wurde auf diese Weise zur Win-Win-Situation für die Anhänger des Amazth und des Phex. Vom Wirken dieser ungewöhnlichen Allianz profitierte auch Al’Hrastor selbst, der für eine Weile ebenfalls kultische Verehrung genoss, immerhin galt er ja als der Sohn eines der Schatten.

In der Anfangsphase gehörten dem Reich sämtliche Sanskitarischen Stadtstaaten an, Yal-Mordai, Yal-Amir – das heutige Arkimstolz –, Yal-Kharibet – das heute Yal-Kalabeth –, Ribukan und Shahana.

 

Die Opposition der Burumer

Sobald sich Al’Hrastor zum Diamantenen Sultan ausgerufen hatte, erwuchs ihm aus den Reihen der Städter ein neuer Feind, mit dem der neue Herrscher Rakshazastans nicht gerechnet hatte. Längst schon war Shahana die Heimat der Burumer und ihrer Nachfahren geworden, die einst aus Aranien bzw. El’Burum geflohen waren, nachdem sie gegen das Dia­mantene Sultanat und seinen Herrscher revoltiert hatten. Die Feindschaft mit dem Sultan blieb auch nach ihrer Ankunft im Riesland eine wesentliche Triebfeder. Als Freibeuter hatten sie die Tributeintreiber des Diamantenen Sultanats überfallen. Dies hatte gemeinsam mit der zu­neh­menden Bedrohung der Kunkomer-Schiffe durch die Rirgit zu der Entscheidung des Diaman­tenen Sultans geführt, die Rieslandfahrten einzustellen, da sie von nun an als zu riskant und nicht mehr lukrativ genug erschienen. Als das Diamantene Sultanat mit Sheranbil V. und Azuri ibn’Zalahan erneut seinen Einfluss auf die riesländischen Kolonien ausdehnte, zeigte sich Shahana dank seiner burumischen Prägung abermals aufsässig. Der alte Konflikt schien überwunden, seit das Diamantene Sultanat 17 v. BF gefallen und Teil des Bosparanischen Reiches geworden war und seit Bosparans Fall zum Raulschen Reich gehörte. Doch mit dem Auftreten eines Herrschers, der sich auf die Tradition des Diamantenen Sultans berief, flammten die alten Animositäten wieder auf. Da sich die Stadtführung Shahanas weigerte, sich Al’Hrastor in offener Rebellion entgegen­zu­stemmen, erinnerten sich viele Burumer an ihre Vergangenheit und fuhren wieder als Freibeuter zur See, um die Schiffe des Sultanats zu überfallen. Sehr zu Al’Hrastors Ärger schwang Shahanas Stadtfürst zwar martialische Reden in Richtung der Piraterie, hielt jedoch heimlich seine schützende Hand über die brumischstämmigen Freibeuter, die in Shahana einen sicheren Hafen fanden. Der Sultan war sich sicher, dass die Stadtführung die Feinde deckte, konnte dies jedoch einstweilen nicht beweisen.

Für Al’Hrastor war dies ein doppeltes Ärgernis, weil er nach der unerwarteten Verbrüderung des Amazth- mit dem Phexkult die Gelegenheit ergriffen hatte und die Kontakte des Phex-Kultes nutzte, um seine Macht in Zukunft verstärkt auf den Handel zu stützen, vor allem auf den Handel zur See. Als lukrativste Einnahmequelle erwies sich der Austausch von Waren und Dienstleistungen zwischen den sanskitarischen Städten, welcher auch deshalb zu Al’Hrastors wichtigs­tem machtpolitischen Instrument wurde, weil er die Abhängigkeit der übrigen Stadtstaaten von Yal-Mordai zementierte. Aber auch die Ipexcostadt Lubaantuna, das amhasische Amhalashal und der Nagah-Hafen Sseleuhaan wurden von Yal-Mordais Schiffen angefahren. Lediglich Unlon mit der Stadt Namakari, einst wichtigster Handelspartner der Sanskitaren­städte, entzog sich zu Al’Hrastors großer Enttäuschung jedem Versuch einer Entdeckung.

Auf dem Landweg trieb Yal-Kharibet weiterhin Handel mit Teruldan, seltener mit Amhas oder Kurotan. Shahana und Yal-Amir standen in losem Handelskontakt mit Jalkam, Ribukan mit den Siedlungen der Nagah. Al’Hrastor spannte den Phexkult ein, um auf sämtlichen Handelsrouten einen Fuß in die Tür zu bekommen und zumindest daran mitzuverdienen.

Piraterie wurde wieder zu einem einträglichen Geschäft, seit sich zahlreiche Handelsschiffe auf den Meeren ein Stelldichein gaben, und Erzählungen von erfolgreichen Kaperfahrten der burumischen Freibeuter stachelten auch die Freibeuter anderer Städte und unabhängige Piraten, die ihre Basis meist auf den Jominischen Inseln hatten, dazu an, ihr Glück im Überfal­len der mit reich beladenen Handelssegler zu suchen. Auch die Schwarzen Galeeren der Amhasim aus Amhalashal erwiesen sich als zäher und zunehmend gefährlicher Gegner. Für Al’Hrastor bedeutete dies, dass er für Geleitschutz sorgen musste, und er beschränkte sich nicht allein darauf, kleinere Kriegs­schif­fe zu bauen, sondern nahm die Schwimmende Festung Yal-Mordais in Dienst.

 

Die Schwimmende Festung von Yal-Mordai

Bisher hatte keine Notwendigkeit bestanden, das schwerfällige Kriegsgerät in Betrieb zu setzen, und selbst jetzt gab es kleinere, wendigere Schiffe, deren Einsatz mehr Wirkung erzielte. Den­noch wollte Al’Hrastor auf dieses machtpolitische Instrument nicht verzichten. Die Schwimmen­de Festung war eine nicht immer effiziente, aber doch beeindruckende und martialisch wirkende Machtdemonstration, welche die Feinde Yal-Mordais einschüchtern und zum Einlenken bewegen sollte.

Eine Schwimmende Festung ist ein wahrer Palast mit mehr als zweihundert Schritt Kantenlänge, fünf Stockwerke hoch über das Wasser hinausragend, jedes einzelne so groß und geräumig, dass selbst ein Troll leicht darin hätten hausen können, ohne sich auch nur bücken zu müssen. Und angesichts der mutmaßlichen Geschichte des Imperiums schien es nicht unwahrscheinlich, dass die Festungen in der Vergangenheit auch Trolle oder gar Riesen beher­bergt hatten. Mit Hilfe einer magischen Krone, von denen es für jedes Schiff eine einzelne gab, ließ sich das schwerfällige Bollwerk nach Belieben steuern. Seit Al’Hrastor ist der Besitz der Krone Yal-Mordais eng mit der Sultanswürde verbunden.

Während die Schwimmende Festung Yal-Mordais in der Gegenwart keine große Primärwaffe mehr hat und mit Steinschleudern auf den vier Ecktürmen oder Bogenschützen auf der Festungsmauer bestückt wird, war diese in der fraglichen Zeit noch existent. Damals wie heute konnten auf den Türmen schwere Geschütze stationiert werden. Zu jener Zeit waren die Anlagen allerdings noch intakt. Heute werden die Türme notdürftig mit Lehmziegeln und Kupferplatten geflickt. Ein Erker ist nur noch durch bronzene Ketten daran gehindert, ins Meer zu rutschen. Dennoch zählt die Festung bis in die Gegenwart hinein zu dem Mächtigsten, was je auf den Ozeanen Deres gefahren ist.

 

Weitere Festungen

In Ribukan und Shahana begaben sich Al’Hrastors Leute gezielt auf die Suche nach der jeweiligen Schwimmenden Festung. Nach allem, was Al’Hrastor in seiner Zeit bei den Nagah in den alten Schriften gelesen hatte, hatten alle großen Küstenstädte des untergegangenen Imperiums eine solche Waffe besessen. Wie viele solcher Festungen es geben mag, ist bei den Gelehrten sehr umstritten. Einige reden von sieben, andere gar von neun. Es gibt sogar Gerüchte, die von einer Flotte des Güldenen Gottes sprechen, die aus nicht weniger als 99 dieser Ungetüme bestehen soll. Bekannt sind allerdings gerade einmal vier der Festungen, von denen gegenwärtig nur noch eine einzige voll einsatzfähig ist.

Ribukans Festung wurde 721 BF in einer unterhalb des Palastes gelegenen, künstlich angelegten Kaverne mit Zugang zum Meer gefunden, einschließ­lich der zu ihrer Steuerung erforderlichen Krone, die erst verlorenging, als Salpikon Savertin die Flucht aus der Stadt antrat und das Artefakt mit nach Aventurien nahm. Seither liegt die Festung regungslos etwa eine halbe Meile vor Ribukan, und auf der Festung gilt ebenso wie für die Stadt ein Verbot, das Soldaten den Aufenthalt untersagt.

Die Schwimmende Festung Shahanas fand sich drei Jahre später in der pflanzenüberwucherten Mündung des Kree. Während der gegenwärtige Sultan, Arkamin IV. von Shahana, sie in einen Schwimmenden Garten verwandelt hat, war sie damals vollständig einsatzbereit.

 

Die verschollene Festung von Namakari

Zu Al’Hrastors persönlichem Verdruss blieb die Festung von Namakari verschollen. Um die Festung rankten sich, ebenso wie um die ganze Stadt, zahlreiche Mythen und Legenden. In den Kavernen von Namakari soll ein Brunnen zu finden sein, dem man das Wasser des ewigen Lebens entnehmen kann, bewacht von untoten Menschenfressern und halb verwesten Trollen. Auch die Krone der Festung wird in einer unterirdischen Höhle vermutet, und ihr Besitz soll einen Sterblichen unbesiegbar machen, ihn allerdings auch zu einem Dasein als Untoter verdammen. In den Türmen der Schwimmenden Festung sollen Gold und Perlen in unglaublichem Ausmaß lagern. Jedem, der diese Schätze berührt, fault angeblich die Hand ab. Das Haus bzw. der Palast Shesals, des Totengottes der Parnhai, soll sich ebenfalls in den Mauern der Festung befinden.

 

Der Krieg zur See

Der Einsatz der schwimmenden Bollwerke wirkte auf die Freibeuter und Piraten ebenso abschreckend wie provokativ. Viele von ihnen empfanden den Einsatz der gewaltigen Kriegsschiffe als völlig unver­hältnismäßig. Eine martialische und schier größenwahnsinnige Machtdemonstration gegenüber einem Gegner, dem schlussendlich nur daran gelegen war, seine Freiheit zu verteidigen. Die Festungen wurden zu unübersehbaren Symbolen von Al’Hrastors frevelhafter Tyrannei, eine Ansicht, die von den Freibeutern und Piraten bis weit in die Bevölkerung der Stadtstaaten hineingetragen und auch dort mehr und mehr salonfähig wurde.

Hin und wieder schlossen sich kühne und wagemutige Kapitäne zusammen und versuchten eine der Festungen durch konzertierte Aktionen zu zerstören, was meistens mit der Vernichtung der Angreifer endete. Erfolgreich war keines dieser Unterfangen. Allerdings gelang es im Laufe der Jahrhunderte, den Festungen empfindliche, teils irreparable Schäden zuzufügen, besonders zu Kriegszeiten, von denen es während Al’Hrastors Herrschaft noch eine ganze Menge geben sollte. Am ramponierten Zustand von Yal-Mordais Festung ist zu sehen, dass die Festungen nicht unzerstörbar sind. Einen echten Erfolg gegen sie zu erringen ist allerdings mühselig und kostet gewaltige Opfer.

In der Regel verlegten sich Freibeuter und Piraten darauf, den Ungetümen aus dem Weg zu gehen und Handelsschiffe ohne oder mit nur geringem Geleitschutz aufzubringen. Gelang ein solches Unterfangen, konnten die gekaperten Reichtümer eingesetzt werden, um bessere Schiffe anzuschaffen oder weitere Mannschaften zu unterhalten. Piraterie war somit ein lukratives Geschäft, und jeder erfolgreiche Coup führte dazu, dass sich die Zahl aktiver Seeräuber erhöhte.

 

Berühmte Piraten und Freibeuter

Legendäre Namen wie Bethor der Blutsäufer, Einauge, Schwarzkralle, Igzorn von Shahana, Halef ibn Omar, Monolus und nicht zuletzt El Qursan, der König der Piraten, wecken bis heute die Sehnsucht nach dem Meer, dem Abenteuer und dem schnellen Reichtum. Die Realität freilich sieht anders aus. Das Leben auf den Piratenschiffen ist hart und entbehrungsreich, die Kapitäne herrschen mit eiserner Hand und ahnden Verfehlungen gegen den Kodex mit krakonischen Strafen. Nicht selten sind die Mannschaften von Krankheit und Mangelernährung gezeichnet.

 

Pleiten, Pech und Weltumseglung

Unter aventurischen Seeleuten ist “methumisch präzise gesegelt” ein spöttischer Ausdruck für nautischen Dilettantismus und Fehlnavigation. Dies geht auf das Jahr 910 BF zurück, als eine Flottille aus vier Handelsschiffen Methumis verließ und gen Westen segelte. Ihr Kapitän war von der Kugelform Dere überzeugt und wollte sie ein für allemal beweisen. Also steuerte er nach Westen, um schließlich wieder an der Ostküste Aventuriens anzukommen. Unglücklicherweise waren seine Vorstellungen von der Größe der Derenkugel nicht allzu präzise. So glaubte er, nach siebenhundert Meilen Maraskan erreichen zu können, eine Stecke, die nicht einmal ein Drittel des Abstandes zwischen der aventurischen West- und der myranischen Ostküste darstellt. Entsprechend wurde keines der Schiffe jemals wiedergesehen. An Bord befand sich auch eine Enkelin Eslams V. mit ihrem Hofstaat, die hoffte, auf diese Weise den Erbfolgekriegen entgehen zu können.

Natürlich glaubt man in Aventurien, der Expedition seien die Vorräte ausgegangen und sie sei irgendwo im Meer der Sieben Winde gesunken. In Shahana weiß man es besser, weil dort elf Jahre später alle vier Schiffe nahezu unbeschädigt vor Anker gingen und ihre Reise beendeten. Das Schiffslogbuch und die persönlichen Aufzeichnungen der Prinzessin füllen jeweils mehrere tausend Seiten und berichten von einer wilden Irrfahrt durch die Inselwelt des Thalassion, Myranor, Vesayama, Ras Tabor, Kithorra und schließlich das östliche Rakshazar. Längst war dem Kapitän klar geworden, dass er sich knapp verschätzt hatte und die Route rund 30.000 Meilen länger sein würde als ursprünglich veranschlagt.

Dass noch mehrere tausend davon vor ihnen lagen, darunter die gefährliche Passage durch das Perlenmeer, welches von den Riesländern nicht umsonst “Unbezwingbarer Ozean” genannt wurde, war sicherlich einer der Gründe, der die Expeditionsteilnehmer dazu bewog, sich in Rakshazar niederzulassen, statt den Versuch zu unternehmen, in die aventurische Heimat zurückzukehren. Der andere war der Hohn, der sie zweifellos in Methumis erwartete, schließlich würde der Kapitän erklären müssen, warum er mit rund fünfzehnjähriger Verspätung zurückkehrte. Nicht, dass er nicht gewarnt worden wäre. Astronomen und Seeleute hatten ihn auf das falsche Zahlenwerk hingewiesen und ihn bekniet, die Reise nicht zu unternehmen, doch er hatte über ihre Mutlosigkeit gelacht und ihre Bedenken vom Tisch gewischt. Seine Leistung, der erste gewesen zu sein, der die Welt umsegelt hatte, würde in Vergessenheit geraten, der Spott über seinen Irrtum indes würde in die Geschichte eingehen. Darauf konnte der Kapitän gut und gern verzichten. Besser, er und seine Begleiter verschwanden im Laufe der Jahre völlig aus dem Fokus der Geschichtsschreiber.

Auch die Prinzessin legte keinen Wert auf eine Rückkehr in die aventurische Heimat. Sie wusste nicht, wie sich der Thronfolgestreit entwickelt hatte, und rechnete nach wie vor damit, zwischen die Fronten zu geraten. Also entschied sich die Expedition, in Shahana zu bleiben. Wie man sich vorstellen kann, fielen die Fremden auch dort bald auf, und das nicht unbedingt im positiven Sinne. Doch als langjährig trainierte Überlebenskünstler trotzten sie auch den Widrigkeiten Rakshazars, was bedeutete, dass sie überlebten, aber eine Menge Chaos anrichteten.

Die Chroniken darüber, niedergeschrieben in den Tagebüchern des Kapitäns und der inzwischen mehrfach neu aufgelegten Autobiographie der Prinzessin, füllen abermals mehrere tausend Seiten. Sie fanden ihren vorläufigen Höhepunkt darin, dass der Kapitän zum Hafenmeister Shahanas aufstieg, ein gut dotierter Posten mit erheblichem politischen Einfluss, während die Prinzessin ausgerechnet in jene Dynastie einheiratete, die heute den Sultan von Shahana stellt. Sultan Arkamin IV. geht in direkter absteigender Erblinie auf sie zurück. Dies bedeutet, dass der ehrgeizige Herrscher einige starke Erbansprüche im aventurischen Horasreich, in Almada und im Mittelreich hält und in Letzterem möglicherweise sogar die Kaiserwürde beanspruchen könnte. Aktuell weiß Arkamin nichts davon, da er mit den Spitzfindigkeiten des Erbrechts auf dem Westkontinent kaum vertraut ist. Doch wehe, wenn der ambitionierte Herrscher je davon erfahren sollte.

Die Prinzessin und ihre Begleiter brachten das Wissen über die Zwölfgötter nach Shahana, und wie üblich, wenn die Kunde fremder Götter in die Welt der Sanskitaren dringt, fanden sich Suchende, welche bereit waren, sich dem Willen dieser Götter zu unterwerfen. Noch heute gibt es Kultisten der Zwölfgötter in Shahana, die allerdings über keinerlei strukturiertes Wissen die alveranischen Gottheiten des Elften Zeitalters betreffend verfügen. Vielmehr haben sich die Glaubenssätze des Kultes längst verselbstständigt und an riesländische Verhältnisse angepasst. Es darf aber als sicher gelten, dass hier der Ursprung der Logbuchaufzeichnungen Rubans des Rieslandfahrers liegt, der im Brustton der Überzeugung verkündete, alle Zwölfgötter würden in Rahyastan, dem Dreistromland, Verehrung finden. Offenbar ist er an einen allzu enthusiastischen Anhänger dieses Kults geraten und hat dessen schwärmerische Worte für allzu bare Münze genommen.

 

Die Legende des Adhrak al-Wîrahil

Die Legende des berüchtigten Piraten Adhrak al-Wîrahil, der das Perlenmeer unsicher machte, bevor er 913 BF von einer Rondrageweihten besiegt wurde, ist auch im Riesland bekannt. Seine Kaperfahrten beschränkten sich nicht auf aventurische Ostküste, sondern führten ihn bis nach Amhalashal, Shahana und Ribukan. Die Überlieferungen sind sich einig, dass er reiche Beute machte und Teile davon in abgelegenen Regionen des Rieslands versteckt haben soll, je nach Erzählung in den Nebelauen, in der Geistersteppe oder auf den Jominischen Inseln. Auch Kap Parhami und die Echendschungel stehen in Verdacht, einige von Adhraks Schätzen zu beherbergen.

In Aventurien erzählt man die Legende meist wie folgt: “Einst, im Jahre 913 BF, segelte ein Pirat über das Perlenmeer und brachte mit seiner blutrünstigen Mannschaft viele Schiffe auf. Dieser Mann, Ahdrak al-Wîrahil, wurde der ‘Verfluchte des Meeres’ genannt. Er wütete so grausam, dass man ihm jegliche Menschlichkeit absprach, und wenn er ein Schiff enterte, überlebte meist niemand das fürchterliche Gemetzel. Nur wenige konnten von einer Begegnung mit ihm berichten, meist Seeleute, die sich während eines Überfalls versteckt gehalten hatten. Doch diese Männer verloren nicht selten den Verstand, denn sie berichteten, der Pirat sei von fürchterlicher Gestalt und seine Augenhöhlen seien dunkle, leere Schächte der Verdammnis. Manche sagten, sein Gesicht sie zerfurcht gewesen wie eine alte Schiffsplanke, andere beschrieben, sein Haar flattere im Wind wie ein zerfetztes Segel. Adhraks Mannschaft stand in ihrer Grausamkeit dem Kapitän in nichts nach. Diese Piraten waren anscheinend besessen von ihm, und wie willenlose Sklaven führten sie jeden seiner Befehle aus. Auch Adhraks Waffe erlangte einen schrecklichen Ruf. Dieser schwarze Khunchomer, angefertigt auf der ‘Verfluchten Inseln’, zerschmetterte seine Gegner mit erbarmungslosen Schlägen, und ein Heulen lag in der Luft, wenn er geschwungen wurde.

Ahdrak wurde gejagt, eine hohe Summe auf seinen Kopf ausgesetzt, doch er entkam seinen Häschern immer wieder, bis die damalige Kommandantin der gräflichen Flotte, Jette Sulderkam, dem Piraten eine Falle stellte: Eine Handels-Zedrakke wurde mit einer Vielzahl der besten tulamidischen Seesödner bemannt, die sich unter Deck versteckten. als Ahdrak die vermeintliche ‘leichte Beute’ enterte, kam es zu einem blutigen Gefecht. Viele Opfer waren auf beiden Seiten zu beklagen. Doch wie unverwundbar trotzte Ahdrak jeder Attacke und mähte die Angreifer nieder. Schließlich gelang es Jette, Adhrak zu verwunden und ihm die Hand abzuschlagen, die die Waffe führt, so dass der schwarze Khunchomer zu Boden fiel. Ahdrak jedoch ergriff Jette mit nur einer Hand und würgte sie zu Tode. Den zögerlich angreifenden Söldnern warf er seinen gefürchteten Schrei entgegen, so dass ihnen die Knochen schlotterten. So entkam er mit dem Rest seiner Mannschaft. Seither hat man von dem Verfluchten des Meeres nie wieder etwas gehört.

Sein Khunchomer allerdings wurde dem damaligen Großfürsten zum Geschenk gemacht, und so liegt er noch heute im Kulibin-Haus zu Khunchom.“ (Zitiert nach ”Basargeschichten“, S. 40.)

1027 BF konnte eine aventurische Heldengruppe das Geheimnis des Piraten lüften und seiner Schreckensherrschaft, die seinen Tod überdauerte, endlich ein Ende bereiten. Man erzählt sich die Legende vom Piratenblut heute als gern gehörte Basargeschichte. Seine sagenumwobenen riesländischen Schätze, so es sie wirklich gibt, harren allerdings immer noch ihrer Entdeckung.

 

Das Ende des Sanskitarischen Städtebundes

Ebenfalls 990 BF eskalierte der Konflikt, der seit langem zwischen Yal-Mordai und den anderen Sanskitarischen Stadtstaaten schwelte. Die Herrschaft des Hexersultans zwang den sanskitarischen Städtebund in einen ewigen Krieg, der aber keine Erfolge einbrachte. Im Gegenteil. Die einzige Grenze, die sich verschob, war die im Norden, aber wenn sie sich bewegte, dann auf Teruldan zu, weil der Städtebund erneute Territorialverluste gegen die Feinde erlitten hatte.

Die Zelothim hatten die Stadtstaaten befallen wie eine tödliche Pestilenz, die das Leben aus ihnen heraussaugte. Überall hielten sie wichtige Positionen, Titel und Ränge und versuchten zu verhindern, dass die Städte wachsen, gedeihen oder auch nur instandgehalten werden konnten.

Der Druck, der in dem gewaltigen Hexenkessel der Sanskitarenmetropolen schwelte, hatte längst kritisches Niveau erreicht. Er wartete nur darauf, sich zu entladen, indem sich ein charismatischer Anführer fand, der den Aufstand gegen den verhassten Hexensultan und seine Schergen lostrat. Als dieser entpuppte sich Arkamin, der einer bedeutenden shahanischen Dynastie von Händlern und Seefahrern angehörte. Er hatte viele Jahre als Soldat gedient, doch nachdem die Soldzahlungen zum wiederholten Male ausgeblieben waren, hatte er sich unerlaubt von der Truppe entfernt. In den Sanskitarischen Stadtstaaten wurde er als Deserteur gesucht, so wie viele andere, denen nur die Wahl geblieben war, aus der Armee zu fliehen und anderswo für ihren Lebensunterhalt zu sorgen oder auf dem Weg zum Schlachtfeld zu verhungern, statt vom Feind erschlagen zu werden.

Arkamin blieb nie lang an einem Ort. Er reiste durch die Stadtstaaten, schwang in aller Öffentlichkeit demagogische Reden und verschwand wieder, bevor die Obrigkeit Zugriff nehmen konnte. Seine Worte fanden Gehör. Von überall her traten Unzufriedene an ihn heran und boten ihre Unterstützung an, allen voran die Soldaten, die des ewigen Krieges und der schlechten Behandlung überdrüssig waren.

Daran, dass er tatsächlich einen Aufstand anführen könnte, glaubte aber niemand, nicht einmal seine eigenen Verbündeten. Arkamin war impulsiv und voller Hass, seine Reden säten Zorn in die Seelen der Menschen, aber sie hatten nichts von einem organisierten Aufruhr oder gar einer Rebellion. Auch Arkamin selbst glaubte nicht daran, genug Sanskitaren erreichen zu können, die sich seiner Sache anschlossen.

Aber es wurden mehr und immer mehr, der Strom der Unzufriedenen wollte einfach nicht abreißen. Und dann, eines Tages, verkündete Arkamin zum Entsetzen seiner Berater, dass der Aufstand in sieben Tagen beginnen werde. Seine Anhänger sollten dies überall verbreiten und sich bereitmachen.

Wie üblich hatte Arkamin rein impulsiv gehandelt. Es gab keine Vorbereitung, keinen Plan, keine Bewaffnung, keine Organisation. Und es schien auch nicht so, als würde Arkamin Anstalten machen, die Sache wieder einzufangen. Seine Anhänger steuerten auf eine Katastrophe zu, und ihr Blut würde in Strömen fließen.

Da stürmte eine Frau namens Lily auf Arkamin zu. Sie schlug jeden zu Boden, der sie aufhalten wollte, dann schrie sie den verantwortungslosen Rädelsführer zusammen, dass man es beinahe noch in Rimtheym hören konnte. Arkamin begriff erst gar nicht, was die böse Frau von ihm wollte, bis sie ihm klarmachte, dass er tausende, vielleicht zehntausende in den Tod schicken würde, wenn er das, was er angestoßen hatte, einfach laufen ließ.

Als die Botschaft in seinen Geist gesickert war, schien es beinahe, als würde Arkamin aus einer Trance erwachen, die schon Jahre währte. Auf einmal begann er Pläne zu schmieden, und es zeigte sich, dass seine Zeit beim Militär ihn genug gelehrt hatte, um zu wissen, wie er das anstellen musste. Nach drei Tagen existierte ein kompletter Aufmarschplan, die Hälfte seiner Anhänger war bewaffnet, die Ausrüstung für die andere Hälfte unterwegs.

Der Plan sah vor, dass der Aufstand in allen Sanskitarenstädten zugleich losbrechen sollte, mit Ausnahme Yal-Mordais, das zu fest in der Hand der Amazäer war, um für eine Rebellion gewonnen werden zu können, und natürlich mit Ausnahme Ribukans, das seine Freiheit schon vor langer Zeit erstritten hatte.

Was niemand für möglich gehalten hatte, geschah. Arkamins Plan hatte Erfolg. Punkt für Punkt. Der Aufstand brach genau zur vereinbarten Stunde los, alle Städte beteiligten sich. Die Aufständischen rückten vor, wie Arkamins Plan es vorsah, und der Zorn der Menschen entlud sich mit einer Macht, dass er jeden Widerstand hinwegfegte. Wenn es denn Widerstand gab, denn oft genug traten jene, welche Al’Hrastors Leute hätten verteidigen sollen, an die Seite der Aufständischen und stürmten gemeinsam mit ihnen voran.

Al’Hrastor, der sich wie so oft zur Regeneration in seinem Sarkophag befand, wurde von den Zelothim, welche die Lage trotz massiven Einsatzes ihrer zerstörerischen Magie nicht unter Kontrolle bekamen, unsanft aus dem Schlaf gerissen. Es dauerte eine Weile, bis sein Geist in die Welt zurückfand und er begriff, was geschehen war. Dann jedoch entbrannte sein lodernder Zorn. Er hatte seit langem geglaubt, viel zu nachsichtig mit den Menschen zu sein, jetzt zeigten sie ihr wahres Gesicht und wie richtig er mit seiner Einschätzung lag.

Al’Hrastor entfesselte die Macht des Amazth und sorgte damit für entsetzlich viele Tote. Aber das hielt die Aufständischen nicht auf. Lieber sterben, als weiter von den Tyrannen im schwarzen Kapuzenmantel unterjocht zu werden. Als selbst in Yal-Mordai Tumulte losbrachen, sah sich Al’Hrastor gezwungen, den Stein der tiefsten Nacht zum Einsatz zu bringen. Doch der letzte Paktschluss, der den Stein aufgeladen hatte, lag viel zu lange zurück. Der letzte Paktierer war Zambronius gewesen, Zulipans Schüler, zur Zeit der Magierkriege, die mehr als vierhundert Jahre zurücklag.

Da erschien Hrastor und erklärte ruhig, dass es an der Zeit sei, die Entscheidung zu treffen, der sich Suliman seit beinahe vierhundert Jahren verweigerte. Sich der Macht des Herrn des verbotenen Wissens zu ergeben und ihm mit ganzer Kraft zu dienen.

Diesmal blieb Al’Hrastor keine Wahl, er musste den Pakt mit Amazeroth schließen, dem er sich so lange verschlossen hatte. Selbst Merclador konnte nichts dagegen ausrichten. Hrastor rief den Dämon herbei, unterwarf ihn seinem Willen und zwang ihn, in Amazeroths Namen jenen Kontrakt mit Al’Hrastor zu besiegeln, der die Macht des Steins der tiefsten Nacht erneuern würde.

Die beste Gelegenheit, das Paktgeschenk der Alterslosigkeit zu wählen, doch Al’Hrastor ließ sie ungenutzt verstreichen. Seine Abhängigkeit vom Sarkophagus der Ewigkeit ging inzwischen so weit, dass er nichts tun wollte, was diese gefährdete. Das Erneuerungsritual wirkte bei ihm wie eine Droge, deren Konsum er keinesfalls entsagen wollte. Zudem war er überzeugt davon, dass er Namakari, das Unlon der Legenden, alsbald finden und ihr das Geheimnis der Unsterblichkeit entreißen werde.

Stattdessen wählte Al’Hrastor andere Paktgeschenke, die seine Macht vergrößern sollten. Das Spiegelszepter des Amazth, das es Al’Hrastor ermöglichen würde, die Kritische Essenz zu manipulieren und somit auch mächtigste Zauber zu wirken, ohne selbst in Gefahr zu geraten, wechselte von Hrastor zu ihm. Das Allsehende Auge von Mhek’Thagor, ein sogenanntes ‘Rotes Auge’, das nicht die Beobachtung fremder Orte zum Ziel hatte, sondern den Kontinent nach starken Magiequellen absuchte. (Mhek’Thagor ist ein Dämon, bekannt als Auge und dritte Zunge Amazeroths. Eine spricht wahr, eine spricht falsch und Mhek’Thagor Tod. Der Dämon steht in dem Ruf, Schwarze Augen zu täuschen und in Amazeroths Sinne korrumpieren zu können.) Das Schwarze Buch Qok-Maloth, das viele Geheimnisse des Amazth enthielt und die Möglichkeiten der Zelothim-Magie signifikant erweitern würde. (Qok-Maloth, auch: Qok’Maloth, ist ein einzigartiger Dämon aus der Domäne des Amazeroth und gilt als Überbringer magischen Wissens und Wächter von Gnaph’Caor, der letzten Pforte des Wissens, der Bibliothek des verbotenen Wissens im Herzen des Spiegelpalastes des Erzdämons Amazeroth. Gnaph’Caor wird auch als eine der Hände des Vielgestaltigen Blenders bezeichnet.) Den Drachenbeinthron, ein aus dem Skelett der Drachin Samatuhl gefertigter Thron, mit dem Al’Hrastor zusätzliche Astralkraft auf sich umlenken konnte. Der Schädel mit dem Karfunkel konnte ihm zudem als eine Art Helm dienen, mit dessen Hilfe er diverse Hellsicht-Zauber wirken konnte.

Auch der Stein der tiefsten Nacht war wieder aktiv und strotzte nur so von Kraft. Al’Hrastor war bereit, sich den Aufständischen entgegenzustellen. Doch der Paktschluss hatte Zeit in Anspruch genommen. Zeit, die die Aufständischen genutzt hatten, um die Zelothim zu töten oder zu vertreiben. Die Kämpfe waren abgeflaut, vor Stunden. Yal-Mordai, Yal-Amir, Yal-Kharibet und Teruldan hatten ihren Austritt aus dem Sankitarischen Städtebund erklärt, der damit nicht mehr existierte. Und es gab niemand mehr in den vier Städten, der an Al’Hrastors Seite gegen die Rebellen hätte kämpfen können oder wollen.

Nur wenige Tage später wurde Arkamin zum Herrscher Shahanas gekrönt. Er sollte als Sultan Arkamin I. in die Geschichte des Rieslands eingehen.

 

Sultan Arkamin IV. von Shahana, Herr von Rahyastan, genannt “Der Edelmütige”

 

 

Aber im fernen Rahyastan erhob sich ein Volk in wahrhafter Frömmigkeit, welches alle Vortrefflichkeiten, welche die Zwölf dem Menschengeschlecht angedeihen ließen, in sich vereinte. Unter den Zinnen Shahanas, welche gülden im Lichte der aufgehenden Sonne erstrahlen, herrschen Gerechtigkeit und Gottesfurcht. Und wahrhaftig – die Götter sind gnädig mit jenen, die ihnen von Herzen dienen. Es gibt wohl kein lieblicheres und vortrefflicheres Land als Rahyastan, wo niemand Hunger leidet und noch das Dach des kleinsten Hauses mit feinstem Golde und köstlichsten Juwelen gedeckt ist. Von dort, wo im Schatten ehrwürdiger, heiligster Tempel Philosophenkönige im Sinne aller zwölf Götter ein Regime führen, wie es kein Zweites gibt auf Deres Angesicht, werden dereinst die Mächte des Lichts in unser geschundenes Land kommen. Sie werden kommen, um all jene in die Schranken zu weisen, welche die Herrschergewalt, die die ihnen Zwölf gaben, missbrauchen. Ebenso werden sie jene züchtigen, die Götzen anbeten, anstatt wahren Dienst an den Zwölfen und ihren Gläubigen zu leisten …”

— Kampfschrift eines unbekannten Verfassers. “Vom Reiche des Lichtes. Ein getreulicher Bericht über das fürtreffliche Land Rahyastan, welches allen Gläubigen ein wohlfeiles Beispiel für Mut und Frömmigkeit sei“. Ihr Urheber ist mutmaßlich ein Anhänger des eher unbedeutenden Kults der Zwölfgötter, welcher von Sultan Arkamin IV. den Auftrag erhielt, eine werbewirksame Propagandaschrift zugunsten der gemeinsamen Heimat zu erstellen.

 

Arkamin IV., Sultan von Shahana und Herr über Rahyastan, ist der Urenkel des ersten Sultans von Shahana, das sich 990 BF zusammen mit anderen Sankitarischen Metropolen von der Vorherrschaft Al’Hrastors und seiner Stadt Yal-Mordai befreit hatte. Zugleich ist er der Sultan Shahanas, der sich mit weitem Abstand am längsten an der Macht halten konnte. Seinen Vorgängern war oft nur eine kurze Regierungszeit vergönnt, was auf Machtkämpfe, Attentate seitens der Anhänger Al’Hrastors und tödliche Krankheiten zurückgeht.

1003 BF geboren, kam Arkamin IV. 1019 BF als Sechzehnjähriger an die Macht, nachdem sein Vater Muwat II., der Bruder des 1014 BF ermordeten Arkamin III., nach nur zweijähriger Herrschaft einer seltenen Krankheit erlag. Als drittgeborener Sohn des damaligen Prinzen und späteren Sultans Muwat hätte Arkamin, der damals noch Shedalkim genannt wurde, eigentlich eine Zukunft als Amazthpriester bevorgestanden. Doch obwohl er ansonsten exzellente geistige Voraussetzungen für das Amt des Hohepriesters mitbrachte, erwies sich der junge Prinz als zu schüchtern für diese Laufbahn, etwas, das bis heute an seinem Selbstwertgefühl nagt. Mit dem Makel des Versagens behaftet, wurde Shedalkim in die Regierungsgeschäfte seines Vaters mit einbezogen, nachdem sein ältester Bruder durch ein Fieber dahingerafft worden war. Nach dem Tod Muwats II. kam es zu zahlreichen Aufständen, und nachdem Shedalkims verbleibender älterer Bruder trotz ständig wechselnder Bündnisse letztlich keinen Rückhalt mehr im Adel finden konnte, schwang sich Shedalkim zum Kriegsherren auf, um seinen eigenen Bruder vom Sultansthron zu stoßen.

Bezeichnenderweise ließ Arkamin IV., wie sich Shedalkim von nun an nannte, sämtliche Verräter des Bruderkrieges hinrichten, auch jene, die ihm in die Hände gespielt hatten.

Arkamin, stets von dem Gefühl getrieben, den Erwartungen seines Vaters und seiner restlichen Familie nicht entsprechen zu können, ist seit jeher von Ehrgeiz zerfressen und versucht sich um jeden Preis zu beweisen. Entsprechend kann er überhaupt nicht mit Kritik umgehen, weshalb jedes ihm gegenüber unbedacht geäußerte Wort zu einer tödlichen Gefahr für seinen Urheber werden kann. Arkamin sieht nicht ein und er verzeiht nicht, er straft, hart und unerbittlich. Er weiß um diese Charaktereigenschaften und versucht sie mit feinsinnigem Humor und generöser Gastfreundschaft Fremden gegenüber zu übertünchen. Auf den ersten Blick meint man einen um das Volk bemühten Herrscher vor sich zu haben. Arkamin ist wenig auf das Hofzeremoniell bedacht und neigt dazu, das Wort eines Gemeinen dem eines Adligen gleichzustellen.

Insgesamt sind es keine bösen Absichten, die ihn leiten, auch wenn sein Engagement gegen die Armut und für die Wohlfahrt meist nur dazu dient, seinen eigenen Ruf aufzupolieren. Viele seiner symbolhaften Gesten, wie etwa das Speisen von Kriegsgefangenen unter den Augen der Öffentlichkeit, wirken übertrieben und gestellt.

Unbestreitbar verbirgt sich hinter der edelmütigen und aufgeklärten Maske ein kompromissloser Machtmensch, der seine Ansprüche durchzusetzen weiß, wenn es sein muss mit eiserner Faust. Der Sultan hat große Ambitionen, wie er durch seine rigorose Unterwerfung des Dreistromlandes, die kurz nach seiner Inthronisation begann, hinlänglich bewiesen hat. Dabei wurde auch die Stadt Yal-Amir erobert und der shahanischen Herrschaft hinzugefügt. Arkamin änderte den Namen der Stadt in Arkimstolz und hat sich damit frühzeitig ein Denkmal gesetzt. Um seine Ansprüche auf das Dreistromland zu bekräftigen, nahm er den Titel “Herr von Rahyastan” an. Dies ist, da er auch den Titel “Herr des Dreistromlandes” hätte wählen können, recht bemerkenswert, bezeichnet das ursprüngliche Rahyastan doch ein deutlich größeres Gebiet, das unter anderem den Großteil der heutigen Besitzungen der Sanskitarenstädter umfasst. In dem Titel schwingt also sehr wohl der Anspruch mit, alle Sanskitaren zu beherrschen, auch jene, die aktuell unter der Knute Al’Hrastors stehen.

Arkamins Vorhaben scheitern seit zwei Jahrzehnten an der herben Konkurrenz durch Al’Hrastors Yal-Mordai. Beide Stadtstaaten rüsten ständig auf und binden einander an der Grenze zwischen Dreistromland und Grüner Sichel. Jeder der beiden Sultane wartet auf eine Schwäche des anderen, um das Nachbarland zu erobern und zu beweisen, dass er der wahre Herr aller Sanskitaren ist. Ebenso wie Al’Hrastor es seit jeher tut, neigt auch Arkamin IV. dazu, gelegentlich den Titel eines Diamantenen Sultans für sich zu beanspruchen.

Al’Hrastor scheut die offene Auseinandersetzung aufgrund der anderen Konflikte, in die sein Reich verwickelt ist. Arkamin befürchtet insgeheim, die volle Stärke seiner Truppen zum Einsatz zu bringen, besteht doch die Gefahr, dass der Adel gegen ihn revoltiert, wenn seine Elitekrieger sich in der Schlacht befinden.

Die Existenz von Amhalashal respektive die Tatsache, dass die Amhasim es kontrollieren, ist Sultan Arkamin von Shahana seit langem ein Dorn im Auge. Die Sklavenjäger der Stadt fallen des Öfteren in abgelegene Dörfer des Dreistromlandes ein und schaden dadurch der shahanischen Wirtschaft nachhaltig. Schon mehrfach ist es zu Scharmützeln zwischen amhasischen und shahanischen Schiffen gekommen. Niemand zweifelt daran, dass sich die Angelegenheit mittelfristig zu einem größeren Seekrieg ausweiten wird. Berichten amhasischer Spione zufolge soll die Kshatria, die gefürchtete Stadtgarde Shahanas, Sultan Arkamin bereits konkrete Eroberungpläne vorgelegt haben.

Das Wettrüsten gegen Yal-Mordai und Amhalashal und die Wohlfahrtsmaßnahmen einerseits, der Wegfall der Parnhai-Tribute andererseits führen beim Herrscher zu ständiger Geldknappheit. Zudem ist er sich zumindest ein Stückweit bewusst, dass die Angst, die seine Kshatria schürt, den Lebensnerv des Reiches abschnürt und die Aktivitäten der Bevölkerung hemmt. Der Sultan hat in Zusammenarbeit mit seinen Beratern deshalb den Plan ersonnen, die Situation zu Geld zu machen. Er hat sich entschlossen, eine knappe Ressource in seinem Reich zu lizenzieren: Freiheit. Da im Sultanat ein recht striktes Recht vorherrscht und vieles verboten ist, verkauft er Privilegien gegen bare Münze. Inzwischen haben sich verschiedenste Interessengruppen teure Vorrechte erkauft, darunter Handelsprivilegien oder die Erlaubnis, Verbrechen innerhalb der eigenen Gruppe selbst zu ahnden. Bestimmte wichtige Entscheidungen, etwa welcher Kult das Recht erhält, an einer bestimmten Stelle einen Tempel zu errichten, werden sogar zwischen verschiedenen Anwärtern versteigert. Damit dieses System nicht zu viele Verlierer hervorbringt, ernennt Arkamin immer wieder übergangene Konkurrenten der eigentlichen Privilegienträger zu sogenannten Konsultanten. Diese erstatten gegen ein Salär über die Tätigkeit der Gewinner Bericht, was den Staat gegen Schlendrian und Misswirtschaft schützt. Die Konsultanten bewegen sich auf einem schmalen Grad: Sie wollen die Arbeit der Konkurrenten natürlich in einem schlechten Licht dastehen lassen, um am Ende selber die Vorrechte übertragen zu bekommen. Sie dürfen aber auch nicht zu dreist lügen, um das Vertrauen von Arkamin nicht zu verlieren. Im Mittel werden sie also streng, aber einigermaßen fair berichten. Der Sultan könnte diese erkauften Privilegien jederzeit entziehen und stattdessen alles nach reiner Willkür entscheiden. Er weiß jedoch, dass er damit das Vertrauen in seiner Herrschaft untergraben und das Sultanat in den Staatsbankrott treiben würde.

Sultan Arkamin besinnt sich zudem auf die Dynastien, die vor Jahrhunderten das Handelsrecht von den Diamantenen Sultanen zu Kunkom erhalten hatten, und versucht jene, die noch existieren, dazu zu bewegen, diese Privilieien gegen horrende Gebühren zu erneuern, wohlwissend, dass keine von ihnen mehr über die Fähigkeit zur Hochseefahrt zwischen den Kontinenten verfügt.

Die allgegenwärtige Korruption im Land, welche die Staatseinnahmen nicht unerheblich schmälert, ist ihm ein schmerzhafter Dorn im Auge. Arkamin ist besessen davon, der Korruption und dem Chaos innerhalb der sanskitarischen Gesellschaft ein Ende zu setzen und die zusätzlichen Einnahmen seinen Plänen zur Errichtung eines neuen, glorreichen Großreichs zuzuführen. Im Zuge der Machtkämpfe, aber auch der Korruptionsbekämpfung hat Arkamin inzwischen einen Großteil des alten Adels hinrichten lassen, und auch den angeblich so geliebten Bauern gegenüber ist er nicht zimperlich. Die Kshatria erstickt jeglichen Widerstand bereits im Keim mit unvorstellbarer Grausamkeit. Der Sultan hat dabei wenig Skrupel, gepflegt mit einem Gegner zu philosophieren, während zeitgleich seine Schergen dessen Familie abschlachten.

Arkamin besitzt zwar wie viele rakshazarische Potentaten einen beachtlichen Harem, in dem sich neben Sankitarenfrauen auch Orkinnen, Brokthar und Steinechsinnen aufhalten, doch hat er offiziell bisher nur ein Kind gezeugt, die mittlerweile einundzwanzigjährige Sea saba Arkamin. Die junge Dame scheint nichts von den tyrannischen Wesenszügen ihres Vaters geerbt zu haben, vielmehr ist sie eine lebenslustige, humorvolle, einfühlsame, schöne junge Frau, die sich selbst als treue Dienerin der Göttin Ipkara, einer uralten Liebes- und Lebensgöttin der Reiternomanden, sieht. Davon, und von ihren nächtlichen Ausflügen, darf jedoch ihr Vater jedoch nichts wissen …[8]

Dass Arkamin einen erstgeborenen Sohn namens Hashim hat, ist ein Geheimnis, von dem nicht einmal er selber weiß.

 

Werte des Sultans in DSA5

MU 13 KL 15 IN 16 CH 17 FF 10 GE 9 KO 11 KK 10 LeP 38 AsP KaP 0 INI 10+1W6
SK 3* ZK 0* AW 5 GS 8
Waffenlos: AT 12 PA 8 TP 1W6 RW kurz Basiliskenzunge: AT 12 PA 5 TP 1W6+2 RW kurz RS/BE 0/0
Sonderfertigkeiten: Aufmerksamkeit
Vorteile/Nachteile: Hohe Seelenkraft / Schlechte Eigenschaft (Goldgier, Neid)
Talente: Bekehren & Überzeugen 17, Einschüchtern 8 , Götter& Kulte 13, Körperbeherrschung 4, Kraftakt 3,
Menschenkenntnis 15, Selbstbeherrschung 12, Sinnesschärfe 11, Überreden 16, Verbergen 13, Willenskraft 13
Kriegskunst 12
Kampfverhalten: Der Sultan wird sich beim ersten Anzeichen von Ärger zurückziehen, in die Ecke gedrängt aber sich entschieden zur Wehr setzen
Flucht: Noch vor dem Esten Schlag gegen ihn wird er sich zurückziehen und dabei auch Passierschläge in Kauf nehmen. Nach Schmerz II wird er auf jeden Fall fliehen, sich verbinden und mit neuen Truppen zurückschlagen Schmerz +1 bei: 21 LeP, 14 LeP, 7 LeP, 5 oder weniger LeP

 

Werte des Sultans in DSA1

Mu: 13 KL: 15 CH: 17 GE: 9 KK: 10 Stufe:8 LE: 38 AT:14 PA:12 TP 1W+3 Sichelschwert RS 0 (Kleidung)

 

Die Befreiung der Parnhai des Dreistromlandes

 

 

Die Befreiung der Parnhai des Dreistromlandes von 1029 BF durch Sultan Arkamin IV. von Shahana, durch welche sie zu freien Bauern erhoben wurden, erfolgte nicht ohne Hintergedanken. Nominell haben die Grünhaarigen keinen Sklavenstatus mehr, Arkamin muss also keine Aufseher mehr bezahlen und keine Befreiungskämpfe fürchten. Dennoch sind die Parnhai den Shahana in hohem Maße tributpflichtig, insbesondere soweit es Ernteabgaben angeht. Diese Tribute übersteigen oft sogar das Ausmaß dessen, was die Parnhai ihren Herren als Sklaven schuldig waren. Auch verhalten sich die Soldaten, welche die Steuereintreiber begleiten und beschützen, nicht wesentlich besser als die Aufseher, die zuvor die Peitschen schwangen.

Nichtsdestotrotz ist Arkamin IV. nicht in der Lage, sein ehemaliges Dienervolk vollständig unter Kontrolle zu halten. Die Dörfer in unmittelbarer Nähe der Stadt sind überwiegend sanskitarisch geprägt. Die mehrheitlich aus weiß getünchten Lehmhäusern bestehenden Ansiedlungen sind durch die Truppen des Sultans gut zu erreichen und folglich vor Angriffen von außen hervorragend geschützt. Allerdings kommt dem Sultan auch so gut wie alles zu Ohren, was hier geschieht, was erheblichen Anpassungsdruck auf die Dörfler ausübt. Die Dörfer der Parnhai liegen weiter abseits, fern von Augen und Ohren der Obrigkeit. Hilfe gegen äußere Gefahren trifft erst sehr spät ein, wenn überhaupt, sodass sich die Parnhai selbst um die Verteidigung kümmern müssen. So finden sich immer mehr Dörfer, die nicht nur nominell, sondern auch faktisch “frei” sind, mit allen Konsequenzen, die dies mit sich bringt.

In den Dörfern der Reichsmitte leben Sanskitaren und Parnhai unter recht ähnlichen Verhältnissen, und nicht selten teilen sei sich denselben Siedlungsraum. Doch kommt es immer wieder zu Spannungen zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen.

Als die Parnhai noch Sklaven waren, befand sich das Land in der Hand weniger Großgrundbesitzer, die nun mit erheblich weniger Besitz dastehen. Ihnen fehlt es an Land und an Arbeitskräften, die es bewirtschaften. Freie Arbeiter müssen bezahlt werden und sind sowohl schwerer zu bekommen als auch teurer im Unterhalt. Unter den einstigen sanskitarischen Herren hat sich eine finstere Geheimbruderschaft formiert, die “Loge des reinen Blutes”, welche blutige Übergriffe gegen Parnhai verübt.

Abseits des Deltas der großen Flüsse in den Hochebenen im zentralen Dreistromland zeigt sich ein anderes Bild. Hier ist der Boden trockener und weniger Fruchtbar. In den heißen Sommermonaten kommt es in den Waldgebieten oft zu Bränden. Die Besiedlung ist weitaus dünner als im Flachland. Dennoch stößt man auf Bauerndörfer, deren Einwohner auf den Hügeln des Hochlandes Wein und Oliven anbauen oder Schafe und Esel züchten.

Sanskitaren sind hier eher selten zu finden, die meisten Bewohner sind Parnhai, aber es finden sich seltener auch Irrogoliten. Kaum ein Dorf hat keine Palisadenbefestigung, da regelmäßig Ungeheuer oder räuberische Barbaren auf der Suche nach Beute ins Dreistromland einfallen. Auch die Steuereintreiber leben gefährlich. Mehr als einer ist während seiner Rundreise über die Hochebenen spurlos verschwunden, und es ist durchaus nicht sicher, ob sich dafür ein Räuber oder Barbar verantwortlich zeigt. Auch wenn die Region politisch zu Shahana gehört, muss Arkamin seinen Arm enorm weit ausstrecken, damit er bis in die Hochebenen reicht. Das lässt sich oft nur unter Schmerz bewerkstelligen, sodass der Sultan zuweilen davon Abstand nimmt.

Die spärliche Präsenz an Staatsgewalt macht die Hochebenen zum idealen Zufluchtsort für allerhand Gesetzlose. Bevorzugt in den Wäldern, wo kaum eine Chance besteht, sie zu finden, bildeten sie kleine, verschworene Gemeinschaften. Mehrheitlich handelt es sich um übelsten Abschaum, aber es finden sich auch Flüchtige, die keine Kriminellen sind. Darunter befinden sich jene, die dank Arkamins brutalem Unrechtssystem fälschlich verurteilt worden sind und sich gen Norden abgesetzt haben.

Überall im Dreistromland kursieren Geschichten über Banden heldenhafter Gesetzloser, die von den Reichen stehlen, den Armen geben und dort für Gerechtigkeit sorgen, wo Arkamins Magistrate und die gefürchtete Stadtgrade der Kshatria Elend und Verzweiflung über die Menschen gebracht haben. Die meisten von ihnen sind blanke Phantasie, zumal nur wenigen Riesländern Altruismus in die Wiege gelegt worden zu sein scheint. Völlig von der Hand zu weisen sind sie aber offenbar nicht, sonst hätte Arkamin das Verbreiten solcher Erzählungen nicht als “Volksverhetzung” gebrandmarkt, die unter schwere Strafe gestellt wird. In Shahana traut sich niemand mehr, derartige Gerüchte in die Welt zu setzen, aber in den abgelegenen Dörfern sind die Räubergeschichten sehr beliebt und machen eifrig die Runde. Arkamins Truppen machen sich einen Spaß daraus, die Geschichte strunzdummer Gesetzloser zu erzählen, wie jener von Oberin Ausdemwald, der von den Reichen stiehlt und den Armen gibt, was dazu führt, dass er gestohlene Beute sogleich an ihren Eigentümer zurückgibt, weil der durch den Diebstahl arm geworden ist, während Oberin selbst nun Reichtum besitzt.

Je weiter man sich in Richtung des Yal-Hamat-Gebirges bewegt, desto wilder wird das Land und umso mehr Feuchtigkeit liegt in der Luft. Im Gebirge entspringen die Flüsse des Dreistromlandes einem feuchtwarmen Hochmoor, in dem ein regelrechter Urwald aus Mangroven und Schachtelalm wuchert. Hier beginnt der Einfluss der Bewohner des Dreistromlandes zu verblassen. Die Region wird von Angurianern, Irrogoliten, Brokthar und Thufirs Anhängern dominiert.

 

Die Scimitar al Shahana

Im Jahre 1040 wurde das Schiff “Scimitar al Shahana” erstmals zu Wasser gelassen. Die Scimitar ist Teil der Strategie des Sultans Arkamin IV. von Shahana im Krieg gegen die übermächtig erscheinende, dank dem Handel mit Erzen und Slaven reiche Stadt Amhalashal. Hauptaufgabe der Scimitar ist die Jagd auf Sklavenjäger und Piraten, welche die Küsten und Flüsse seines Reiches heimsuchen und die hart arbeitenden und vor allem Steuern zahlenden Bauern entführen. Kapitän der Scimitar ist der Brokthar Razzar, ehemaliger Kommandant der Kshatryia und Henker zahlreicher Feinde des Reiches. Der glühende Verehrer des Gottes Korthros träumt davon, eines Tages als „Kapitän aller Kapitäne“ das ihm verhasste Amhalashal dem Erdboden gleichzumachen.

(Die Kshatryia ist die Leibwache Sultans Arkamin IV. Sie war maßgeblich an den Hinrichtungen shahanaischer Adliger während der Machtergreifung des Sultans beteiligt.)

 

Die sanskitarische Kriegsgaleere

Die sanskitarische Kriegsgaleere hat sich aus den klassischen Küstenruderschiffen Rakshazars entwickelt. Wie alle Galeeren weist sie nur wenig Tiefgang und klassischerweise eine, bei größeren Exemplaren auch einmal zwei Ruderreihen auf. Diese sind nicht direkt übereinander, sondern versetzt angeordnet. Der Schiffskampf ist bei diesem Schiffstyp auf Ramm- und Entermanöver beschränkt. Deshalb sorgen die sanskitarischen Schiffsbauer dafür, dass das eigene Deck höher ist als das des Gegners. Wurde die Kampfplattform zu Beginn der sanskitarischen Seefahrt noch ausschließlich am Bug der Galeere und auf einer Ebene mit den Ruderern angebracht, so hat man sie im Laufe der Zeit immer weiter angehoben, bis sie sich schließlich über die gesamte Schiffslänge erstreckte. Nun stellte sich schnell heraus, dass die immer höher werdenden Schiffe aufgrund des größeren Gewichts, der damit verbundenen Kopflastigkeit und des geringen Tiefgangs dazu neigten, schon bei geringem Seitenwind und schwachem Seegang zu kentern. Da man aber nicht auf die taktischen Vorteile der höheren Kampfplattform verzichten wollte, wurden kurzerhand lange Bastrollen an Backbord und Steuerbord angebracht, die dem Schiff Stabilität verleihen sollen und für Auftrieb sorgen. zumindest solange sie noch völlig vollgesogen sind. Diese Rollen müssen regelmäßig erneuert werden.

Über dem Unterdeck, in dem die Rudersklaven untergebracht sind, erhebt sich in einer Höhe von vier bis fünf Metern das Oberdeck, die Kampfplattform. Diese ist von einer Reling umgeben, über welche entweder Bastmatten oder Schilde gehängt werden, um den Soldaten zumindest einen gewissen Schutz gegen Pfeilbeschuss zu geben. Getragen wird das Ganze von vertikalen Stützpfeilern. Am Heck wie auch am Bug ist die Plattform fest mit dem Unterschiff verbunden. Der Bug ist der einzige vollverkleidete Bereich des Schiffes und mündet in einen kräftigen Rammsporn, der sich auf der Wasserlinie befindet. Üblicherweise besteht dieser Rammsporn aus Hartholz und wird mit Bronzeringen verstärkt. Nur bei Flagg- oder Prunkschiffen verkleidet man den Rammsporn komplett mit Bronzeplatten. Am hinteren Ende der Plattform befinden sich das Kommandozelt des Kapitäns und die beiden Seitenruder, mit denen das Schiff gesteuert wird. Ein Behelfsmast samt rahgetakeltem Segel wird nur auf längeren Fahrten zur Unterstützung der Rudersklaven mitgenommen. Üblicherweise meiden die Kapitäne der Schiffe das offene Meer und bleiben in Küstennähe. Da das Holz in der Regel nicht versiegelt ist, beginnt es nach einiger Zeit damit, Wasser zu ziehen. Bei mehrtägigen Fahrten kann das Gewicht dadurch derart stark ansteigen, dass an eine Weiterfahrt nicht zu denken ist. Daher werden die Schiffe, wenn es möglich ist, jeden Abend von den Rudersklaven auf einen passenden Strand gezogen, wo dann auch die Besatzung nächtigen kann.

Trotz aller Schwierigkeiten, die diese Konstruktion mit sich bringt, ist die sanskitarische Galeere ein effektives und vor allen preiswertes Kriegsschiff. Sie ist schnell, verfügt über einen kräftigen Rammsporn und liefert durch ihre hohe Kampfplattform eine ideale Ausgangsposition für den Enterkampf. Als Vorbereitung für einen Angriff wird der Feind mittels Bögen und Gastrapheten mit einem Pfeilhagel eingedeckt. Weitere Bordwaffen sind eher unüblich.

 

 

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